Im August des Jahres 2003 beschloss ich, meinen Urlaub mit Schach zu verbinden. Angeboten hat sich dazu die 19. Auflage des Faakersee-Opens in Latschach, einer Ortschaft in Kärnten. Die wärmste Zeit des Jahres 2003 ging als Jahrhundertsommer in die Geschichte der Wetteraufzeichnung ein. Das bekam man auch im Spielsaal zu spüren.
Nach einer Marathonpartie in der zweiten Runde war bei mir irgendwie die Luft draußen. Und so folgten drei Niederlagen in Folge. In der fünften Runde wurde mir eine Gegnerin zugelost, und es entstand ein Spielchen, das mir noch lange in Erinnerung blieb. Sie hieß Pauline Fauland. Der Name war mir ein Begriff, haben doch die Österreicher einen internationalen Meister mit diesem Namen, und zwar Alexander Fauland. Daran, ob die beiden verwandt sein könnten, verschwendete ich keinen Gedanken.
Pauline Fauland gehörte zu den Damen des älteren Semesters, kam jedoch mit jugendlichem Elan auf mich zu und führte die ersten Züge mit großer Entschlossenheit aus. Sie wirkte dabei aber etwas hektisch, und kaum hatte sie einen Zug ausgeführt, schubste sie gewiss ein halbes Dutzend Mal mit dem Ellenbogen ihr Partieformular zu Boden, was dazu führte, dass ich mir ein verstecktes Schmunzeln nicht verkneifen konnte.
Als ich im 36. Zug meinen b-Bauern zwei Felder nach vorne bewegte, ergriff sie die Gelegenheit, meinen Bauern en passant vom Brett zu entfernen. Doch kaum hatte ich den Bauern zurückgenommen, trafen sich unsere Blicke. Ich bemerkte, dass sie mich mit großen Augen anschaute, und zwar so, als hätte sie einen Protest meinerseits erwartet. „Waaas? Haben’S gwusst, dass man den Bauern so schlagen kann?“, worauf ich erwiderte: „Ich dachte eigentlich schon, dass das geht…“
Als sich einige Züge später ihre Niederlage abzeichnete, begann sie plötzlich Interesse an meinem Notationsformular zu zeigen. Mit strengem Ton fragte sie mich: „Haben’S meinen Vornamen auch aufgeschrieben? Ich heiße Pauline! Das müssen’S machen, sonst meint man, Sie hätten gegen meinen Sohn gewonnen!“ Und mit einiger Verblüffung war mir plötzlich bewusst, dass es sich doch um keine zufällige Namensgleichheit handelte…
Andreas Steger ist der Betreuer der Homepage des Schachbundes Südtirol und darüber hinaus dort auch als Kassierer und für die ELO-Zahlen und Datenverarbeitung zuständig.
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