Anderswo verjüngen sie gezielt, in Düsseldorf setzen sie auf Erfahrung. Allein die Meistertitel, die die Düsseldorfer Legenden im Lauf der Jahre gesammelt haben, wirken einschüchternd. Wer hat schon einen vierfachen Weltmeister an Brett sechs? Oder die ehemalige Nummer zwei der Welt und den Ex-Vizeweltmeister in seiner Mannschaft? Oder den wahrscheinlich stärksten Spieler, der nie WM-Kandidat war? Oder Brett eins und zwei vom "Rest der Welt", als dieser 1984 einen legendären Wettkampf gegen die UdSSR spielte? Oder, oder, oder. Die Düsseldorfer, wir müssen das so deutlich sagen, werden nicht die Deutsche Meisterschaft gewinnen. Was damit zusammenhängt, dass sie in der Zweiten Bundesliga spielen ;-) Aber wer derartige Haudegen an die Bretter bringt, der kann jedem gefährlich werden und womöglich in die Eliteklasse zurückkehren. Dankenswerterweise haben die Düsseldorfer jedem ihrer Spieler auf ihrer Facebookseite ein kleines Porträt gewidmet, so dass wir die ersten Zehn dieser Mannschaft heute im Detail vorstellen können.
Brett 1: Evgeny Alekseev
Unser Spitzenbrett spielt nun das zweite Jahr in Düsseldorf. Er ist am 28.11.1985 in Puschkin geboren. Seine Familie zog nach Sankt Petersburg wo er seine schachliche Karriere begann. Im Jahre 2006 wurde er russischer Meister (Superfinale gegen Jakovenko). Ein Jahr später wurde er Mannschaftseuropameister mit dem russischen Team. Ebenfalls 2007 gewann er das Aeroflot- Open und spielte daraufhin in Dortmund beim GM Turnier. Hier wurde er geteilter Zweiter (mit Anand und Leko). 2009 und 2010 gewann er den European Club Cup. 2013 wurde er Vizeeuropameister hinter Moiseenko. Seine beste ELO-Zahl war 2725 im September 2009, heute gilt sein Kampf den Top 100.
Brett 2: Jan Timman
Nach dem Vizeeuropameister nun der Vizeweltmeister, Im Jahre 1993 unterlag er im WM- Kampf der FIDE mit 8,5:12,5 Anatoli Karpov. Nicht minder Erwähnung findet der 1984 ausgerichtete Wettkampf UdSSR gegen den Rest der Welt, bei dem er an Brett 2 spielend dem späteren Weltmeister Garry Kasparov 1,5:2,5 unterlag. 1976, um noch ein wenig weiter zurückzublicken, belegte er mit den Niederlanden Platz 2 bei der Olympiade. Dabei konnte er sich als bester Spieler an Brett 1 auszeichnen. Seine vielen Turniersiege können als Ausweis seiner Weltklasse dienen. In den 80er-Jahren stürmte er bis Platz 2 der Weltrangliste vor. Aber auch heute lässt er viele Gegner beeindruckt zurück. Als Chefredakteur der New in Chess versorgt er uns allzeit mit schachlichen Informationen.
Brett 3: Alexander Berelowitsch
Meister, Meister alles voller Meister. Hier nun der Nächste! Alexander wurde nämlich im Jahre 2001 Ukrainischer Meister vor Brovikov und Wolokitin. Geboren ist unser Brett 3 am 02.07.1967 in Charkow. Eben im Jahr des Meistertitels übersiedelte er nach Deutschland. Mannschaftsmeister wurde er 2009 in Luxemburg und 2016 in Luxemburg und den Niederlanden. Er ist hier auch als Schachtrainer tätig. Nicht zuletzt ist er Stützpunktrainer in Düsseldorf. Auf seiner Webseite www.berelowitsch.de gibt es noch zahlreichere Informationen. Falls man mal 'nen Trainer braucht.
Brett 4: Andrey Orlov
Andrey ist am 19.03.1977 geboren. Er wurde 2012 niederländischer Mannschaftsmeister. Im selben Jahr gewann er das Helmut-Kohls-Turnier in Dortmund, das IM-Turnier beim Sparkassen Chess Meeting. Das Eurode-Turnier in den Niederlanden beendete er 2015 und 2016 auf Platz 1. Im Jahr 2010 war er in Baden- Baden erfolgreich. Ebenfalls in Baden-Baden gewann er die 2. Offene Europameisterschaft im Schachtennis, bei der GM Loek van Wely Dritter wurde.
Brett 5: Ulf Andersson
Nach Jan Timman nun das Brett 1 des Wettkampfes UdSSR gegen den Rest der Welt. In diesem Wettkampf spielte Ulf gegen den amtierenden Weltmeister Anatoli Karpov. Ihm unterlag er knapp 1,5:2,5. Apropos Anatoli Karpov. Im Jahre 1975 fügte Ulf dem neuen Weltmeister die erste Niederlage im Turnier von Mailand zu. 1983 war er Welranglistenvierter; Ulf gilt als einer der stärksten Spieler, die es nie in die Kandidatenmatches geschafft haben. 1969 wurde er schwedischer Landesmeister. Mit der SG Porz wurde er 1999, 2000 und 2004 Deutscher Mannschaftsmeister, in Schweden errang er den Titel 1995 - 1998, 2001, 2004 und 2005. Er nahm zwischen 1970 und 2004 an 16 Schacholympiaden teil, 1978 erreichte er an Brett 1 spielend Platz 3 in der Brettwertung. Mit Düsseldorf ist er eng verbunden. Zuerst spielte er für die SF Gerresheim, seit 2013 beim Düsseldorfer SK.
Brett 6: Anatoli Vaisser
Klare Ansage: Anzahl WM-Titel = 4
In den Jahren 2010 und 2013 erreichte Anatoli die Titel bei den Senioren (50+) und 2014 sowie 2016 war der Erfolg bei den Nestoren (65+) auf seiner Seite. Schon 1982 wurde er sowjetischer Landesmeister (mit Chekhov). 1988 wurde er Mannschaftmeister in der UdSSR. 1991 emigrierte er nach Frankreich wo er 1997 den Meistertitel erringen konnte. Er nahm für seine neue Heimat an den Schacholympiaden 1998 und 2002 teil. Den European Club Cup gewann er 1993 und 1994. Anatoli gilt als Spezialist des Vierbauerangriffs in der Königsindischen Verteidigung. Sein Buch „Beating the King's Indian and Benoni“ dürfte nicht wenigen Schachspielern bekannt sein.
Brett 7: David Miedema
David wurde 2002 niederländischer U15- Schnellschachmeister. 2008 errang er Platz 2 (schlechtere Wertung als Rothuis) bei der offenen Jugendmeisterschaft seines Heimatlandes. Ebenfalls im Jahre 2008 und im Folgejahr erspielte er sich seine 3 IM- Normen. Ein noch größerer Erfolg stellt sein Podiumsplatz beim Neckar- Open 2010 dar. Er wurde Dritter und holte er sich eine GM- Norm. Nach Anatoli Vaisser ist auch David unter die Sachbuchautoren gegangen. Vielleicht findet sich in Eurer Bibliotek sein Werk"The Modernized French Defense Volume 1 Winawer".
Brett 8: Lars Stark
Lars ist am 20.07.1983 geboren und erlernte das Schachspielen bei unseren Freunden im SC Erkrath 1973. In den 2000-ern spielte er schon einmal beim DSK, danach wechselte er zu den SF Gerresheim. Beim Düsseldorfer SK geht er mittlerweile in seine neunte Saison. Als Klubmitglied wurde er 2014 NRW- Schnellschacheinzelmeister. Im Jahre 2017 erklomm er mit KSK 47 Eynatten in der belgischen Mannschaftsmeisterschaft das höchste Treppchen.
Brett 9: Bernd Kohlweyer
Im Übrigen: Diesmal wird der BVB Meister. Kommen wir also zu Dortmund und logischerweise zu Bernd. Was viele nicht wissen. Bernd spielte 1986 im GM- Turnier bei den Dortmunder Schachtagen. Er wurde zwar Vorletzter, schlug aber Tony Miles und remisierte gegen Nigel Short. Hier die Übersicht: http://www.teleschach.de/schachtage/dtmd1986.htm Die 2000-er Jahre waren für Bernd ein erfolgreiches Jahrzehnt. 2005 wurde er NRW- Blitzeinzelmeister und NRW- Pokalsieger. Den Dähnepokal (Einzel) auf deutscher Ebene gewann er 2006.
Brett 10: Dirk Schuh
Kommen wir also zur "Bielefeld-Verschwörung". Dirk weiß: Es gibt Bielefeld. Auch er kann Erfolge vorweisen. Mit Lars zusammen wurde er 2017 belgischer Mannschaftsmeister. Vor allem jedoch für sein Schachtraining ist er nicht zuletzt in seiner Region bekannt. Und auch unser Talent Judith Sokolowski schwört auf seinen Unterricht per Skype. Als Ausweis einer Klasse kann der FM Titel (2019) seines Schülers René Wittke gelten. Daneben schreibt er noch Rezensionen von Schachbüchern.