Conrad Schormann
Conrad Schormann, gelernter Tageszeitungsredakteur, betreibt in Überlingen am Bodensee ein Büro für Redaktion und Kommunikation. Beruflich hilft er Unternehmen, Verbänden oder Parteien bei der Außendarstellung. Ambitioniertes Schach hat er mangels Talent und Trainingseifer aufgegeben und auf Schach-Fan umgesattelt. Manchmal guckt er nicht nur zu, sondern schreibt auch noch darüber, in erster Linie auf seinem Blog, außerdem für die Schachbundesliga.
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Fünf mit weißer Weste, fünf mit null Punkten. Nach zwei Spieltagen Bundesliga ist es zu früh, von Vorentscheidungen zu sprechen, aber einige Tendenzen zeichnen sich deutlich ab. Die Hockenheimer, angeführt von Nikita Vitiugov (Foto oben vom World Cup) meinen es ernst. Nach einem Sieg über die starken Viernheimer sind die Hockenheimer vorerst diejenigen, auf die die Baden-Badener auf dem Weg zur Titelverteidigung besonders achten müssen. Solingen ohne Giri hat den Saisonstart verpatzt, Bremen ist auf der Erfolgsspur. Und für Aachen, das ist keine Überraschung, entpuppt sich die stärkste Liga der Welt als ganz hartes Brot.
Vier Spielorte, acht Matches, 64 Partien. Endlich hat die Bundesliga begonnen, in der Serie 2019/20 so spät wie selten. In einzelnen Partien gab es durchaus die eine oder andere Überraschung, in den Matches eher nicht. Eines dieser Matches könnte schon entscheidend für die Europacup-Qualifikation sein. Aber wer weiß, noch sind 14 Runden zu spielen.
An der dritten Großmeisternorm ist Supertalent Vincent Keymer von den SF Deizisau gleich mehrfach denkbar knapp vorbeigeschrammt. Unter anderem in der vergangenen Bundesligasaison. Hätte er die Serie mit einer Leistung von 2600 abgeschlossen, wäre er Großmeister geworden. Nach dem letzten Spieltag stand eine 2599 zu Buche.
(Titelfoto: John Saunders / Isle of Man Chess)
Der Hamburger SK war stets seine schachliche Heimat. Da passt es, dass Luis Engel (16) nun im Vereinshaus der Hamburger beim Christoph-Engelbert-Gedenkturnier seine finale Großmeisternorm erspielt hat. Engel hat jetzt beide Voraussetzungen für die Verleihung des ersehnten GM-Titels erfüllt: drei GM-Normen und ein Elo über 2500. Die „offizielle“ Verleihung seitens der FIDE ist nur noch eine Formalie.
Als das Feld der 128 Spieler auf 8 heruntergespielt war, stellte sich im Viertelfinale die Frage, ob die Schachbundesliga mit einem oder zwei Akteuren im Halbfinale vertreten sein würde. Während beim Match der Baden-Badener Mannschaftskameraden Maxime Vachier-Lagrave und Vorjahressieger Levon Aronian einer sicher weiterkommen würde (MVL), hatte Hockenheims Nikita Vitiugov mit dem Chinesen Yu Yangyi einen weiteren schweren Brocken aus dem Weg zu räumen.
Jedes Match zumindest eine Geschichte, manches ein Drama. Den World Cup in seiner Gänze abzubilden, ist unmöglich. Zu viele Spieler, Partien, Geschichten. Sogar den World Cup aus Bundesligaperspektive komplett abzubilden, würde den Rahmen dieses Beitrags bei weitem sprengen. Darum: Schlaglichter.
Sie war "nur" die Nachrückerin und als nominelle Nummer elf im Feld der zwölf Weltklassespielerinnen alles andere als eine Favoritin. Aber Elisabeth Pähtz vom Bundesligisten USV TU Dresden hat beim Grand Prix in Skolkovo gezeigt, dass sie in der Weltklasse mitspielen kann. Am Ende stand nur eine Niederlage (gegen Turniersiegerin Humpy Koneru) und ein mehr als solides plus-eins-Ergebnis. Das bedeutete einen geteilten fünften Platz, plus elf Elo-Punkte und obendrein ein schönes vierstelliges Preisgeld.
Ein wenig im Schatten des World Cups und des Frauen-Grand-Prix beginnt an diesem Wochenende die Frauen-Bundesliga. Aber schon zur zweiten Doppelrunde Mitte Dezember wird die Liga aus dem Schatten anderer Großveranstaltungen heraustreten. Wie in der Schachbundesliga werden in der Frauenliga die Baden-Badenerinnen unter besonderer Beobachtung stehen. Mit ihrem vierten Rang in der Saison 18/19 waren sie so gar nicht zufrieden. Um jetzt nach dem Titel greifen zu können, haben sie sich namhaft verstärkt, unter anderem mit der deutschen Nummer ein Elisabeth Pähtz, die allerdings während der ersten Runde anderweitig beschäftigt ist - mit dem Grand Prix in Russland, wo sie im Konzert der Weltklasse um Tickets fürs Kandidatenturnier kämpft.
Thomas Marschner hat einen ausführlichen Bericht zur Lage in der Frauen-Bundesliga geschrieben, den wir an dieser Stelle gerne veröffentlichen:
Anderswo verjüngen sie gezielt, in Düsseldorf setzen sie auf Erfahrung. Allein die Meistertitel, die die Düsseldorfer Legenden im Lauf der Jahre gesammelt haben, wirken einschüchternd. Wer hat schon einen vierfachen Weltmeister an Brett sechs? Oder die ehemalige Nummer zwei der Welt und den Ex-Vizeweltmeister in seiner Mannschaft? Oder den wahrscheinlich stärksten Spieler, der nie WM-Kandidat war? Oder Brett eins und zwei vom "Rest der Welt", als dieser 1984 einen legendären Wettkampf gegen die UdSSR spielte? Oder, oder, oder. Die Düsseldorfer, wir müssen das so deutlich sagen, werden nicht die Deutsche Meisterschaft gewinnen. Was damit zusammenhängt, dass sie in der Zweiten Bundesliga spielen ;-) Aber wer derartige Haudegen an die Bretter bringt, der kann jedem gefährlich werden und womöglich in die Eliteklasse zurückkehren. Dankenswerterweise haben die Düsseldorfer jedem ihrer Spieler auf ihrer Facebookseite ein kleines Porträt gewidmet, so dass wir die ersten Zehn dieser Mannschaft heute im Detail vorstellen können.