OSG Baden-Baden ist Deutscher Meister 2018

Erstellt am: 24.05.2018

Die OSG Baden-Baden gewann gegen die SG Solingen den Stichkampf um die Deutsche Vereinsmannschaftsmeisterschaft 2017/18 mit 4,5:3,5. Damit verteidigte Baden-Baden den Titel und gewann ihn zum zwölften Mal in den letzten 13 Jahren. Außerdem zog Baden-Baden in der ewigen Bestenliste mit der SG Solingen gleich.

Vor dem Kampf im Kulturhaus LA8 gab es eine Schweigeminute zu Ehren von Herbert Scheidt, der nur einige Tage vor dem Stichkampf verstarb.

Danach kamen die Fans insbesondere in den Genuß der Weltauswahl von Baden-Baden, die an jedem Brett mit Elo-Vorteil antrat. Sieben Spieler mit einer Elo-Zahl von über 2700 Punkten saßen auf Seiten des Gastgebers an den Tischen und erstaunlicherweise fehlte mit Arkadij Naiditsch der einzige Großmeister, der neben Etienne Bacrot alle 15 Partien in der Saison absolviert hatte. Trotzdem sollte es kein Spaziergang werden gegen ein eingespieltes Solinger Team. Dabei kam sogar Anish Giri am Spitzenbrett zum ersten Mal in dieser Saison zum Einsatz.

Ein Blick in den gut gefüllten Spielbereich
Ein Blick in den gut gefüllten Spielbereich

Die erste Punkteteilung kam am dritten Brett zustande. Hier packte Viswanathan Anand mit Schwarz gegen Loek van Wely in einem Damengambit mit frühem Schlagen auf c4 eine ungewöhnliche Zugfolge aus und forcierte eine symmetrsiche Struktur. Es kam in der Folge auf natürliche Weise zum Abtausch vieler Figuren und in einem ausgeglichen Endspiel einigten sich die Kontrahenten nach 33 Zügen auf remis.

Loek van Wely
Loek van Wely

Es folgten Punkteteilungen an den Brettern fünf und sechs. Erwin L´Ami opferte in einer Variante der Ragozin-Verteidigung des Damengambits einen Bauern und entfachte eine Initiative gegen den schwarzen König. Radoslaw Wojtaszek wehrte aber alle Angriffsversuche ab und besaß im Doppelturmendspiel sogar optische Vorteile, die aber nicht zum Gewinn ausreichten.

Bei Michael Adams und Borki Predojevic stand die Tarrasch-Variante der Französischen Verteidigung auf dem Brett. Beide Spieler wählten etwas ungewöhnlich die lange Rochade und Adams besaß, nachdem einige Figuren das Brett verließen, mit einem starken Springer im Zentrum die bessere Leichtfigur. Er konnte im 32. Zug einen Bauern gewinnen, doch zog es vor weiter auf seinen statischen Vorteil zu pochen. Dann wurde es bunt. Falls die Liveübertragung stimmt, konnte Predojevic im 37. Zug einen wichtigen Bauern auf f3 schlagen und auf Gewinn spielen. Stattdessen hatte Weiß wieder Siegchancen, zog aber den sicheren Remishafen vor.

Michael Adams
Michael Adams

Dann ging Baden-Baden durch den Sieg von Rustam Kasimdzhanov in Führung. Predrag Nikolic ging mit einer seltenen Variante des "Winawer-Franzosen" jeglichen theoretischen Diskussionen aus dem Wege, überließ dem usbekischen Großmeister aber Raumvorteil und Initiative. Der weiße Vorteil wuchs von Zug zu Zug, so hat man den Eindruck, und das "Catennacio" des bosnischen Großmeisters hatte ein Ende, nachdem er im 39. Zug nicht mehr all seine Schwächen verteidigen konnte. Der Sieger äußert sich im folgenden Video zu seinem Triumph.

Peter Svidler erhöte zum zwischenzeitlichen 3,5:1,5 durch seinen Sieg gegen Jan Smeets an Brett vier. Der holländische Großmeister versuchte seinen Gegner mit der Russischen Verteidigung auszubremsen und erhielt nach 15 Zügen eine völlig ausgeglichene Stellung. Danach schaffte es aber Svidler dank seines Läuferpaares und eines stark postierten Springers auf e5 viel Druck gegen die schwarze Stellung aufzubauen. Letztendlich gewann er einen Bauern und fuhr das Endspiel mit dem Läuferpaar gegen Läufer/Springer locker nach Hause. Der russische Großmeister äußert sich im folgenden Video zu seiner Partie.

Danach war der Kampf im Prinzip gelaufen. Es kam zu zwei Punkteteilungen an Brett zwei und sieben. Markus Ragger hielt sein schlechteres Endspiel gegen Maxime Vachier-Lagrave, während Etienne Bacrot zuerst wohl den Sieg vergab, bevor er gegen Mads Andersen gute Technik zeigen musste, um ein Endspiel mit materiellem Nachteil remis zu halten.

Den Kampf beschloß Anish Giri mit einem Sieg am Spitzenbrett gegen Fabiano Caruana. Der WM-Finalist wählte mit Schwarz die Russische Verteidigung, die ihm in letzter Zeit so tolle Dienste geleistet hatte. Bis zum Endspiel mit Dame und Läufer gegen Dame und Springer sah es auch nach einer Punkteteilung aus, doch Giri schaffte es am Königsflügel Schwächen zu provozieren und mit seinen verbliebenen Figuren einzudringen. Ein schöner Königsmarsch war Teil des tollen Finales.

Fabiano Caruana gegen Anish Giri
Fabiano Caruana gegen Anish Giri

Dieser spannende und hochklassige Stichkampf beschloß die Saison 2017/18. Die OSG Baden-Baden gewann zum zwölften Mal den Titel und wird alles daran setzen in der nächsten Saison Solingen in der ewigen Bestenliste zu überholen. Baden-Baden gewann als Verein sogar das "Triple", denn neben den Herren, die auch den Pokal holten, gewannen die Damen ebenfalls die Deutsche Meisterschaft. Für Solingen war es trotz der Niederlage eine tolle Saison, die durch den Verlust von Herbert Scheidt aber auch mit einem weinenden Auge endet.

Das zweitplatzierte Team der SG Solingen mit dem 1. Vorsitzenden des Schachbundesliga e.V. Markus Schäfer
Das zweitplatzierte Team der SG Solingen mit dem 1. Vorsitzenden des Schachbundesliga e.V. Markus Schäfer

Alle Partien nachspielen auf dem Liveportal

Alle Fotos: Guido Giotta



Über den Autor

Bild des Benutzers Georgios Souleidis

Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.