Von Andreas Warsitz, SC Hansa Dortmund
Die erstklassigen Denker des SC Hansa Dortmund feiern im Rathaus einen Traumeinstand in die neue Bundesligasaison: Ein starkes Stück Ruhrgebiet lässt den Gästen aus Norddeutschland keine Chance.
Unsere „Krabbelgruppe“ hat es in der Schachbundesliga dem BVB und seinem neuen Coach Thomas Tuchel, wie erhofft, tatsächlich nachgemacht. Am vergangenen Wochenende feierte sie am 19.09. und 20.09.2015 im Dortmunder Rathaus auf dem Friedensplatz den erfolgreichsten Auftakt seit unserer Erstligazugehörigkeit. Am Samstag wurden die nominell spürbar favorisierten Gäste des Bundesliga-Dinos Hamburger SK – Schach und Fußball scheinen einige Parallelen aufzuweisen. – souverän mit 5,5:2,5 bezwungen. Am darauffolgenden Sonntag zeigte man mit einem 6,5:1,5-Erfolg dem Aufsteiger des SK Norderstedt, dass die Trauben in der stärksten Schachliga der Welt hoch hängen. Auch unser neuer Reisepartner, der SV Mülheim Nord, konnte die beiden Nordlichter bezwingen, so dass alle 8 Punkte dieses Heimkampfwochenendes im Rathaus blieben, die beiden heimischen Teams als starkes Stück Ruhrgebiet fast von der Tabellenspitze aus grüßen. Beflügelt wurden wir sicherlich auch am Samstag gegen den Hamburger SK durch das ebenfalls im Rathaus ausgetragene „Salomon-Elkan-Schnellschachturnier“, das anlässlich des 140. Geburtstages des Dortmunder Schachverein 1875, aus dem unser Club übrigens im Jahre 1973 entsprungen ist, ausgetragen wurde. Der Auftakt der aktuell geschmiedeten „Schachallianz“ unserer Heimatstadt zwischen diesen beiden Vereinen hätte damit nicht besser laufen können.
Unser „Jugend forscht“ benanntes Projekt schloss nahtlos dort an, wo es in der vergangenen Saison mit dem ungefährdeten Klassenerhalt endete. Denn erneut war einer der Schlüssel des Erfolges die Spielerrotation von Samstag auf Sonntag. Die Mannschaft um das Orga-Team im Hintergrund, bestehend aus Michael Babar, Dr. Pouya Majdpour, Wolfgang Prüske und Andreas Warsitz, das auch einige weitere helfende Hände für dieses Wochenende an seiner Seite wusste (Besten Dank u.a. an Wolfgang Prüskes „bessere Hälfte“, Pit Schulenburg, Lászlo Szenasi, Georgios Milonas, Walter Linker, Thomas Rumpf, um nur einige zu nennen!), hatte mit den Großmeistern (GM) Alexander Donchenko, Róbert Markus, Imre Héra, Emanuel Berg und Misa Pap sowie den Internationalen Meistern (IM) Aryan Tari, León Mons, Patrick Zelbel und Bence Korpa gleich 9 Akteure vor Ort. Während der serbische GM Márkus nur am Sonntag spielte, dafür als Favorit am Samstag beim Schnellschachturnier den 4. Rang belegte, saß sein Landsmann und Neuzugang GM Pap, der mittlerweile im Großraum Dortmund beheimatet ist, nur am Samstag für die Hanseaten am Brett. Dieses board-sharing war sehr erfolgreich. Pap feierte in seinem neuen Team einen erfolgreichen Einstand, indem er am Samstag gegen Hamburg den jungen aufstrebenden IM Jonas Lampert an Brett 7 bezwang, während Márkus am Sonntag am 2. Brett den Norderstedter Benedict Krause besiegte.
Am Samstag benötigte unser Flaggschiff knapp 5 ½ Stunden, ehe der überraschend deutliche und ungefährdete, verdiente Erfolg gegen den Bundesliga-Dino aus der Hansestadt feststand. Für ganze Punkte zeichneten an Brett 1 GM Alexander Donchenko, der aktuelle Träger des Ferdinand-Fabra-Preises und drittjüngste deutsche Großmeister aller Zeiten, am 4. Brett der schwedische GM Emanuel Berg und eben an Brett 7 GM Misa Pap verantwortlich. Der ungarische GM Imre Héra an Brett 2, Norwegens Juwel, der 16 Jahre alte IM Aryan Tari, am 3. Brett, der 19-jährige Neuzugang IM Léon Mons an Brett 5, der „Dortmunder Jung“ und 22 Jahre alte IM Patrick Zelbel am 6. Brett sowie der 17-jährige IM Bence Korpa aus Ungarn an Brett 8 steuerten Remisen zu dem deutlichen 5,5:2,5 gegen die favorisierten Hamburger bei. Die Partien von Donchenko, Mons und Zelbel stachen aus einer hervorragenden Mannschaftsleistung vielleicht ein wenig heraus. „Schachprinz“ Donchenko hatte es mit den schwarzen Steinen mit dem bärenstarken GM Christian Bauer, mit einer ELO-Zahl von 2625 die aktuelle Nr. 7 Frankreichs, zu tun, den er am Spitzenbrett bezwang. Neuzugang Mons überzeugte ebenfalls mit Schwarz gegen GM Sune Berg Hansen, der Nr. 3 Dänemarks, mit einer blitzsauberen Partie, die er mit einem starken Remis abschloss. Zelbel hingegen bot der slowakischen GM-Legende Lubomir Ftacnik, Nr. 3 seines Heimatlandes, erfolgreich Paroli, hielt mit gekonnter Endspieltechnik einen halben Punkt auf seiner Bretthälfte.
Nach der überraschend deutlichen Kür am Samstag folgte am Sonntag die Pflichtaufgabe. Gegen den Aufsteiger aus Norderstedt war unser Achter haushoher Favorit. Mit dem 6,5:1,5 nach 5 Stunden wurden die Hanseaten ihrer Favoritenrolle auch gerecht. Erneut gewannen Donchenko und Berg ihre Partien, durften sich mit ihren 2 Siegen an beiden Tagen damit sicherlich zu Recht als Männer des Wochenendes feiern lassen. Weitere Siege fuhren Márkus, Neuzugang Mons – Damit stachen beide neuen Hansa-Asse, Mons und Pap, mit jeweils einem Partiegewinn an diesem Wochenende. – und Zelbel ein, während Héra, Tari und Korpa die Punkte erneut teilten. Einzig und allein der ungarische GM Héra blickte nicht so zufrieden drein. Denn mit seiner ELO-Zahl von fast 2600 konnte er mit seiner Partie und dem Ergebnis gegen den jungen Norderstedter FIDE-Meister (FM) Falko Meyer, der fast 400 ELO-Punkte weniger aufzubieten hatte, nicht allzu glücklich sein. Doch unter dem Strich zählte auch für Héra ein großartiges und erfolgreiches Auftaktwochenende mit seinem Team.
Hätten der Serienmeister aus Baden Baden und sein Kronprinz aus Schwäbisch Hall nicht bereits am Freitag ihre Begegnungen aus der 7. Runde vorgezogen absolviert, würden wir nunmehr nach der 2. Runde regulär auf dem 1. Tabellenplatz stehen, ein wahrlich denkwürdiger Moment. Tabelle ausschneiden, heißt es da wohl am besten. Das nun etwas schiefe Bild weist unsere erstklassigen Denker mit 4:0 Zählern und 12 Brettpunkten als Tabellendritte aus. Auch das kommt einer Sensation gleich, wobei von den 16 Partien des Wochenendes bei 8 Siegen und 8 Remisen keine einzige verloren ging. Diese 4 Punkte sind sicherlich ein Faustpfand in dem harten Kampf um den Klassenerhalt.
Der Vorsitzende Andreas Warsitz äußerte sich zu dem Wochenende wie folgt: „Vor allem möchte ich mich zunächst einmal bei der Stadt Dortmund, insbesondere unserem Oberbürgermeister Ullrich Sierau und unserer Bürgermeisterin Birgit Jörder, sowie dem Ex-Stadtsprecher und Un-Ruheständler Gerd Kolbe ganz herzlich bedanken. Erst durch ihr großartiges und großzügises Engagement war es uns möglich, in einer herausragenden Spielstätte, unserem Rathaus, ein Schachfest zu feiern, sportlich zu brillieren. Herzlichen Dank auch allen Helfern des Hauses vor Ort. Die Stadt Dortmund hat dadurch ein großes Herz für erstklassigen Schachsport bewiesen. Nicht nur wir selbst, sondern unsere 3 Gastmannschaften sowie an beiden Tagen mehr als 200 Zuschauer haben uns diese Rückmeldung gegeben. Chess is coming home, hoffentlich auch am 12.03. und 13.03.2016, wenn wir das nächste Heimkampfwochenende ausrichten werden.“. Und wie sieht es mit den rein sportlichen Erfolgsfaktoren aus? Warsitz weiter: „Wir haben gesehen, dass sich unsere „Krabbelgruppe“ sportlich weiterentwickelt hat, noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt ist. Beim Scouting haben wir mit unseren Neuzugängen Léon Mons und Misa Pap auch dieses Mal das richtige Näschen bewiesen. Bei nächster Gelegenheit werden unsere beiden anderen Neuen, Abhijeet Gupta und Kevin Schröder, dies ganz sicher ebenso unter Beweis stellen. Und über unseren „alten Schweden“ Emanuel Berg und unseren „Dortmunder Jung“ Patrick Zelbel brauchen wir ja kaum noch ein Wort zu verlieren. Das Wochenende war das Ergebnis einer exzellenten Teamleistung, auch hinter den Kulissen. Mein Dank gilt allen, die gemeinsam für das, was wir erlebt haben, verantwortlich waren, tatkräftig angepackt haben.“.
Weiter geht es in der Schachbundesliga für unsere erstklassigen Denker nach einer Verschnaufpause erst wieder am 12.12. und 13.12.2015 in der Rennstadt Hockenheim, gegen den SV Hockenheim und den SV Griesheim. Die Hanseaten hoffen dann sicherlich auf ein kleines nachträgliches Nikolausgeschenk.