Werder springt so hoch wie es muss - 4,5 Punkte reichen gegen Dresden

Erstellt am: 01.11.2015

Von Andreas Albers
Nach dem gestrigen Sieg gegen Berlin wollten die Hanseaten natürlich unbedingt nachlegen und auch gegen Dresden zwei Punkte einfahren. Wie bei vielen Sonntagsmatches in der Bundesliga enden jedoch einige Partien erfahrungsgemäß relativ schnell Remis und so werden die übrigen Partien um so bedeutender.

In diesem Duell waren es drei Partien, die den Druck auf ihre jeweiligen Teamkollegen erhöhten. 1,5 – 1,5 nach etwa 3 Stunden also der Zwischenstand. Die erste Entscheidung fiel zwar im Nachbarkampf, aber wenig später schoss Vlastimir Babula das 1-0 nach 20 Zügen gegen Jens Uwe Maiwald, dem an diesem Wochenende Caissa nicht besonders hold war (siehe Partienteil am Ende des Artikels).

Für Dresden keimte noch einmal Hoffnung auf, als Bartosz Socko eine lange theoretische Variante im Spanisch-Abtausch gegen Tomi Nyback aufs Brett zauberte und, zumindest, wenn man dem Zeitverbrauch glauben darf deutlich länger „im Buch“ war als sein Gegner. Nach 19 Zügen kam der erste neue Zug (laut Mega-Base 2015) aufs Brett und Socko schien sich auch im weiteren wohler zu fühlen. Das die Endspiele in diesem System meist für Schwarz unangenehm sind, bewies sich auch in dieser Partie mal wieder und am tatsächlich gelang dem Polen mit guter Turmendspieltechnik ein überzeugender Sieg zum Ausgleich.

Ein weiteres Remis von Almasi – Efimenko führte zum 3 – 3 Zwischenstand. Bei noch zwei laufenden Partien war der Bremer Sieg dennoch nicht wirklich gefährdet, sowohl Areshenko im ukrainischen Duell der Sieger von gestern, als auch Jan Werle gegen den neu eingewechselten Dresdner Junior Maximilian Neef drückten auf den vollen Punkt:

Werle,Jan (2534) - Neef,Maximilian (2406)
Schachbundesliga chess24.com (2.7), 01.11.2015

Weiß am Zug

37.a4! Dd7 [37...Dxa4 38.Txe3 dxe3 39.Dxa4+-] 38.Tb1 Dc7 39.Tb6 Tee8 40.Td6 Lg5 41.Dg4 Tf5 42.Le4 Le7 43.Tc6 Db8 44.Lxf5 Dxb7 45.Le4 1–0

Die Meinung der beiden Spieler wäre sehr interessant, die Übertragungsseite (bzw. deren Engine, glaubt hier schon an die weißen Freibauern und sieht Weiß klar im Vorteil), mein Heim-Computer hingegen sieht durchaus noch eine ganze Menge Ressourcen für Neef, die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen. Der zweite Sieg an diesem Wochenende für den Holländer, keine schlechte Bilanz nach dem Co-Sieg in Hoogeveen.
Letztendlich hielt der Ex-Bremer Eljanov seinen Laden erfolgreich zusammen, bei ungleichfarbigen Läufern reichten selbst zwei weiße Mehrbauern nicht zum Gewinn für Areshenko.

Damit ist Werder Mannschafts- und Brettpunkt gleich mit Solingen und kann zuversichtlich in die kommenden Wochenenden schauen. Für Dresden gibt es einen Tabellenplatz direkt neben Hamburg,  zwei Mannschaften also, die eigentlich nichts direkt mit dem Abstiegskampf zu tun haben wollten, nun aber erst mal von hinten das Feld aufrollen müssen.

Auch Emsdetten mit zweitem Sieg, 6-2 gegen Berlin

Von Beginn an lief es nicht für die Hauptstädter, bezeichnend die „Blitzniederlage“ vom selbsternannten „Plankton“ Ilja Schneider, dessen Sizilianisch-Experiment vom „weißen Wal“  Mchedlishvili schlicht und einfach eingesaugt wurde:

Mchedlishvili,Mikheil (2607) - Schneider,Ilja (2481)
Schachbundesliga chess24.com (2.3), 01.11.2015

1.e4 c5 2.Sf3 Sf6 3.Sc3 Sc6 4.Lb5 Sd4 5.e5 Sxb5 6.Sxb5 Sd5 7.Sg5 f6 8.Se4 f5 9.Sg5 g6 10.0–0 Lg7 11.d4 Sc7 12.a4 Sxb5 13.axb5 Db6 14.Le3 Dxb5 15.dxc5 Dxb2 16.Ld4

Schwarz am Zug

Die Lage ist eh schon mehr als schwierig, wo soll die schwarze Dame nun erstmal konkret hin? Db4? Stellt sich gleich als unglücklich heraus, Db5 hätte mehr Fluchtmöglichkeiten geboten 17.Dd3! Ups, nun gibt keine sichere Unterkunft mehr für die schwarze Dame h6 18.Sf3 d5 19.Sd2 1–0

Wie schon gestern gelang den Schachfreunden kein Partiegewinn, diesmal gab es allerdings eine dicke Chance. Alexander Mista hätte wohl nicht das Match gedreht, aber vielleicht den hübschesten Zug des Wochenendes finden können:

Mista,Aleksander (2589) - Spoelman,Wouter (2583)
Schachbundesliga chess24.com (2.4), 01.11.2015 [Albers]

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 5.Sc3 Dc7 6.Le2 a6 7.0–0 b5 8.Sxc6 dxc6 9.Le3 Lb7 10.a4 Td8 11.De1 Sf6 12.f4 b4 13.e5 bxc3 14.exf6 cxb2 15.Tb1 gxf6 16.Dc3 Le7 17.Dxb2 Td7 18.Lf3 0–0 19.Dc3 La8 20.Lb6 Dxf4 21.Lxc6 Dd2 22.Dg3+ Kh8 23.Lxd7 Dxd7 24.Tfd1 Dxa4 25.Le3 De8

Weiß am Zug


26.Td4?! [26.Lh6 wieder einmal ist nicht etwa der erste Zug der schwierige, die Frage ist, ob man den folgenden Hammer auf dem Kasten hat: 26...Tg8 27.Tb8!!

Stellung nach 27.Tb8!!

Wow! Der wäre fürs Titelblatt gewesen! 27...Dxb8 (27...Txg3 28.Txe8+ Tg8 29.Txe7+-) 28.Lg7+ Txg7 29.Dxb8+ Tg8 30.Dc7+-] 26...Lc5 27.Df2 f5 Weiß steht immer noch gut, aber wie es an solchen Tagen nun mal ist, am Ende steht man sogar ganz mit leeren Händen dar. 28.Th4 Lxe3 29.Dxe3 De7 30.Thb4 Dc7 31.Dd4+ f6 32.Tc4 Dg7 33.g3 Ld5 34.Tcb4 Dc7 35.c3 a5 36.Tb5 a4 37.Db4 Da7+ 38.Kf1 Tf7 39.Tc5 Kg7 40.c4 Le4 41.Td1 Td7 42.Ke1 Txd1+ 43.Kxd1 a3 44.Da5 Dd7+ 45.Ke1 Dd3 46.Tc7+ Kg6 47.Dd2 Db1+ 48.Dd1 a2 49.Ta7 Lf3 0–1

Daniele Vocaturo kassierte am Spitzenbrett seine zweite Niederlage, diesmal gegen Dubov, der sich von gestern gut erholt zeigte und mit Weiß jede Menge Druck machte und auch Lars Thiede blieb an diesem Wochenende mit 0 Punkten stehen, gegen Christian Richter, der gestern noch pausierte, saß Thiede ungewohnter Weise mal auf der anderen Seite des Königsinders, verlor nach ganz ordentlicher Eröffnung aber den Faden und als letzte Partie auch den Punkt.

Am Ende also eine zweite 6-2 Niederlage an diesem Wochenende und der vorletzte Tabellenplatz nur der SK Norderstedt hat einen Brettpunkt weniger auf dem Konto. Dennoch sollten natürlich auch die Berliner gute Chancen haben den Klassenerhalt zu schaffen, aber nun muss man erst mal diesen schwachen Start verdauen.

Partie(n) zum Nachspielen: 
[Event "Schachbundesliga"]
[Site "chess24.com"]
[Date "2015.11.01"]
[Round "2.5"]
[White "Babula, Vlastimil"]
[Black "Maiwald, Jens-Uwe"]
[Result "1-0"]
[WhiteElo "2554"]
[BlackElo "2452"]
[PlyCount "41"]
[EventDate "2015.??.??"]
[WhiteTeam "BRE"]
[BlackTeam "DRE"]
[WhiteTeamCountry "CZE"]
[BlackTeamCountry "GER"]
[TimeControl "6600+1130"]
[WhiteClock "0:18:35"]
[BlackClock "0:17:24"]

1. d4 d5 2. c4 e6 3. Nc3 Nf6 4. Nf3 Nbd7 5. Bf4 Bb4 6. e3 c5 7. Be2 Ne4 8. Rc1
O-O 9. O-O Bxc3 10. bxc3 Nb6 11. Qc2 Bd7 12. cxd5 exd5 13. c4 Ba4 14. Qb1 Rc8
15. cxd5 Qxd5 16. dxc5 Nxc5 17. Nd4 Qd7 18. Bb5 Bxb5 19. Nxb5 Ne6 20. Rcd1 Nd5
21. Bd6 1-0
Video(s): 

Über den Autor

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Marc Lang

Marc Lang ist bekannt für seine Blindschachveranstaltungen und hielt bis Dezember 2016 den Weltrekord im Blindsimultan gegen 46 Gegner, aufgestellt 2011 in Sontheim/Brenz, wo er heute lebt.