Die 3. Runde der Saison 2015/16 hielt alles bereit, was das Schachherz begehrt. Spannende Kämpfe, taktische Meisterleistungen, dramatische Wendungen und überraschende Ergebnisse. Wir schauen auf die Höhepunkte der Kämpfe an den Spielorten Hamburg, Solingen, Hockenheim und Schwäbisch Hall.
Die OSG Baden-Baden ging als hoher Favorit in den Kampf gegen den Hamburger SK und wurde ihrer Rolle größtenteils gerecht. Liviu-Dieter Nisipeanu brachte den deutschen Meister schnell in Führung und zeigte dabei gegen den Bundestrainer, warum er zurecht die deutsche Nr. 1 ist.
Rogozenco,Dorian (2526) - Nisipeanu,Liviu-Dieter (2678)
SBL Hamburger SK - OSG Baden-Baden, 12.12.2015
Stellung nach 19.g3:
19...Txf2+! 20.Dxf2 Tf8 21.Lxh7+ Kxh7 22.Dxf8 Dxc1+ 23.Kg2 Dc2+! 24.Kh3? 24.Kg1 musste geschehen, auch wenn man nicht gerne den Turm einsperrt. Es ist unklar, ob Schwarz mehr als Remis hat. 24.Df2 verliert wegen 24...Lf3+! 25.Kxf3 De4# 24...De4! 25.Tg1 Lg4+ 26.Kh4 Dg6 und da Rogozenco die Dame geben müsste, um das Matt zu verhindern, gab er auf. 0-1
Nisipeanu-Rogozenco war eine klare Sache für den Mann mit den langen Haaren
Danach glich Rasmus Svane mit einem erstaunlich glatten Schwarzsieg gegen Alexei Shirov aus, doch an den weiteren Brettern zeichnete sich ab, dass Baden-Baden nicht in Gefahr geraten wird. Etienne Bacrot gewann souverän und Jan Gustafsson sowie Radoslaw Wojtaszek hatten keine Gnade mit ihrem alten Verein. Am Ende hieß es 5,5:2,5 für die OSG.
Der parallel ausgetragene Kampf zwischen Norderstedt und Bayern München verlief äußerst spannend. Die ersten vier Bretter trennten sich recht fix remis und überließen den letzten vier Brettern die Verantwortung. Einem sei das schnelle Remis verziehen. Einen Tag nach dem Gewinn der deutschen Einzelmeisterschaft saß Klaus Bischoff schon wieder am Brett und remisierte gegenn Simon Bekker-Jensen. Herzlichen Glückwunsch zum Titel auch auf diesem Wege!
Klaus Bischoff in Aktion
Bayern verzeichnete an den letzten vier Brettern ein Eloplus, doch das sollte nicht zum Sieg ausreichen. Michael Fedorovsky besorgte zwar die Münchner Führung, doch Emil Powierski und Marta Michna gewannen für Norderstedt. Letztendlich sorgte Stefan Schneider für das gerechte 4:4.
Solingen mit Kantersieg
In einem der Spitzenkämpfe der 3. Runde setzte sich die SG Solingen überraschend deutlich mit 6,5:1,5 gegen Werder Bremen durch. Der Sieg geht in Ordnung aber nicht in dieser Höhe, denn die Bremer Spieler brachten sich teilweise selbst um. Allen voran David Smerdon, der eine gut angelegte Partie folgendermaßen verdarb.
Smeets,Jan (2617) - Smerdon,David C (2516)
SBL SG Solingen - Werder Bremen, 12.12.2015
Stellung nach 22.Sg3:
22...Lxf3! Sein Bauchgefühl täuscht Schwarz nicht. 23.gxf3?! 23.Le3! Dh4 24.gxf3 Txf3 25.Lxc5! Lxg3 26.Dxe6+ Kg7 (26...T8f7 27.De8+ Tf8 28.De6+=) 27.Ld4+ Kh6 28.Le3+ Kg7 29.Ld4+ mit Dauerschach. 23...Txf3 24.Lg2 Txg3? Das verliert. Stattdessen hatte Schwarz eine Fortsetzung in petto, die ihm forciert Vorteil gebracht hätte. 24...Sd3! 25.Txd3 Txd3 26.Lxe5 Te3! 27.Dd2 Dxe5 Wie groß der Vorteil ist, ist unklar, aber die schwarzen Schwerfiguren sind dominant postiert und der h-Bauer kommt gleich angerannt. 25.hxg3 Lxg3 26.De2 Dh4 Schwarz droht Matt, doch Weiß hat einen simplen Zug, der das verhindert. 27.Lf3!+- Lf4 28.Tc2 Tf5 Das sieht weiterhin gefährlich aus, doch es droht nichts! 29.Lxc5 Tg5+ 30.Kf1 dxc5? Danach wird Schwarz sogar matt gesetzt. 30...Te5 31.Df2 Lg3 32.Dd4 Dh3+ 33.Tg2 Txc5 34.Dg4+- 31.Dxe6+ Kg7 32.De7+ 1-0
Jan Smeets mit etwas Glück heute
Ganz bitter erwischte es auch Gerlef Meins, der nach bravourösem Kampf im Endspiel eine Springerschaukel verpasste, um den verbliebenen Bauern von Predrag Nikolic aufzuhalten. Solingen ist nach diesem Sieg sogar Tabellenführer! Punktgleich liegen die Klingenstädter mit Baden-Baden in Führung, haben aber einen halben Brettpunkt mehr auf dem Konto.
Der zweite Kampf in Solingen endete zwischen Trier und Emsdetten 4:4. Martin Zumsande sorgte für den Emsdettener Ausgleich, nachdem Mircea Parligras sein Team sehenswert in Führung gebracht hatte.
Mchedlishvili,Mikheil (2607) - Parligras,Mircea-Emilian (2584)
SBL SG Trier - SK Turm Emsdetten, 12.12.2015
Stellung nach 21.Sg3:
21...h5! Schulbuchmäßig. 22.Sxh5 22.e4 fxe4 (22...h4 23.exf5 Th6 24.Sf1 Dd6 ist chaotisch aber objektiv unklar) 23.Lxe4 Tf6 24.Dc4 (24.Sxh5?! Th6 25.Sg3 Ld6 26.Lg2 Dh4 ist besser für Schwarz) 24...Ld6 ist nur etwas besser für Schwarz. 22...Txg2+! Das funktioniert nicht, weil der Hauptverteidiger entfernt wird, sondern wegen der folgenden Pointe. 23.Kxg2 De8! 24.Db3 24.Sg3 verliert wegen 24...c5+ und die weiße Dame auf a4 hängt! 24...Dxh5 25.Dxe6+ Kf8-+ Schwarz hat zwei Läufer für Turm und zwei Bauern, aber der weiße König ist komplett ohne Schutz. 26.Dd7 La6 27.Tg1 c5 28.dxc5 Td8 29.De6 Dg4+ 30.Kh1 Lb7+ 31.c6 Df3+ 32.Tg2 Td1+ 0-1
Hockenheim hadert mit Schicksal
In einem weiteren Spitzenkampf der 3. Runde traf Hockenheim auf den SV Mülheim Nord. Die Gastgeber wollten es offensichtlich wissen und gingen mit ihrem Spitzenbrett, Evgeny Tomashevsky, favorisiert ins Rennen. Es entwickelte sich ein hochklassiger Kampf mit leichten Vorteilen für Hockenheim. Insbesondere an den letzten Brettern besaßen Tamasz Banusz und Hannes Rau Gewinnchancen, doch Daniel Hausrath und Volkmar Dinstuhl fanden Ressourcen, um die Hockenheimer zumindest so zu verwirren, dass diese ihre Partien jeweils zum Remis vergaben. Am Spitzenbrett duellierten sich Tomashevsky und David Navara. Der Tscheche führte die weißen Steine und drückte, später auch mit einem Mehrbauern, während der gesamten Partie. Letztendlich stand das folgende Turmendspiel auf dem Brett, das zeigt, wie schwer sich auch superstarke Großmeister zu fortgeschrittener Stunde tun.
Navara,David (2728) - Tomashevsky,Evgeny (2758)
SBL SV Hockenheim - SV Mülheim Nord, 12.12.2015
Stellung nach 57.Kg4:
57...Tg1+? Mit 57...h5+! 58.Kxh5 Tf1 hätte sich Schwarz sehenswert in das theoretisch remise Turmendspiel Turm plus f- und h-Bauer gegen Turm retten können. Natürlich müsste Schwarz das dann noch praktisch beweisen. 58.Kf4 Th1 59.Tb6+ Kf7 60.Tb7+! Vielleicht hatte Tomashevsky dieses Zwischenschach übersehen. Geht der König nach f6 hängt der Bauer h7, geht er nach g8, betritt der weiße König über g5 entscheidend die 6. Reihe. 1-0
Richtig bitter endete auch die Partie an Brett zwei zwischen Dennis Wagner und Daniel Fridman. Wagner stand lange besser, bis ihm die Partie entglitt und ein schwieriges Endspiel auf dem Brett stand. Nach dem 36. Zug von Schwarz gab Wagner auf oder er ließ die Zeit ablaufen. Diese Info fehlt dem Autor. So oder so, die Stellung ist am Ende höchstens etwas besser für Schwarz. Letztendlich nutzte Hockenheim der schön herausgespielte Sieg von Alexander Moiseenko an Brett drei nichts. Am Ende hieß es 4,5:3,5 für Mülheim.
Im zweiten Kampf an diesem Spielort gewann der SV Griesheim gegen Hansa Dortmund mit 5:3. Griesheim profitierte von der Tatsache, dass Dortmund mit der 2. Garnitur antrat. Zum Sieg für die Hessen trug Jean-Luc Chabanon bei, der ein schönes Mattnetz gegen Olaf Wegener strickte.
Chabanon,Jean-Luc (2472) - Wegener,Olaf (2444)
SBL SV Griesheim - SC Hansa Dortmund, 12.12.2015
Stellung nach 49...Tb1:
50.Tb8+! Kg7 51.Kh4! Der König kommt zu Hilfe. 51...Sd2 52.Tg8+ Kh6 53.Th8+ Kg7 54.Th7+! Kf8 55.Kg5 Das Matt nach 56.Th8+ nebst Te8#/g8# kann Schwarz nur durch Hergabe von Material verhindern, also 1-0.
Schwäbisch Hall macht es Solingen nach
Der SK Schwäbisch Hall feierte mit 6:2 gegen den USV TU Dresden einen überraschend hohen Sieg, denn die Teams traten nominell ungefähr gleichstark an. Der Sieg geht aber voll in Ordnung, denn die Gastgeber konterten ihre Gegner reihenweise aus. Dabei revanchierte sich VIktor Laznicka für seine letztjährige Niederlage gegen Mateusz Bartel.
Bartel,Mateusz (2623) - Laznicka,Viktor (2676)
SBL SK Schwäbisch Hall - USV TU Dresden, 12.12.2015
Stellung nach 30.g4:
Der schwarze Turm ist angegriffen. Was soll man ziehen? 31...Dd8! Eine schöne Riposte. 32.Txf4 32.gxf5 führt nach 32...Th2+ 33.Kg1 Dg5+ zum Matt. 32.Lc3 Th2+ 33.Kg1 Lc7-+ 32...Txf4 33.Dxf4 Txb2 So hat Schwarz aber "einfach" zwei Bauern mehr und gewann sicher nach 49 Zügen.
Viktor Lazncicka
Während Schwäbisch Hall nach der 3. Runde mit drei Siegen auf Platz drei rangiert, liegt Dresden mit null Punkten überraschend am Tabellenende.
Einen sehr spannenden Kampf mit vielen entschiedenen Partien lieferten sich Erfurt und Berlin. Nach etwas über sechs Stunden endete der Kampf mit 4:4. Für Erfurt war es der zweite Punktgewinn der Saison, für Berlin der erste.
Am Sonntag den 13.12. geht es ab 10 Uhr weiter mit der 4. Runde der Schachbundesliga.