Conrad Schormann
Conrad Schormann, gelernter Tageszeitungsredakteur, betreibt in Überlingen am Bodensee ein Büro für Redaktion und Kommunikation. Beruflich hilft er Unternehmen, Verbänden oder Parteien bei der Außendarstellung. Ambitioniertes Schach hat er mangels Talent und Trainingseifer aufgegeben und auf Schach-Fan umgesattelt. Manchmal guckt er nicht nur zu, sondern schreibt auch noch darüber, in erster Linie auf seinem Blog, außerdem für die Schachbundesliga.
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Die Zweitliga-Mannschaft des Aachener SV hatte weder geplant noch erwartet, in die Schachbundesliga aufzusteigen. Als Mitte 2019 tatsächlich der Sprung ins Oberhaus gelang, war für die reine Amateurmannschaft klar, dass sie dieses Abenteuer unbedingt angehen und genießen will. Jetzt bekommen die Aachener sogar noch ein Sahnehäubchen serviert: Beim Meisterschaftsturnier ab Mittwoch wird die Vertretung aus dem Dreiländereck sich einmal mehr den Vergleichen mit fast übermächtiger Konkurrenz stellen. Die härtesten Brocken erwarten am Spitzenbrett Christian Seel. "Gegen Mamedyarov würde ich sehr gerne spielen", sagt die Aachener Nummer eins im Gespräch mit Conrad Schormann. "Und ich hoffe, dass Fabiano Caruana dabei ist."
Es wird ein Stelldichein der Großmeister, so viel ist sicher. Und doch ist vor dem Meisterschaftsturnier der Schachbundesligisten Rätselraten ausgebrochen: Wer spielt? Werden wir WM-Kandidaten sehen? MVL? Fabiano Caruana?
Lange hatten sie in Bremen dem Duell gegen den Serienmeister entgegengefiebert, sich gegenseitig ihrer Defensivkunst versichert. Dann kam tatsächlich die Chance, der OSG Baden-Baden die weiße Weste zu beschmutzen - und Bremen nutzte sie nicht. Nach dem achten Spieltag marschieren nun Baden-Baden und Hockenheim im Gleichritt vorneweg. Hinten ist Dresden mit drei Punkten am ärgsten in Abstiegsnot, hat aber noch alle Chancen, sich zu retten.
An der Spitze nimmt die Bundesligatabelle langsam Kontur an. Offen ist nur die Frage, ob die Saison auf einen Zweikampf zwischen Baden-Baden und Hockenheim hinausläuft, oder ob die Baden-Badener Dependance aus Deizisau sich anschickt, ihrem großen Bruder den Titel streitig zu machen. Am anderen Ende ist vor allem klar, dass vieles unklar ist. Okay, Lingen ist raus, für die Aachener wird die Bundesliga das erwartete einjährige Abenteuer sein, aber ansonsten? Vier Mannschaften müssen absteigen, und die Riege derer, die sich noch längst nicht sicher fühlen dürfen, reicht bis ins Mittelfeld der Liga.
Der siebte Spieltag:
Zum zweiten Mal an diesem Wochenende schickte Hockenheim vier 2700er an die Bretter, und zum zweiten Mal bescherte ihnen das einen Sieg. Einen knappen, hart erkämpften allerdings am Sonntag gegen Solingen. Verlustpunktfrei bleibt Hockenheim den ebenfalls doppelt siegreichen Baden-Badenern auf den Fersen. Am sechsten Spieltag durfte sich auch der eine oder andere Akteur eines Verlierers über einen besonderen Sieg freuen. Der eine schlug einen ehemaligen WM-Kandidaten, der andere die beste Frau der Welt.
Baden-Baden bleibt verlustpunktfrei vorne, dahinter Hamburg und Hockenheim in Lauerstellung. Aachen wartet weiter auf den ersten Sieg, Bayern München gelingt eine Überraschung. Der fünfte Spieltag der Schachbundesliga:
Das Wochenende vor seinem 50. Geburtstag war eine schöne Gelegenheit für Visvanathan Anand, sich daheim im Kreis der Familie zurückzulehnen, noch einmal die Gästeliste und die Menüfolge für die anstehenden Feier durchzuschauen, vielleicht an seiner Ansprache zu feilen. Es wird ja nicht nur ein Geburtstag gefeiert, sondern eine Karriere, wie es sie im Schach kaum einmal gegeben hat. Anstatt sich zurückzulehnen, hat sich Anand dafür entschieden, auch am Wochenende weiter an der Karriere zu basteln. An beiden Tagen saß Vishy für seine Baden-Badener am Brett und trug 1,5 Punkte dazu bei, dass der Serienmeister schon nach vier Spieltagen alleine verlustpunktfrei an der Tabellenspitze steht.
Womöglich wird sich Meisterschaftsfavorit Baden-Baden nach dem heutigen Sieg über Solingen seinen engsten Verfolger Runde für Runde aus nächster Nähe anschauen können. Reisepartner Deizisau steht nach einem Kantersieg über Mülheim Nord nun ebenfalls bei 6:0 Punkten. Nur der SV Werder Bremen kann mit diesen beiden mithalten, musste aber für sein 4,5:3,5 über Speyer-Schwegenheim hart arbeiten. Aufsteiger SV Lingen hat derweil eine weitere Duftmarke gesetzt: Sieg über die starken Hockenheimer, einer, den wir gerne mit drei Diagrammen garnieren.
Die Klingen mit der Weltklasse kreuzen, eine solche Gelegenheit bietet sich Normalsterblichen nicht häufig. Das Emanuel-Lasker-Blitzturnier am 2. Mai in Berlin repräsentiert eine solche Gelegenheit. Wer einen der 400 Startplätze ergattert, der mag zum Abschluss der Bundesliga-Endrunde in Berlin einen Gegner aus der 2700-Elo-Riege serviert bekommen. Wir raten: anmelden, und das möglichst bald.