Presse extra: Das Schachverbot des Großmuftis

Erstellt am: 25.01.2016

In der Regel wird in den überregionalen Medien über Schach berichtet, wenn eine Weltmeisterschaft läuft, ein Großmeister betrunken am Brett einschläft oder der FIDE-Präsident mit Aliens in Verbindung gebracht wird. Letzte Woche war ein Großmufti aus Saudi-Arabien an der Reihe, der eine Fatwa gegen Schach verhängte. Wir haben einige Beiträge der nationalen sowie internationalen Presse zusammengestellt.

Wie André Schulz auf Chessbase feststellte, gibt es In Saudi-Arabien gerade mal 25 Spieler, die bei der FIDE mit einer Elo-Zahl registriert sind. FM Hamoud Al Nhier wird mit einer bescheidenen Elo von 1959 als einziger Titelträger geführt.

Hamoud Al Nhier bei einem Einsatz während der Schacholympiade in Tromsø

Am 22./23. 01 fand in Mekka, dem zentralen Wallfahrtsort des Islam, ein Schachturnier statt. In diesem Zusammenhang erlangte der Auftritt des Großmuftis Scheich Abdulaziz Al al-Sheikh in einer Fernsehsendung, aus der Ausschnitte schon im Dezember 2015 auf YouTube gestellt wurden, größere Bekanntheit, wie Spiegel Online berichtet. In dieser Sendung äußert sich der Großmufti über Schach u.a. folgendermaßen: "Schach sei ein Glücksspiel und ebenso wie Alkohol ein Werk des Satans."

Die Reaktionen ließen weltweit nicht lange auf sich warten. Nigel Short kommt im Beitrag von The Telegraph zu Wort, während Die Welt Garri Kasparows Tweet in ihrem Artikel untergebracht hat. Apropos Twitter. Der Kurznachrichtendienst dient den etablierten Meiden immer mehr als Quelle. Musa Bin Thaily, ein Mitglied des Saudi-Arabischen Schachverbands, verteidigte das königliche Spiel auf Twitter. Viele seiner Meldungen veröffentlichte The New York Times. Auf einem Foto sieht man, dass die Könige, also die Figuren auf dem Brett, kein Kreuz sondern Halbmond und Sichel tragen.

Die Schachwelt sollte sich wohl keine allzu großen Sorgen machen, dass das Schachspiel in Saudi-Arabien tatsächlich verboten wird. In einem Brief an die FIDE bedankt sich Yaser Al Otaibi vom Saudi-Arabischen Schachverband für die geäußerten Bedenken, weist aber darauf hin, dass man plangemäß auch in Zukunft an internationalen Wettbewerben teilnehmen möchte. Wer sich über die politische Lage in Saudi-Arabien informieren möchte, dem sei die Analyse auf Deutsche Welle empfohlen. Der passende Titel "Der König kämpft ums Überleben".

Ein Fatwa ist eine von einer muslimischen Autorität auf Anfrage erteilte Rechtsauskunft, die dem Zweck dient, ein religiöses oder rechtliches Problem zu klären, das unter den muslimischen Gläubigen aufgetreten ist. Derjenige, der die Rechtsauskunft erteilt, in der Regel ein Spezialist der islamischen Jurisprudenz (Fiqh), wird als Mufti bezeichnet; derjenige, der um die Rechtsauskunft bittet, Mustaftī genannt. Die Institution des Fatwa stellt das islamische Gegenstück zu den Responsa, den Rechtsauskünften halachischer Autoritäten im Judentum, dar. (Quelle: Wikipedia)



Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.