OSG Baden-Baden Deutscher Meister 2020!

Erstellt am: 20.09.2020

Das Meisterschaftsturnier 2020 endete mit einem absoluten Nervenkrimi. Die OSG Baden-Baden besiegte in der letzten Runde den SC Viernheim nach einem fantastischen Kampf mit 4,5:3,5 und verteidigte den Deutschen Meistertitel. Viernheim stand kurz vor der großen Überraschung, muss sich aber mit der Vizemeisterschaft abfinden. Den dritten Platz belegen die Schachfreunde Deizisau, die mit einem 6,5:1,5 gegen Solingen einen tollen Abschluss feierten. Der vierte Platz geht an Werder Bremen nach dem 5,5:2,5 gegen Berlin. Solingen belegte Platz fünf vor Bayern München, die zum Abschluss mit 5,5:2,5 gegen Aachen gewannen. Berlin und Aachen bilden das Tabellenende dieses Turniers.

Fotos: Christian Bossert

Francisco Vallejo Pons und Arkadij Naiditsch sichern Baden-Baden die Meisterschaft

Vor dem Kampf zwischen Baden-Baden und Viernheim waren die Vorzeichen eindeutig. Dem Titelverteidiger reichte dank der besseren Zweitwertung - Brettpunkte - ein 4:4, um den Titel zu verteidigen. Von Beginn an entwickelte sich ein Kampf auf Biegen und Brechen, der letztendlich an den hinteren Brettern entschieden wurde.

Fabiano Caruana und Shakhriyar Mamedyarov trennten sich als erste Spieler mit einem Unentschieden. Das ging völlig in Ordnung, da nach 20 Zügen ein ausgeglichenes Endspiel mit Türmen und ungleichfarbigen Läufern auf dem Brett stand. Es folgten drei weitere Remis an den Brettern zwei bis vier. Bedenkt man, dass Viernheim gewinnen musste, kann man die vielleicht etwas zu frühen Punkteteilungen an den Brettern zwei und drei beanstanden. In der Partie zwischen Anton Korobov und Richard Rapport an Brett vier ging am Ende tatsächlich nichts mehr.

Die erste Entscheidung folgte an Brett acht. Hier siegte Sergei Fedorchuk gegen Etienne Bacrot und Viernheim schnupperte an der Überraschung. Fedorchuk spielte eine blitzsaubere positionelle Partie. Er besaß am Ende die deutlich aktiveren Figuren und einen Mehrbauern, als Bacrot aufgab. Der Jubel bei Viernheim hielt aber nicht lange, denn Francisco Vallejo Pons glich postwendend aus. Amin wählte einen ruhigen Reti-Aufbau und es entstand ein ausgeglichenes Mittelspiel. Vallejo bot die Zugwiederholung an, doch der ägyptische Großmeister griff danach mehrmals fehl. Vallejo Pons baute ein starkes Zentrum auf und jagte die weiße Dame, bis er sie tatsächlich eroberte.

Der Rest war ein Krimi und kostete die Beteiligten viele Nerven. Beim Stand von 3:3 sah es objektiv nach einem 4:4 aus, da David Anton Guijarro an Brett fünf klare Vorteile gegen Michael Adams hatte und Arkadij Naiditsch gegen Igor Kovalenko sogar auf Gewinn stand. Insbesondere die Partie zwischen Naiditsch und Kovalenko war nichts für schwache Nerven. Der ehemalige deutsche Nationalspieler, der für Baden-Baden schon viele Siege errungen hat, stand objektiv auf Gewinn, musste aber seinen König vor der Restarmee seines Gegners mehrmals schützen, um nicht plötzlich in einen Mattangriff zu laufen. Bei beiderseitig knapper Zeit manövrierte er seinen Monarchen vorbei an den gegnerischen Drohungen und schaffte nach fünf Stunden den vollen Punkt. Damit stand Baden-Baden als Meister fest.

Anton Guijarro verpasste in der Zwischenzeit ein forciertes Matt gegen Adams und ließ den Übergang in ein ausgeglichenes Turmendspiel zu, so dass Baden-Baden diesen tollen Kampf sogar noch gewann.

Die OSG Baden-Baden baute damit die Siegesserie, die nur von der SG Solingen in der Saison 2015/16 unterbrochen wurde, aus und gewann zum 14. Mal in 15 Jahren die Deutsche Meisterschaft.

Deizisau auf dem Podest

Die Schachfreunde Deizisau, die wie die OSG Baden-Baden von GRENKE gesponsert werden, landeten nach dem überraschend hohen 6,5:1,5 gegen Solingen auf den dritten Platz. Zdenko Kozul brachte sein Team in Führung und Deizisau führte 2,5:1,5. Danach brachen bei Solingen alle Dämme und auch gute Stellungen drehten sich zugunsten ihrer Gegner.

Sehr erfreulich aus deutscher Sicht verlief das Turnier für Vincent Keymer. Der 15-jährige Großmeister siegte auch in der letzten Partie gegen Jan Smeets und mit 5,5 Punkten aus sieben Partien verbesserte er sich um 20 Elo-Punkte!

Vincent Keymer spielte ein tolles Turnier
Vincent Keymer spielte ein tolles Turnier

Bremen und München beenden Turnier mit Sieg

Der SV Werder Bemen siegte zum Abschluss mit 5,5:2,5 gegen Berlin und landete auf dem vierten Platz. Mit diesem Resultat kann das Team von der Weser absolut zufrieden sein. Außerdem sammelten junge Spieler wie Jari Reuker, Nicolas Wachinger und Collin Colbow wertvolle Erfahrung. Bayern München ist der vierte Sieger der abschließenden Runde. Das 5,5:2,5 gegen Aachen bedeutete Platz sechs in der Endtabelle.

Tabelle Meisterschaftsturnier 2020

 Mannschaft12345678SpMPBPBW
1.OSG Baden-Baden + 5677771443182½
2.SC Viernheim + 5656771238167
3.Schachfreunde Deizisau3 + 5571033142½
4.SV Werder Bremen323 + 567829132
5.SG Solingen23 + 577627½125
6.FC Bayern München133 + 57423½111
7.SF Berlin12313 + 47116½  79
8.Aachener SV11½24 + 7113½  69


Info: Dieses Turnier war eine Zusatzveranstaltung und diente der Ermittlung des Deutschen Mannschaftsmeisters 2020, nachdem die Schachbundesliga den Spielbetrieb wegen der Corona-Pandemie unterbrach und ihn im Frühjahr 2021 fortsetzen wird. Die Teilnahme an diesem Turnier geschah nach einem Beschluss aller 16 Bundesligavereine auf freiwilliger Basis.

Partien nachspielen im Liveportal
Videos auf dem YouTube-Kanal von GRENKE Chess

Video(s): 


Über den Autor

Bild des Benutzers Georgios Souleidis

Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.