Bayern gewinnt „erstes Endspiel“

Erstellt am: 18.10.2016

Münchner fahren nach fünfeinhalb Stunden die Punkte ein
Zugzwang unterliegt bei Bundesliga-Debüt gegen Speyer 3,5:4,5

Von Hartmut Metz

Nach einem Marathon über 332 Minuten besitzen die Münchner den längeren Atem. 3:2 hieß es seit mehr als einer Stunde für die SG Speyer-Schwegenheim – doch dann werden die Anhänger des FC Bayern immer aufgeregter. An allen drei verbliebenen Brettern fallen die feindlichen Könige. Großmeister Christian Gabriel sorgt für den Ausgleich, einige Sekunden später bringt Peter Meister den Gastgeber in Führung, ehe Valentin Dragnev wenig später nicht nur ein Remis zum knappen Mannschaftssieg beisteuert, sondern auf 5:3 erhöht.

Leon Mons - Foto: Hartmut Metz

„Wir sind total happy“, jauchzte Kapitän Jörg Wengler nach der langen Anspannung und strahlte, denn „alles lief wie erhofft. Das Match gegen den Aufsteiger war eines der Endspiele im Kampf um den Klassenerhalt. Jetzt sind wir optimal in die Schach-Bundesliga gestartet“. Längst hatte er den 2:6-Saisonauftakt am Samstag gegen Topfavorit OSG Baden-Baden abgehakt. Der zehnfache Meister hatte gegen die beiden Münchner Klubs fast auf den Großteil seiner Top Ten auf der Rangliste verzichtet – die zweite Reihe genügte schließlich auch, um am Sonntag die Münchener Schachakademie (MSA) Zugzwang mit 7:1 zu überrollen. Leon Mons gelang gegen den siebenfachen französischen Einzelmeister Etienne Bacrot ein Remis. „Ein super Beginn für Leon“, lobte Sponsor Roman Krulich den Neuzugang. Der 21-jährige Mathematik-Student haderte zwar nicht direkt mit dem Unentschieden gegen den früheren Top-Ten-Spieler, verwies aber doch darauf, dass er „sogar leicht besser stand. Ich hatte einen Mehrbauern, sah jedoch kein Fortkommen“. Den zweiten halben Zähler für den Aufsteiger hatte Falk Hoffmeyer gegen Großmeister Jan Gustafsson beigesteuert. Der nominell einzige überlegene Münchner, Markus Lammers, stand passabel gegen Julian Martin – der Baden-Badener Jugendspieler konterte jedoch taktisch mit einem Grundlinienmatt, das der MSA-Kapitän nicht mehr sinnvoll parieren konnte.

Weil Martin zu Saisonbeginn gegen Peter Meister verlor, hielten die Bayern das Ergebnis mit 2:6 in Grenzen. Zudem hätte Andreas Schenk fast seinen früheren OSG-Teamkameraden Alexej Schirow niedergerungen. Doch der ehemalige Weltranglistenvierte rettete sich ins Remis. Außerdem teilte der 65-jährige Neuzugang Zoltan Ribli im Duell zweier früherer Weltklassespieler den Punkt mit Sergej Mowsesjan, der noch immer zur erweiterten Spitze zählt.

Peter Meister - Foto: Hartmut Metz

Die Konzentration der Münchner Klubs in der Bayern LB Sportarena galt allerdings Speyer-Schwegenheim. Mit der Ungarn-Riege befanden sich beide nominell ausnahmsweise auf Augenhöhe. Die 3,5:4,5-Niederlage von MSA Zugzwang bedeutet einen ersten Rückschlag. Von einem Fehlstart wollte der aus Dortmund kommende Mons allerdings nicht reden. „Der Klassenerhalt ist unrealistisch. Am Schluss hofften wir zwar auf ein 4:4, aber der stark hin- und herwogende Kampf ging zurecht an Speyer“, verwies der 21-jährige Mathematik-Student auf die noch glücklich gedrehten Partien von Robert Zysk und Markus Lammers über Luca Shytaj und Pascal Flierl. Mons und die beiden alten Recken Stefan Kindermann und Gerald Hertneck steuerten die weiteren Unentschieden bei. Der dritte MSA-Großmeister, Stefan Bromberger, haderte: „Zwei Niederlagen habe ich eigentlich nicht verdient. Ich stand ganz gut, vor allem gegen Radoslaw Wojtaszek“, sah er sich um die Früchte seines mutigen Spiels gebracht. „Wir haben gut gekämpft. Die Auftakt-Niederlage lag womöglich an der Premieren-Nervosität“, ahnte Krulich. Kindermann sah „trotz der Elo-Balance auf beiden Seiten“ eher generelle Vorteile für Speyer-Schwegenheim: „Die stehen deutlich mehr im Saft als wir – die spielen im Gegensatz zu uns noch Turniere.“

Solche Klagen blieben beim FC Bayern am Sonntag aus. Schnelle Friedensschlüsse von Schenk und Thomas Reich hielten das 1:1. Neuzugang Ribli, der vor mehr als 20 Jahren mit den Bayern siebenmal deutscher Meister geworden war, erwies sich als Stabilitätsanker. Der 65-Jährige wickelte an Position sechs gegen Shytaj in ein Dauerschach ab. Spitzenspieler Michael Fedorovsky machte gegen Arturs Neiksans viel Druck, der starke Lette verteidigte jedoch das Unentschieden. So musste Alexander Belezky gegen Gabor Kovacs die Speyerer Führung zulassen.

Die drei verbleibenden Bayern-Spieler kamen besser durch die Nervenschlacht. Gabriel hatte das Glück des Tüchtigen, dass Tom Kantans in Zeitnot zweimal eine Matt-Attacke verpasste. Anschließend ließ der Ersatz des tags zuvor eingesetzten Michael Bezold aber nichts mehr anbrennen und ging selbst zum Angriff über. Meister profitierte von mehreren Schnitzern von Flierl, und Dragnev gewann „studienartig“. Der Schützling von Österreichs Nationalcoach Ribli freute sich über den wichtigen Achtungserfolg gegen Adam Horvath. Das äußerst komplizierte Umwandlungsrennen mit Qualität weniger, aber zwei Freibauern auf der a- und b-Linie hatte der ungarische Großmeister schlechter eingeschätzt als Dragnev. „In Zeitnot ließ ich mich gefühlsmäßig darauf ein. 20 Züge weit konnte ich das in dem Moment nicht rechnen“, erzählte der junge IM aus Österreich.  „Wenn wir so weiterspielen, können wir das rettende Ufer mit Platz zwölf erreichen“, glaubt sein Coach Ribli. Vorerst liegt der FCB mit 2:2 Punkten sogar in der 16er-Liga einen Rang besser.

Samstag, 15.10.2016

BFC Bayern MünchenOSG Baden-BadenErgebnis
1Michael BezoldRadoslav Wojtaszek0 : 1
2Michael FedorovskyMichael Adams0 : 1
3Valentin DragnevEtienne Bacrot0 : 1
4Andreas SchenkAlexei Shirov0.5 : 0.5
5Alexander BelezkyArkadij Naiditsch0 : 1
6Zoltan RibliSergei Movsesian0.5 : 0.5
7Thomas ReichJan Gustafsson0 : 1
8Peter MeisterJulian Martin1 : 0
 
BMSA Zugzwang 82SG Speyer-SchwegenheimErgebnis
1Stefan BrombergerArturs Neiksans0 : 1
2Stefan KindermannToms Kantans0.5 : 0.5
3Leon MonsAdam Horvath0.5 : 0.5
4Gerald HertneckMiklos Nemeth0.5 : 0.5
5Christian SchrammGabor Kovacs0 : 1
6Robert ZyskLuca Shytaj1 : 0
7Erasmus GerigkAttila Istvan Csonka0 : 1
8Markus LammersPascal Flierl1 : 0
Sonntag, 16. Oktober 2016
 
BSG Speyer-SchwegenheimFC Bayern MünchenErgebnis
1Arturs NeiksansMichael Fedorovsky0.5 : 0.5
2Toms KantansChristian Gabriel0 : 1
3Adam HorvathValentin Dragnev0 : 1
4Miklos NemethAndreas Schenk0.5 : 0.5
5Gabor KovacsAlexander Belezky1 : 0
6Luca ShytajZoltan Ribli0.5 : 0.5
7Attila Istvan CsonkaThomas Reich0.5 : 0.5
8Pascal FlierlPeter Meister0 : 1

 



Über den Autor

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Marc Lang

Marc Lang ist bekannt für seine Blindschachveranstaltungen und hielt bis Dezember 2016 den Weltrekord im Blindsimultan gegen 46 Gegner, aufgestellt 2011 in Sontheim/Brenz, wo er heute lebt.