Neulich habe ich einen eloquenten Schachfreund aufgesucht, um ihn zu überreden, einen kleinen Bericht für die Vereinshomepage zu schreiben. Er sicherte mir zu, eine seiner Glanzpartien zu analysieren und ich freute mich schon auf einen humorvollen Artikel.
Nach einigten Tagen traf ich den Burschen zufällig beim Wochenendeinkauf in der Stadt. Ich sprach ihn dabei auch kurz auf sein Versprechen an. Peinlich berührt erklärte er mir dann, dass er noch keine Zeit hatte, eine passende Partie heraus zu suchen. Außerdem sei es ja auch gar nicht so einfach, für die Gedanken, die man seinerzeit hatte, die richtigen Worte zu finden.
Nun gut, dafür hatte ich selbstredend Verständnis und erklärte ihm, dass es ja kein umfassendes Traktat über die aktuellen Entwicklungen in der Naydorf-Variante sein müsse. Er würde das schon machen.
Doch was soll ich sagen?
Ich hörte danach wochenlang nichts mehr von meinem Kumpel und als ich ihn später einmal auf seine Zusage ansprach, konnte er sich noch nicht einmal mehr daran erinnern, dass wir überhaupt über seine Mitarbeit gesprochen hatten. Auch die Androhung von Dresche half da nicht. Auf die Partieanalyse warte ich jedenfalls heute noch.
Ein guter Bekannter hat mir jetzt geschildert, dass dies kein Einzelfall ist. Schachspieler sind scheinbar arbeitsscheues Gesinde.
In seinem Fall ging es um die Entwicklung einer vereinsübergreifenden Homepage, die er in mühevoller Kleinarbeit entwickelt hatte. Er bat dann die Vereine darum, seinen ehrenamtlichen Einsatz mit paar Berichten zu ergänzen. Doch Pfeifendeckel. Er musste nach wie vor alles selbst machen und bekam zudem auch noch den Wind von vorne, falls sich mal kleine Fehler einschlichen. Darüber hinaus durfte sich der Gute offensichtlich auch noch beschimpfen lassen, wenn er trotz monatelanger Funkstille wagte, mal nach dem Stand der Dinge zu fragen.
So was motiviert ungemein und auch hier ist man geneigt, zwanglos zu einem Baseballschläger zu greifen. Das Ende vom Lied war jedenfalls, dass er seine Arbeit einstellte und die Homepage in Folge dessen irgendwann im Nirwana des Internets verschwand.
Und wie ist das so in Ihrem Schachverein? Bleibt die Arbeit immer an den gleichen Personen hängen?
Vermutlich!
Ich kenne jedenfalls kaum einen Club, der die anfallenden Aufgaben tatsächlich im Team erledigt. Und dabei rede ich jetzt noch nicht einmal über die Besetzung von Vorstandsposten.
Bist Du nämlich einmal Vereinsvorsitzender, Kassierer, Materialwart, Jugendtrainer oder Mannschaftsführer, wirst Du diesen Titel zeitlebens nicht mehr los! Im Gegenteil: man erwartet nahezu, dass Du Deine noch so knappe Freizeit in den Dienst der Sache stellst.
Natürlich stehst Du gerne eine Stunde früher auf, um den Mannschaftskampf vorzubereiten. Klar, dass Du das Spiellokal nach dem Turnier wieder aufräumst. Selbstverständlich verfasst Du noch am gleichen Tag einen Bericht für die Zeitung. Gewiss macht es Dir Spaß, bis in die Puppen mit anderen Vorstandskollegen über die Zukunft es Vereins zu diskutieren. Logisch, dass Du den Verein auf Verbandsversammlungen vertrittst. Zweifelsohne stehst Du jederzeit bereit, um mit möglichen Sponsoren über Geldzuwendungen zu verhandeln.
Dass man Dich zuhause ohne Kontrolle des Personalausweises nicht mehr rein lässt, bist Du selbst Schuld! Schließlich hast Du Dich wählen lassen und nach 25 Jahren gibt’s ja auch eine Urkunde dafür! Zur Not macht mach Dich halt noch gelegentlich zum Ehrendingsbums. Das muss reichen!
Vielleicht ist es einfach mal an der Zeit, sich bei diesen bekloppten Typen, die sich tagtäglich ehrenamtlich für den Schachsport einsetzen, zu bedanken.
Oder noch besser: bietet doch einfach Eure Mithilfe an. Räumt den Schachschrank auf. Sortiert die Figuren. Organisiert ein Vereinsfest. Macht Fahrdienste. Irgendwas ist immer zu tun.
Und keine Angst: Ehrenamtliches Engagement tut nicht weh!