Am Spielort Katernberg traf der Gastgeber auf den Wiesbadener SV, während es Mülheim-Nord mit dem SV Griesheim zu tun bekam. Zum Kampf der beiden letztgenannten gibt es nicht viel zu schreiben. Zu klar waren die Leistungsunterschiede, die sich in ein 6:2 für Mülheim manifestierten. Die Hessen spielen deutlich unter Erwartung und nehmen bei weitem nicht die Rolle ein wie vor zwei Jahren, als sie nach einem dramatischen Finale und einem verlorenen Stichkampf gegen Berlin den Gang in die 2. Bundesliga antreten mussten. Die Leistung in dieser Saison hat auch was gutes - die Nerven der Vereinsverantwortlichen werden geschont.
Im Kampf zwischen Katernberg und Wiesbaden war der Gastgeber nominell leicht favorisiert, doch für den zweiten Aufsteiger aus Hessen läuft es einfach wie geschmiert. Obwohl Igor Khenkin am Spitzenbrett, fast schon in typischer Manier, mit Weiß das Remis sicherte und Igor Kurnosov an Brett zwei nach überragenden 5,5, aus 6 seine erste Saisonniederlage einsteckte, gewann Wiesbaden mit 4,5:3,5. Ich kann unmöglich behaupten, dass mich die Siege von Tazbir, Poetsch oder Carlstedt vom Hocker hauen, denn sie kamen teilweise mit gehörigem Zutun der Essener zustande und insbesondere Sebastian Siebrechts Aussetzer im 36. Zug wird meine Gurkenrubrik bereichern.
Apropos Siebrecht. Zusammen mit seinem Mannschaftskollegen Klaus Bischoff bildet er inzwischen das Deutsche Schachkommentatoren-Duo. Nach dem Sparkassen Chess-Meeting, bei dem sie in den letzten Jahren gemeinsam aktiv waren, werden die beiden beim GRENKE Chess Classic die Zuschauer vor Ort unterhalten. Alle Schachfans, die in und rund um Baden-Baden leben, sollten auf jeden Fall vorbeikommen. Es wird viel geboten. So wird es nach jeder Runde einige der Spieler hautnah zu erleben geben bei Interviews und Analysen. Nebenbei bemerkt, ich werde auch da und mitverantwortlich für die Berichterstattung sein. Gut, dass ist kein Grund zu kommen, aber ich wollte es anmerken.
Am Spielort Emsdetten gab es zwei kleine Überraschungen. Der Gastgeber trotze dem SC Eppingen ein 4:4 ab und das Nachspielen der Partien verrät, dass es verdient war. Mikheil Mchedlishvili glich in der längsten Partie des Tages mit einem Sieg gegen Pentala Harikrishna die Niederlage von Wouter Spoelman gegen Ferenc Berkes aus. Als Überraschung darf auch der Sieg des SV Hockenheim gegen Werder Bremen eingestuft werden, da die Werderaner leicht favorisiert ins Match gingen. Beim Sieg mit 5:3 gefiel mir insbesondere die Leistung von Luka Lenic an Brett zwei gegen Zahar Efimenko.
Efimenko,Zahar (2689) - Lenic,Luka (2633)
SBL 2012/13 Werder Bremen - SV Hockenheim, 02.02.2013
Stellung nach 18.Sg3:
Es gefällt mir, wie Schwarz in der Folge auf beiden Flügeln spielt und langsam aber sicher Schwächen provoziert. Weiß fällt dagegen wenig ein. 18…h5 19.Te3 h4 20.Se2 a5 21.c4 Df6 22.Sc3 h3 23.g3 Le6 24.De2 a4 25.Td1 De5
Wie wir sehen, hat Schwarz schon deutliche Fortschritte erzielt. Der Bauernvorstoß auf der h-Linie hat weißfeldrige Schwächen hervorgerufen und konkret hängt …Dc5 in der Luft. 26.f4? Weiß möchte aktiv werden, aber das ist eine empfindliche Schwächung. 26.Dc2 mit Angriff auf den Bauern a4 könnte gerade noch das Gleichgewicht halten. 26…Dc5 Der Bauer c4 geht verloren, da 27…Lg4 droht und Weiß keine Zeit hat, um so etwas wie 26.b3 zu spielen. 27.Df2 Lg4 28.Tde1 Dxc4 29.f5 Dd4 30.Kf1 Dc4+ 31.Kg1 Dd4 32.Kf1 Ta5 33.Df4 gxf5 34.Dg5+ Kf8 35.e5 Taxe5 36.Dh6+ Kg8 37.Dg5+ Kf8 38.Dh6+ Kg8 39.Dg5+ Kh7 40.Df6
40…Txe3! Die Stellung ist auch nach anderen Zügen gewonnen, aber das ist am überzeugendsten und ästhetisch. 41.Dxd4 Txe1+ 42.Kf2 Kg6 43.Da7 Th1 44.Dxc7 Txh2+ 45.Kf1 Td2 0-1
In Berlin traten die Schachfreunde gegen Baden-Baden und die SG Trier gegen den SC Forchheim an. Arkadij Naiditsch, der - Glückwunsch auch von dieser Seite aus - die B-Gruppe in Wijk aan Zee gewann, sorgte für den deutschen Meister mal wieder für einen vollen Punkt.
Naiditsch,Arkadij (2704) - Antoniewski,Rafal (2552)
SBL 2012/13 SF Berlin - OSG Baden-Baden, 02.02.2013
Stellung nach 23.Sxc3:
23…La6? Schwarz lässt sich zu konkreten Handlungen hinreißen, die im Endeffekt zu Materialverlust für ihn führen. 24.Sxa4 Lxc4 24…Sxa4 25.Dxa4 Tdc8 26.Tc1 Sa5 27.e5 d5 28.cxd5 Lxf1 29.d6± 25.Dxc4 Txa4
26.Db5! Ob Schwarz das in der Berechnung übersehen hat? Die Partie ist hier schon vorbei, 1-0 nach 33 Zügen.
Hiernach verlief das Match aber erstaunlich ausgeglichen und Berlin schnupperte sogar an der Sensation. Dennes Abel stand gegen Liviu Dieter Nisipeanu glatt auf Gewinn und Stephan Berndt gab in Zeitnot, nachdem er einen Bauerngewinn ausließ, gegen Jan Gustafsson zu bereitwillig ein Remis. Dass Martin Krämer am Ende ein ausgeglichenes Endspiel gegen Etienne Bacrot verlor, sorgt höchstens für persönliche Trauer. Beim 5:3 für Baden-Baden kam übrigens zum ersten Mal in dieser Saison Levon Aronian zum Einsatz. Der Armenier, mit Wohnsitz in der deutschen Hauptstadt, bekam es mit seinem Freund Hrant Melkumyan zu tun. Die beiden zeigten, dass man auch unter Kollegen eine Partie ausspielen kann - vorbildlich.
Die SG Trier gewann gegen den SC Forchheim erwartungsgemäß mit 6,5:1,5. Der Kampf bot einige verrückte Partien mit zahlreichen Opfern und Königsattacken, die zum Nachspielen auf dem Liveportal einladen. Wer eher einen positionellen Sieg genießen möchte, dem empfehle ich die Partie an Brett eins. Dort zeigte Viktor Erdos gegen Michael Prusikin, wie man seinen Entwicklungsvorsprung gekonnt ausnutzt.
Letztendlich wurde auch in Solingen gespielt. Der Sieg mit 5,5:2,5 der Gastgeber über den Hamburger SK fällt unter der Rubrik “standesgemäß”. Für die Norddeutschen gab es aber einen Lichtblick, denn Rasmus Svane sammelte seinen zweiten Großmeister-Skalp in der Schachbundeliga. Nachdem er zu Beginn der Saison Rustam Kasimdzhanov besiegte, war dieses Mal Gawain Jones sein Opfer und da uns die Jugend am Herzen liegt, gönnen wir dem jungen Mann ein paar Diagramme.
Svane,Rasmus (2394) - Jones,Gawain (2641)
SBL 2012/13 SG Solingen - Hamburger SK, 02.02.2013
Stellung nach 22…b5:
Die Strukturen eines Königsinders sind erkennbar. 23.f4! Vielleicht verdient dieser Zug sogar zwei Rufzeichen. Weiß wird nicht einfach nur aktiv, er muss die taktischen Konsequenzen sehr gut berechnet haben. 23…b4? Möchte die Dame von der Diagonale c3-h8 vertreiben, treibt sie im Endeffekt aber nur auf ein besseres Feld. 23…exf4 24.Sxf4 Lxf4 25.Lxf6+ Dxf6 26.Dxf6+ Kxf6 27.Txf4+ Kg5 (27…Kg7 28.Txf7+ Kxf7 29.Txh8±) 28.Txh8 Sxh8 29.Tf8 Sd7 30.Txh8 Kxg4 empfinde ich nicht als klar.
23…Sd7 und “Halten” war wohl am zähesten. 24.Dg3 exf4 24…Sd7? 25.g5+- 25.Sxf4 Lxf4 25…g5 26.Sh5+ Kf8 27.Txf6 gxh4 28.Df2!+- 26.Dxf4 Txh4 26…g5 27.Lxg5! Sxg5 28.Txh8 Kxh8 29.e5! und die Öffnung der Diagonale ist wie in der Partie tödlich. 27.Txh4 g5
28.Th7+!+- Also, wenn Weiß das alles im Voraus gesehen hat, Chapeau! 28…Kxh7 29.e5+ Der Rest läuft wie am Schnürchen. Das wird bestimmt Eingang finden in Taktikbücher. 29…Kg8 30.Dh2 dxe5 31.Lg6 Ta7 32.Se4 f5 33.Dh7+ Kf8 34.Lxf7 Txf7 35.Dh8+ Ke7 36.Dxe5+ Kf8 37.Dh8+ Ke7 38.d6+ Kd7 39.Sxc5+ 1-0
Im zweiten Kampf gewann der SV Wattenscheid ebenfalls “standesgemäß” mit 6,5:1,5 gegen den SK Norderstedt. Fast schon tragisch verlief hier die Partie zwischen Viktor Polischuk gegen Sebastian Bogner. Polischuk hatte einfach einen Läufer mehr, aber anstatt den Sieg nach Hause zu fahren, stellte er diesen einzügig ein.
Dieser Artikel erschien im Original an dieser Stelle und wird hier etwas verkürzt wiedergegeben.