Kampfbetonter Spieltag

Erstellt am: 23.11.2013
Die 3. Runde der Schachbundesliga war geprägt durch einige sehr spannende Kämpfe und eine erfreulich niedrige Remisquote. Eine Zusammenfassung der Ereignisse in Solingen, Baden-Baden, Hamburg und Mülheim.

Der SC Eppingen will es an diesem Wochenende wissen. Die Kraichgauer sind mit ihren ersten acht Brettern nach Solingen gereist, mit dem offensichtlichen Ziel alle vier Punkte mit nach Hause zu nehmen. Der Auftakt gegen die Gastgeber hätte nicht besser ausfallen können, allerdings trat Solingen ersatzgeschwächt an. Beim deutlichen 5,5:2,5 Sieg ragte im Duell zweier Weltklassespieler Pentala Harikrishna am Spitzenbrett gegen Markus Ragger heraus. Das Ende verlief folgendermaßen:

Harikrishna,Pentala (2709) - Ragger,Markus (2668)
SBL 2013/14 SG Solingen-SC Eppingen, 23.11.2013


Stellung nach 28...Se7:

Weiß hat Druck gegen c6, Druck gegen den Springer d7, der gefesselt ist, und die aktiveren Figuren. Es überrascht nicht, dass es einen sofortigen Gewinn gibt. 29.Sxe5+! fxe5 30.Tf3+ Kg8 30...Kg6 31.Td6+ Kh5 32.Ld1+- 31.Se6 La6 31...Te8 32.Sc7+- 32.Sxd8 Txd8 33.Tfd3 Aus dieser Fesselung kann sich Schwarz nicht befreien. Der Rest war für Weiß nur noch eine Sache der Technik. 33...Lc8 34.Td6 Tf8 35.Txd7 Lxd7 36.Txd7 Kf7 37.Lxc6 Ke6 38.Lb5 Ta8 39.b3 g5 40.c5 Tc8 41.Td6+ Kf7 42.c6 Tc7 43.Td7 Tc8 44.Ta7 1-0

Im parallel ausgetragenen Kampf zwischen Trier und München gab es ein wildes Hauen und Stechen mit vielen entschiedenen Partien zu bestaunen. Die Domstädter hatten letztendlich mit 5:3 das bessere Ende für sich.

Kantersiege für Baden-Baden und Hockenheim

Ein heftiger Sturm wehte über die Spieler von Griesheim und Viernheim. Zusammen holten sie für ihre Teams nur einen Punkt in Baden-Baden. Während das 7:1 der Gastgeber gegen Griesheim fast schon als erwartungsgemäß betrachtet werden darf, ist das 8:0 von Hockenheim gegen Viernheim zumindest in der Höhe etwas überraschend.

Beim Deutschen Meister glänzten einige Spieler mit schöner Angriffskunst. Das Ende der Partie Murdzia-Kasimdzhanov sieht so aus:

Murdzia,Piotr (2449) - Kasimdzhanov,Rustam (2699)
SBL 2013/14 OSG Baden-Baden - SV Griesheim, 23.11.2013


Stellung nach 25.Sb1:

Schwarz steht offensichtlich auf Gewinn und langt sofort zu. 25...Sxe3! 26.fxe3 Dg3 und Schwarz hat so viele Drohungen, dass es sofort vorbei ist. 27.Sd2 Lxh3 28.Lf1 und Weiß gab auf, z.B. wegen 28...Lh6 0-1

Hamburg und insbesondere Bremen im Glück

Sehr spannend verliefen die Kämpfe in Hamburg. Der Gastgeber setzte sich knapp gegen die SF Berlin mit 4,5:3,5 durch. Tragischer Held bei den Hauptstädtern war Hrant Melkumyan, der nach der 1. Zeitkontrolle einen "offensichtlichen" Gewinn übersah:

Melkumyan,Hrant (2634) - Kravtsiv,Martyn (2609)
SBL 2013/14 Hamburger SK-SF Berlin, 23.11.2013


Stellung nach 41...d4:

42.exd4? 42.g6+! Kh6 43.Tf8 Der schwarze König baumelt im Mattnetz. Hier verrechnete sich Weiß vielleicht in der Variante 43...dxe3+ (43...Sxf4 44.exf4 Kh5 45.Tg8+-) 44.Kf3 e2+ 45.Kg4 Tg3+ (45...Sf6+ 46.Kf5!+-) 46.Kf5!+- 42...b4 43.Tf8 43.g6+ Kh6 44.Tf8 Sxf4 45.Txf4 hätte immer noch den Springer gewonnen, doch die Sache ist hier wegen der gefährlichen schwarzen Freibauern nicht mehr so klar. 43...g6 44.Tf7+ Sg7 45.Sd5 Weiß hat noch einen kleinen Vorteil, der aber nicht zum Gewinn ausreichte, Remis nach 65 Zügen.

Der Hamburger Sieg war dennoch verdient, denn Lubomir Ftacnik verschenkte durch einen einzügigen Einsteller einen ganzen Punkt. Ein besonderer Glückwunsch geht heute an Karsten Müller. Der Bundesligaspieler des Hamburger SK und bekannte Buchautor feierte seinen 43. Geburtstag. Das schönste Geschenk bescherte er sich wohl selbst mit einem Sieg gegen Dennes Abel.

Karsten Müller rechts während der Partie gegen Dennes Abel

Der SK König Tegel schnupperte gegen Werder Bremen an einer großen Überraschung. Dank einer geschlossenen Mannschaftstleistung mit wenig Fehlern hätte es beinahe zu einem Punktgewinn gereicht. Edouard und Lichmann auf Bremer Seite sowie Drazen Muse auf Tegeler Seite setzten sich, auch dank gütiger Mithilfe ihrer Gegner, durch. Beim Stand von 4:3 für Bremen hatte Stefan Fruebing den Ausgleich auf dem Schlappen, doch der Berliner konnte ein Leichtfigurenendspiel mit Mehrbauer nicht verwerten - die Grün-Weißen kamen mit dem Schrecken davon.

Mülheim und Wattenscheid setzen sich durch

Der SV Mülheim Nord gewann gegen den SK Turm Emsdetten mit 5:3. Der Sieg hätte auch höher ausfallen können, denn Michael Feygin und Felix Levin ließen ihre Gegner noch ins Remis entwischen. Einen der spannendsten Kämpfe der Runde sahen die Zuschauer zwischen Wattenscheid und Katernberg mit gleich sieben entschiedenen Partien. Besonders nett anzuschauen sind die Siege von Evgeny Romanov (Katernberg) und Thomas Thiel (Wattenscheid), die ihre Gegner mit kompromisslosen Angriffschach zur Aufgabe zwangen. Den Big Point auf Wattenscheider Seite landete Evgenyi Najer, der mit den schwarzen Steinen am Spitzenbrett gegen Andrei Volokitin gewann:

Volokitin,Andrei (2683) - Najer,Evgeniy (2628)
SBL 2013/14 SV Wattenscheid - SF Katernberg, 23.11.2013


Stellung nach 40.Td2:

Soll Schwarz direkt auf c2 zuschlagen, oder gibt es etwas Besseres? 40...Dg1+! Sehr gut, Najer holt sich zuerst den Bauern auf h2 mit Schach und kehrt dann zurück nach e3. 40...Txc2+ 41.Dxc2 Lxc2 42.Kxc2 hätte die Angelegenheit nur unnötig kompliziert. 41.Td1 Dxh2 42.Td2 Dg1+ 43.Td1 De3+ 44.Td2 Txc2+ Jetzt schlägt Schwarz zu, der Rest ist einfach wegen des Freibauern auf der h-Linie. 45.Dxc2 Lxc2 46.Kxc2 h4 47.Td3 De4 48.Kd2 Dg2+ 49.Ke3 Kg6 50.Kf4 Df2+ 51.Tf3 Dh2+ 52.Ke4 h3 53.Le5 De2+ 54.Te3 Dg2+ 55.Tf3 h2 56.Lxh2 De2+ 57.Te3 Dxh2 0-1

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Über den Autor

Bild des Benutzers Georgios Souleidis

Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.