Die Münchner Schachakademie siegt im Abstiegskrimi

Erstellt am: 30.04.2018

Am dritten Tag der zentralen Endrunde in Berlin stand die Jugend im Vordergrund. Neben den Kämpfen der SBL durfte die Jugendbundesliga Nord Ost ihre Kämpfe im gleichen Raum ausrichten. Das sorgte für ein schönes und nachahmenswertes Ambiente, das die jungen Spieler mit Sicherheit beflügelte.

Jugendbundesliga Nord Ost | Foto: Georgios Souleidis
Jugendbundesliga Nord Ost | Foto: Georgios Souleidis

Nur wenige Kämpfe der Reisepartner versprachen vor Beginn der 14. Runde der SBL Spannung, denn viele Mannschaften traten mit einem B-Team an, um auch den Spielern aus dem hinteren Teil ihres Kaders Spielpraxis zu geben. In gleich sechs Kämpfen hatte eine Mannschaft an allen Brettern Elo-Vorteil. Fünf von ihnen gelang dementsprechend ein glatter Sieg.

Zahlreiche Kantersiege

Im Kampf um die Spitze an der Tabelle gab es bezüglich des Spannungsbogens eine Ruhepause für die Fans. Die OSG Baden-Baden siegte mit 7,5:0,5 gegen die SG Speyer-Schwegenheim. Das war auch in der Höhe so zu erwarten, denn der Abstiegskandidat verzichtete im Vergleich zum Vortag auf alle seine lettischen Spieler, von denen zumindest zwei wegen der lettischen Einzelmeisterschaft wieder nach Hause flogen. Erfreulicherweise gelang aber dem Jugendbrett Denis Mager ein ehrenvolles Remis gegen Jan Gustafsson. Mit mehr Mut hätte der junge Mann das bessere Endspiel zum Schluss auch "weiterkneten" und mit mehr Können vorher sogar gewinnen können.

Denis Mager | Foto: Georgios Souleidis
Denis Mager | Foto: Georgios Souleidis

Auf Seiten des Titelfavoriten gelang Levon Aronian gegen Mikhaylo Oleksiyenko ein voller Punkt. Im Anschluss beantwortete der armenische Großmeister die Fragen von Macauley Peterson.

 

 

Die SG Solingen musste mit dem DJK Aachen einen deutlich stärkeren Gegner aus dem Weg räumen und das gelang den Klingenstädtern mit Bravour. Benjamin Bok brachte den Favorit in Führung und Harikrishna Pentala erhöhte durch einen Sieg am immer wichtigen Spitzenbrett gegen den starken Jorden van Foreest. Der indische Großmeister verriet im Anschluss, dass er die Feinheiten der Italienischen Partie eigentlich bis jetzt noch gar nicht so richtig verstanden hat.

 

 

Den Endstand zum 5,5:2,5 besorgte Borki Predojevic, der gegen Ilja Zaragatski das bessere Turmendspiel zum Sieg führte.

Werder Bremen und der SV Hockenheim kämpfen um Platz drei in der Tabelle. Nach ihren sicheren Siegen mit jeweils 6:2 haben die Rennstädter vor der letzten Runde mit einem halben Brettpunkt Vorsprung und dem leichteren Gegner zum Abschluss die besseren Karten. Bremen beendete seinen Kampf gegen den mit seiner zweiten Garnitur angetretenen SV Mülheim Nord schon nach etwas mehr als vier Stunden. Nach Siegen von Jan Werle, Vlastimil Babula, Tomi Nyback und Romain Edouard stand es 5:1 für Bremen, bevor Mees van Osch der Ehrentreffer für Mülheim gelang. Den Schlusspunkt setzte wiederum Spartak Grigorian mit seinem Sieg am Jugendbrett gegen Valentin Buckels.

Hockenheim musste gegen Hofheim mehr Widerstand brechen. Nach Siegen von Rainer Buhmann, David Baramidze und Arik Braun stand es lange 4:1, bevor Thore Perske ein toller Sieg gegen den nominell deutlich höher eingeschätzten Spitzengroßmeister David Howell gelang. Dennis Wagner schlug auf Seiten der Hockenheimer wieder zu, bevor Ivan Saric in der längsten Partie des Tages nach knapp sieben Stunden Boris Margolin in einem ausgeglichenen Endspiel noch übertölpelte.

Thore Perske | Foto: Georgios Souleidis
Thore Perske | Foto: Georgios Souleidis

Abstiegskampf pur

Der Hamburger SK hat im Schlussspurt den Klassenerhalt geschafft. Nach dem 6,5:1,5 gegen den SK Norderstedt kann der Bundesliga-Dino auch theoretisch nicht mehr absteigen, da neben zehn Mannschaftspunkten auch starke 56 Brettpunkte auf der Habenseite verbucht sind. Der Kampf gegen den Reisepartner bot einige sehr spannende und taktisch hochinteressante Duelle. Jonathan Carlstedt brachte den HSK in Führung, bevor Nils Grandelius und Niclas Huschenbeth auf 3,5:0,5 erhöhten.

Dem schwedischen Großmeister gelang gegen Michal Olszewski in einer Najdorf-Partie nach einer Reihe von taktischen Schlägen der erste Saisonsieg, den er im Interview kommentierte.

 

 

Thies Heinemann und Rasmus Svane setzten mit ihren Siegen die letzten Rufzeichen in einem letztendlich einseitigen Kampf.

Der Kampf des Tages fand zweifellos zwischen Bayern München und MSA Zugzwang München statt. Bayern ging leicht favorisiert in den Kampf und mit drei Remis an drei Schwarzbrettern begann es vielversprechend. Der Teamchef Jörg Wengler haderte beim Stand von 2:2 trotzdem mit dem Schicksal, denn Zoltan Ribli hatte eine Gewinnstellung gegen Christiann Schramm vergeben.

Zoltan Ribli | Foto: Georgios Souleidis
Zoltan Ribli | Foto: Georgios Souleidis

Dann brachte Gerald Hertneck Zugzwang München in Führung. In einer lange ausgeglichenen Partie verlor Christian Gabriel im Endspiel den Faden und überließ Hertneck einen zu starken Freibauern auf der b-Linie. Makan Rafiee, der eine starke Saison für Bayern spielt, gelang am achten Brett durch einen Sieg gegen Markus Lammers der Ausgleichstreffer.

Gerald Hertneck | Foto: Georgios Souleidis
Gerald Hertneck | Foto: Georgios Souleidis

Beim Stand von 3,5:3,5 lief nur noch die Partie zwischen Robert Zysk und Philip Lindgren an Brett fünf. Nach einem zähen Verlauf häufte der deutsche Spieler positionelle Vorteile an und eroberte im Endspiel sogar einen Bauern. Es stand allerdings kaum noch Material auf dem Brett, doch in knapper Zeit drang Zysk mit seiner verbliebenen Mini-Armee in das schwarze Lager und setzte den gegnerischen König sogar matt.

Sofort im Anschluss zeigte sich der Gewinner noch leicht euphorisiert von seinem Big Point, der der Münchner Schachakademie den knappen Sieg im Derby und gute Chancen auf den Klassenerhalt sicherte.

 

 

Dresden erkämpft sich Punkt

Der USV TU Dresden ging gegen die SF Berlin an jedem Brett mit Elo-Nachteil in den Kampf, holte aber einen Punkt und festigte damit den guten sechsten Platz in der Tabelle. Grzegorz Gajewski siegte im innerpolnischen Duell am Spitzenbrett gegen Kacper Piorun, bevor Alexander Mista den Ausgleich besorgte. Raj Tischbierek brachte Dresden wieder in Führung, doch Arnd Lauber konnte den Gastgebern wenigstens einen Punkt retten.

Raj Tischbierek | Foto: Georgios Souleidis
Raj Tischbierek | Foto: Georgios Souleidis

Die SF Deizisau starteten als Favorit gegen den SK Schwäbisch Hall und mühten sich zu einem 4,5:3,5. Nach drei Remis brachte Maxime Lagarde den Aufsteiger aus der 2. Bundesliga Süd in Führung. Viktor Laznicka schlug auf Seiten der "Haller" zurück, bevor Philipp Schlosser an Brett acht für Deizisau gewann. Sehr sehenswert und hochklassig war in diesem Kampf übringens die Partie zwischen Ernesto Inarkiev und Peter Leko am Spitzenbrett.

Einzelergebnisse der 14. Runde
Kreuztabelle nach der 14. Runde
Alle Partien nachspielen auf dem Liveportal

Webseite zentrale Endrunde Berlin

Die 15. und letzte Runde der Saison 2017/18 startet am 1. Mai ab 10 Uhr. Der wichtigste Kampf findet zweifellos zwischen der SG Solingen und den SF Deizisau statt. Kann Solingen auch dieses Duell gewinnen und einen Stichkampf gegen die OSG Baden-Baden, die mit Hofheim eine Pflichtaufgabe erfüllen muss, forcieren? Im Abstiegskampf gibt es zwei wichtige Duelle. Die MSA Zugzwang München startet leicht favorisiert gegen den SK Norderstedt und braucht ein bis zwei Punkte, um die Klasse zu halten. Bayern geht als Außenseiter gegen den Hamburger SK ins Rennen und Speyer-Schwegenheim bräuchte gegen Hockenheim ein kleines Wunder, um zu punkten.

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Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.