Hockenheim erobert Rang zwei

Erstellt am: 30.04.2017

In der Schachbundesliga ist eine weitere Entscheidung gefallen. Der SV Hockenheim schlug im Spitzenkampf der 14. Runde den SK Schwäbisch Hall mit 6:2 und ist vom zweiten Platz nicht mehr zu verdrängen. Das liegt auch am Kantersieg der OSG Baden-Baden gegen die SG Solingen. Der deutsche Meister revanchierte sich für das 4:4 in der letzten Saison und fegte die Klingenstädter mit 6,5:1,5 von den Brettern. Im Abstiegskampf schlug der FC Bayern München zurück. Nach dem 5:3 gegen DJK Aachen überholten sie die MSA Zugzwang München in der Tabelle. Des Weiteren kamen Bremen, Hamburg, Mülheim und Trier zu teilweise klaren Siegen, während sich Griesheim einen ehrenvollen Punkt gegen Dresden erkämpfte. Unter den heutigen Stimmen, die wir mit Video eingefangen haben, befindet sich auch die eines Ex-Weltmeisters.

Der SV Hockenheim (Teamfoto oben) ging insbesondere dank der Überlegenheit an den letzten Brettern als Favorit in den Kampf gegen den SK Schwäbisch Hall. Außerdem boten die Rennstädter mit Anatoly Karpov den 12. Weltmeister der Schachgeschichte und mit Evgeny Tomashevsky einen Weltklassespieler auf.

Für Karpov war es schon die neunte Partie in der Schachbundesliga für Hockenheim und auch dieses Mal blieb der inzwischen 65-jährige Russe ungeschlagen. VIktor Laznicka setzte seinen prominenten Gegner in einem Schwerfigurenendspiel dank seiner besseren Struktur enorm unter Druck, doch Karpov verteidigte sich sehr zäh und nutzte eine sich bietende Gelegenheit aus, um taktisch zurückzuschlagen. Er gewann einen Bauern, doch das entstehende Damenendspiel erwies sich als ausgeglichen. Im Anschluss analysierte Karpov die Partie mit seinem Gegner eine gute halbe Stunde vor zahlreichen Kiebitzen und zeigte, wie wichtig diese klassische Herangehensweise ist.

Anatoly Karpov und Viktor Laznicka bei der Analyse ihrer Partie | Foto: Georgios Souleidis
Anatoly Karpov und Viktor Laznicka bei der Analyse ihrer Partie | Foto: Georgios Souleidis

Der Kampf verlief sehr einseitig. Nach zwei Remis an den Brettern vier und sechs gewann Hockenheim hintereinander an den Brettern zwei, drei, sieben und acht. David Baramidze und Arik Braun erwiesen sich mit 17,5 aus 22 als Bank an den hinteren Brettern in dieser Saison.

Die größte Aufmerksamkeit erregte in der 14. Runde die Aufstellung der OSG Baden-Baden. Offensichtlich wollte man Solingen dafür "abstrafen", dass sie es letztes Jahr gewagt hatten ihnen den Titel wegzuschnappen. Mit Fabiano Caruana, Maxime-Vachier Lagrave, Levon Aronian und Viswanathan Anand bot der deutsche Meister vier TopTen-Spieler der Weltrangliste auf. Dementsprechend chancenlos war Solingen. Es stand 5:0, bevor Predrag Nikolic gegen Rustam Kasimdzhanov gewann. Am Ende hieß es 6,5:1,5 für Baden-Baden.

Sehr gut gelaunt äußerte sich im Anschluss Vishy Anand, der Erwin L´Ami schwungvoll besiegte.

Abstiegkampf neu entfacht

Im Kampf um den Klassenerhalt konnte der FC Bayern München zurückschlagen. Nach der Niederlage gegen MSA Zugzwang München gewannen die Bajuwaren gegen den DJK Aachen mit 5:3 und liegen jetzt wieder vor ihrem Reisepartner in der Tabelle. Der Sieg kam indes etwas glücklich zu Stande. Ilja Zaragatski stand gegen Alexander Belezky auf Gewinn, ließ aber seine Zeit vor Ausführung des 40. Zuges ablaufen und verlor. Hinzu kam, dass Nicola Capone gegen Peter Meister ein gewonnenes Endspiel noch zum Remis verdaddelte. Den Münchenern, die nach dem Sieg von Stefan Schneider erstmal "abklatschten", wirds natürlich schnuppe sein, denn jetzt haben sie sieben Punkte auf dem Konto und liegen vor MSA Zugzwang München, die nach dem 2:6 gegen Trier mit sechs Zählern auf Platz 13 liegen.

Stefan Schneider | Foto: Georgios Souleidis
Stefan Schneider | Foto: Georgios Souleidis

Minimale Chancen auf den Klassenerhalt hat noch der SV Griesheim mit fünf Punkten. Die Hessen boten dem USV TU Dresden erstaunlich viel Paroli und erkämpften sich ein 4:4. Der guten Stimmung bei den Sachsen wird es keinen Abbruch tun, denn Roven Vogel gelang nach dem Remis gegen Marcin Tazbir seine erste GM-Norm. Diese ist Ausdruck einer insbesondere für die jungen Dresdner Spieler sehr gut verlaufenen Saison. Der 16-jährige IM äußerte sich anschließend zu seinem Erfolg.

Fünf Punkte hat auch die SG Speyer-Schwegenheim auf dem Konto. Der Aufsteiger aus der 2. Bundesliga Süd verlor gegen den SV Mülheim Nord mit 3:5 und liegt auf Platz 14 der Tabelle. In der letzten Runde wartet mit Solingen aber ein nominell deutlich stärkerer Gegner, so dass die Hoffnungen Bayern noch zu überholen, sich in Grenzen halten dürften.

Als erste Mannschaft ist der SK König Tegel abgestiegen. Nach dem 2:6 gegen den Hamburger SK gibt es auch theoretisch nicht mehr möglich sportlich die Klasse zu halten. Aus den Reihen der Hamburger Mannschaft stellte sich Niclas Huschenbeth, der gegen die Berliner pausierte, einigen Fragen im Interview. Der 25-jährige Großmeister spricht über seine starke Saison und seine Ambitionen für die Zukunft.

Der SV Werder Bremen ist auf gutem Wege die Saison mit drei Siegen abzuschließen. Nach dem 4,5:3,5 gegen Hamburg folgte ein 5,5:2,5 gegen die SF Berlin und in der letzten Runde wartet der SK König Tegel auf die "Grün-Weißen". Eine ordentliche Saison spielt Matthias Blübaum, der durch seinen Auftritt bei der GRENKE Chess Classic erste Erfahrung bei einem Superturnier sammelte. Grund genug, um ihn zum Videointerview zu bitten.

Schwäbisch Hall souverän bei den Frauen

Der SK Schwäbisch Hall verpasste zwar die Vize-Meisterschaft bei den Männern, doch die Frauen sind auf bestem Wege für einen perfekten Saisonabschluss zu sorgen. Obwohl Petra Papp und Jovana Rapport etwas glücklich zum Remis kamen, stand am Ende ein soueräner Sieg mit 5:1 gegen Augsburg zu Buche. Chancen auf den Klassenerhalt darf sich wieder Tura Harksheide ausrechnen. Die jungen Mädels aus dem Norden besiegten Medizin Erfurt mit 5,5:0,5 und haben es fast in eigener Hand den letzten Schritt selbst zu gehen. Dafür fehlt ein Sieg gegen den SK Lehrte, um Erfurt, die gegen Hamburg antreten, noch zu überholen.

My Linh Tran gewann für Tura Harksheide | Foto: Georgios Souleidis
My Linh Tran gewann für Tura Harksheide | Foto: Georgios Souleidis

Abschließend haben wir noch eine "neutrale" Stimme zur zentralen Endrunde in Berlin eingefangen. Großmeister Sebastian Siebrecht weilte vor Ort und äußerte sich unter anderem über seine Aktivitäten als Schachpromoter.

Offizielle Webseite zentrale Endrunde der Schachbundesligen in Berlin
Alle Partien der SBL auf dem Liveportal nachspielen
Alle Partien der FBL während der zentralen Endrunde nachspielen
Kreuztabelle der SBL nach 14 Runden
Kreuztabelle der FBL nach 11 Runden

Fotos zentrale Endrunde Klaus Steffan
Fotos zentrale Endrunde von Theo Heinze

Veranstaltungsprogramm zentrale Endrunde der Schachbundesligen in Berlin

Die Videos während der zentralen Endrunde werden in Zusammenarbeit mit ChessBase erstellt. Für die Liveübertragung der Partien im Liveportal zeichnet chess24 verantwortlich. Die Großmeister Jan Gustafsson und Pepe Cuenca Jimenez kommentieren die Partien live in englischer Sprache. Vor Ort kommentiert Großmeister Klaus Bischoff die Partien in deutscher Sprache.



Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.