Jetzt hat es geklappt. Beim Grand Swiss auf der Isle of Man hat Vincent Keymer am Samstag die dritte Norm eingespielt. Gut drei Wochen vor seinem 15. Geburtstag brauchte Keymer einen halben Punkt aus seiner Partie in der neunten Runde gegen den russischen Großmeister Vadim Zvjaginsev. Diesen halben Punkt sicherte er sich letztlich souverän, nachdem die Eröffnung ein wenig wackelig ausgesehen hatte.
Die offizielle Verleihung des Titels durch den Weltverband FIDE ist jetzt nur noch Formsache. Vincent Keymer ist der jüngste Großmeister, den es jemals in Deutschland gab. In dieser Kategorie löst er Arkadi Naiditsch ab, der 2001 als 15-Jähriger Großmeister geworden war.
Vor den Kameras im Studio der Liveübertragung gab ein erleichterter Vincent Keymer den Zuschauern
einen Einblick in seine Gedanken während der Partie. Wir haben mitgeschrieben und übersetzt:
"8…Le7 ist wahrscheinlich nicht besonders gut. Er bekommt jetzt mit 9.g4, gefolgt von h4, genau den Angriff, den er haben will – und der zu seinem Stil passt. Zvjaginsev ist ein Angriffsspieler." (9...Sxg4 10.Tg1, der Bauer g7 ist wegen 8...Le7 ungedeckt, Anm. d. Red.)
"Das sieht schon schlecht aus für Schwarz. Der Läufer auf e7 steht komisch, während Weiß einfach seine Attacke fortsetzt."
"Hier dachte ich, dass meine Stellung wieder in Ordnung sein könnte. Jetzt habe ich das Läuferpaar…"
"…und komme zu 18…f6, was wichtig ist, um die schwarze Stellung zusammenzuhalten."
"Natürlich muss ich mit dem Läufer auf f6 schlagen. Keinesfalls darf sich der weiße Turm auf g7 einnisten. Ich bin davon ausgegangen, dass er zwar noch ein bisschen Vorteil haben sollte, habe mich aber schon deutlich komfortabler gefühlt. Der weiße Angriff ist weitgehend versandet."
"Schlüsselzug! Er hatte wahrscheinlich 23.Sg6 geplant, aber nach 23…Tf5 24.Dxd6 Lxb2+ 25.Kxb2 hängt f2 mit Schach, der Punkt von 22…Th5. Vielleicht hat er das übersehen, keine Ahnung."
"Er hat dann 23.Sf7 gespielt, aber jetzt bekomme ich nach 23…Dxf4 24.exf4 eine viel angenehmere Version dieses Endspiels."
"Trvial zu halten ist es allerdings noch nicht. Hier hatte ich 26…Kd7 geplant, sah dann aber, dass Weiß eine Taktik hat. Nach 27.Lxf6 gxf6 hätte Weiß 28.Sxe6, und ich verliere einen Bauern.
"Also habe ich 26…Lxg5 gespielt. Wegen der ungleichfarbigen Läufer riecht es jetzt schon nach Remis."
"Der letzte Punkt, den Schwarz noch machen muss. Danach bin ich nicht mehr in Gefahr geraten."