Hamburg schlägt Hockenheim

Erstellt am: 02.02.2019

Die siebte Runde der Schachbundesliga verlief sehr spannend. Nur Bremen gewann sicher gegen Zugzwang München, aber die anderen Paarungen brachten nur knappe Sieger und zwei Unentschieden hervor. Die größte Überraschung glückte dem Hamburger SK, der den SV Hockenheim mit 4,5:3,5 besiegte.

Nordteams überraschen

Der Hamburger SK sorgte für die Überraschung der siebten Runde. Zu Hause empfing der HSK den SV Hockenheim und schon früh zeigte sich, dass es ein enges Match wird, obwohl Hockenheim an jedem Brett mit Elo-Vorteil an den Start ging. Jonathan Carlstedt sorgte für die Führung der Gastgeber. Gegen Dennis Wagner packte er das Londoner System aus und schwächte die Bauernstruktur des Gegners. Im damenlosen Mittelspiel geriet ein schwarzer Turm auf Abwegen und nach einigen Ungenauigkeiten verlor Wagner gleich zwei Bauer. Der Hockenheimer sah keinen Grund zum Weiterspielen und gab nach 32 Zügen auf.

Carlstedt gegen Wagner vor Beginn der Partie | Foto: Georgios Souleidis
Carlstedt gegen Wagner vor Beginn der Partie | Foto: Georgios Souleidis

Luis Engel erhöhte sogar zum zwischenzeitlichen 3:1. In einer Italienischen Partie, in der es im Mittelspiel, wie so häufig, nach nichts aussah, entschied ein einziger Fehler zugunsten der Hamburger Nachwuchshoffnung. David Baramidze stellte im 23. Zug seinen Turm auf das falsche Feld, wonach Engel sehenswert einen Bauern gewann. Im Doppelturmendspiel zeigte Engel gute Technik und verwertete seinen Vorteil sicher zum vollen Punkt.

Luis Engel | Foto: Georgios Souleidis
Luis Engel | Foto: Georgios Souleidis

Es sollte aber nochmal spannend werden, denn Hockenheim hatte an einigen Brettern Vorteil. Ruslan Ponomariov verkürzte dementsprechend durch einen Sieg gegen Niclas Huschenbeth. Beim Stand von 4:3 für Hamburg versuchte Ivan Saric in einem Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern seinen Mehrbauer zu verwerten, doch Rasmus Svane verteidigte sich umsichtig und sicherte den Gastgebern den Sieg.

Damit erlitt Hockenheim im Kampf um den Titel eine empfindliche Niederlage. Neben Hamburg freut sich natürlich Baden-Baden, das in der siebten Runde wegen des Rückzuges von DJK Aachen spielfrei war.

Im parallel ausgetragenen Kampf gab es ebenfalls eine Überraschung, denn der SC Viernheim kam gegen die SG Turm Kiel nicht über ein 4:4 hinaus. Zwar brachte Igor Kovalenko durch einen sicher herausgespielten Sieg gegen Jonny Hector den Favorit in Führung, doch Zbigniew Pakleza glich für Kiel postwendend aus. Der polnische Großmeister nutzte die löchrige Königsstellung von Thal Abergel aus, um in dessen Stellung entscheidend einzudringen. Ein kleines Drama spielte sich an Brett acht ab. Josefine Heinemann befand sich gegen Filip Boe Olsen auf der Siegerstrasse, ließ sich ber vom jungen Dänen am Königsflügel überrumpeln. Zum Glück für die Viernheimer konnte Vladimir Malakhov durch gute Technik seine Partie gegen Ivan Lopez Salgado am Spitzenbrett drehen und im Turmendspiel gewinnen.

Vladimir Malakhov | Foto: Georgios Souleidis
Vladimir Malakhov | Foto: Georgios Souleidis

Augsburg erkämpft sich Punkt

In Bremen finden an diesem Wochenende die Kämpfe im Weserstadion statt, eine der schönsten Kulissen in der SBL. Werder ging gegen MSA Zugzwang München als großer Favorit ins Rennen und hatte als einziges Team in der siebten Runde keine Probleme seiner Rolle gerecht zu werden. Von Beginn an war es ein Spiel auf ein Tor und das 7:1 spricht Bände. Einzig Leon Mons am Spitzenbrett und Christoph Eichler konnten für München jeweils einen halben Punkt ergattern.

Deutlich spannender verlief der Kampf zwischen dem SV Mülheim Nord und BCA Augsburg. Mülheim ging leicht favorisiert ins Rennen und durch Daniel Fridman in Führung. Der deutsche Nationalspieler zeigte sich in einer wilden Katalanischen Partie gegen Peter Arnaudov besser präpariert und gewann mit Schwarz schon nach 26 Zügen. Nach mehreren Remis stand es 3,5:2,5 für Mülheim, bevor Nikola Nestorovic durch einen Sieg gegen Liam Vrolijk ausglich. Die letzte Partie zwischen Thomas Beerdsen und Eduardas Rozentalis wog hin und her, bevor sich die Kontrahenten nach 61 Zügen remis einigten.

Erwin L´Ami mit Big Point für Solingen

Einer der spannendsten Kämpfe der Runde fand in Düsseldorf zwischen der SG Solingen und den SF Berlin statt. Jacek Tomczak brachte die Haupstädter in Führung. Der polnische Großmeister goß gegen Loek van Wely in einer scharfen Najdorf-Partie mit einem Figurenopfer mächtig Öl ins Feuer und nachdem van Wely mit seinem König in der Brettmitte verblieb, konnte er auf Dauer die Drohungen gegen seinen Monarchen nicht abwehren. Borki Predojevic nutzte danach seine aktivere Stellung gegen Peter Schreiner, um den Ausgleich für Solingen zu besorgen.

Das Drama spielte sich letztendlich an Brett vier ab. Hier schaffte es Erwin L´Ami in einem Damenendspiel mit einem entfernten Freibauern den Siegtreffer für die Klingenstädter zu erzielen. Gegen Jan-Michael Sprenger benötigte er 97 Züge, von denen zahlreiche mit seinem über das gesamte Brett wandernden König waren.

Die Matchwinner für Solingen; L´Ami und Predojevic im Vordergrund | Foto: Guido Giotta
Die Matchwinner für Solingen; L´Ami und Predojevic im Vordergrund | Foto: Guido Giotta

Der Düsseldorfer SK hielt zu Hause gegen den USV TU Dresden gut mit, doch der Favorit setzte sich mit 5:3 durch. Nach zwei Remis brachte Uwe Bönsch den Gast in Führung, bevor Jan Timman für den Ausgleich sorgte. Die restlichen Partien verhießen nichts Gutes für Düsseldorf, denn Raj Tischbierek und Jakov Loxine standen an den hinteren Brettern glatt auf Gewinn. Sie nutzten ihre Chancen und sicherten Dresden den Sieg.

Deizisau mit Pflichtsieg

In Hofheim fand wegen des Rückzuges von DJK Aachen nur ein Kampf statt. Der Gastgeber hielt gegen den klaren Favoriten aus Deizisau gut mit, doch letztendlich setzte sich der Gast mit 5:3 durch. Vincent Keymer brachte Deizisau schnell in Führung. Gegen Gennadi Ginsburg gewann er dank eines klassischen und immerschönen Motivs entscheidend Material im Mittelspiel, wonach die Partie nicht mehr lange dauerte. Boris Margolin gelang der Ausgleich für Hofheim. Er nutzte die positionell fragwürdige Herangehensweise von Zdenko Kozul aus, um mit simplen Mitteln den schwarzen Königsflügel zu überrennen. Letztendlich setzte sich der Favorit aber durch, insbesondere weil Andreas Heimann gegen Davit Lobzhanidze sicher gewann.

Am Sonntag geht es weiter mit der achten Runde der SBL. Baden-Baden verteidigt die Tabellenführung in Hofheim, während Hamburg versuchen wird, nach dem Sieg gegen Hockenheim gegen Viernheim den zweiten Coup hintereinander zu landen. Im Kampf um den Klassenerhalt verspricht das Duell zwischen Berlin und Düsseldrof Spannung.

Einzelergebnisse der siebten Runde
Kreuztabelle nach sieben Runden
Alle Partien nachspielen auf dem Liveportal



Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.