Bremen und Hamburg überraschen

Erstellt am: 16.03.2013

In der 11. Runde gab es neben drei klaren Siegen fünf spannende Begegnungen, aus denen Bremen und Hamburg als überraschende Sieger hervorgingen. Eine Zusammenfassung der Ereignisse an den Spielorten Baden-Baden, Solingen, Hamburg und Mülheim.

Die OSG Baden-Baden bleibt das Maß aller Dinge in der Schachbundesliga. Vor heimischer Kulisse leistete der Wiesbadener SV Kaum Gegenwehr und verlor gegen den deutschen Meister mit 1:7. Baden-Baden ist auf dem Weg mit 30:0 Punkten die Meisterschaft zu gewinnen - ein Kunststück, das gleichzeitig einen Vereinsrekord aufstellen würde. Also, falls das Team noch eine Motivation braucht für die letzten Kämpfe, das wäre eine.

Im parallel ausgetragenen Kampf im Kulturhaus LA8 schnupperte der SV Griesheim, obwohl der Tabellenletzte durch das Freilassen des 2. Brettes mit einer Null startete, gegen die SG Trier an einer Überraschung. Bogdan Grabarczyk und Werner Hahn besiegten ihre deutlich höher eingeschätzten Gegner, doch Trier gewann ebenfalls zwei Partien, so dass letztendlich ein 4,5:3,5 für Domstädter zu Buche stand. Miklos Galyas dürfte sich über seinen abschließenden Zug besonders gefreut haben:

Diaz,Joaquin (2176) - Galyas,Miklos (2423)
SBL 2012/13 SG Trier-SV Griesheim, 16.03.2013


Stellung nach 31.Tb1:

Mit welchem taktischen Schlag sichert sich Schwarz Vorteil? 31...Sxe5! Und auf 32.Txa1 32.dxe5? Dxb4-+ 32...Sd3! 33.Db1 Dxf2+ 34.Kh1 Dxe3 mit auf Dauer nicht zu verteidigender Stellung hatte Weiß keine Lust. 0-1

Bremen überrascht Solingen

Wie so häufig in der Vergangenheit bewies Werder Bremen, welch unberechenbares Team es ist. In Solingen gewannen die Hansestädter gegen den Gastgeber, der bärenstark angetreten war, mit 4,5:3,5. Laurent Fressinet und Matthias Bluebaum drehten beim Stande von 2,5:3,5 den Kampf zugunsten ihres Teams. Der Youngster zeigte dabei eine sehr starke Leistung gegen Predrag Nikolic.

Bluebaum,Matthias (2433) - Nikolic,Predrag (2638)
SBL 2012/13 SG Solingen-Werder Bremen, 16.03.2013


Stellung nach 38.Sxf5:

38...gxf5!? Eine interessante Entscheidung. Schwarz gibt einen Bauern und hofft durch die Öffnung der g-Linie auf Gegenspiel. 38...exf5 39.De3 Tfe8 war sicherer, auch wenn Weiß nach 40.h5 eine leichte Initiative besitzt. 39.Dxc6 Tg8 40.h5 40.Df3 Teg7 (40...Td7 41.De3±) 41.De3 Dg6 42.Ke1 Dh5 ist nicht klar, da Schwarz über die g-Linie in die weiße Stellung einzudringen droht. 40...Dh6 41.Df3 Tg4 42.Ke2 42.De3 Txf4+ 43.Ke1 Dg5 44.d5 Dg4 45.d6 Td4! ist auch nicht klar.

42...Teg7? Darauf hat Weiß einen Konter parat. Schwarz musste in den sauren Apfel beißen und 42...Txf4 spielen. Nach 43.Da8+ Kg7 44.Tg2+ Kf7 45.Dg8+ Kf6 sieht die Lage für den schwarzen König gefährlich aus, doch die Stellung ist weiterhin unklar. 46.Dd8 Dxh5+ 47.Kd2 Tg4 48.Txg4 Dxg4 49.Df8+ Kg6 und das sieht nach Dauerschach aus. 43.d5! Txf4 44.Txe6! Txf3 Schwarz muss den Damentausch zulassen, wonach das Doppelturmendspiel klar verloren ist für ihn, 1-0 nach 57 Zügen.

Am selben Spielort gewann der SK Turm Emsdetten mit 4,5:3,5 gegen den SV Wattenscheid. Der Sieg war verdient, denn die Münsterländer vergaben einen aussichtsreiche Stellung an Brett fünf. Interessant war der taktische Schlagabtausch am Spitzenbrett.

Giri,Anish (2730) - Bartel,Mateusz (2635)
SBL 2012/13 SV Wattenscheid-SK Turm Emsdetten, 16.03.2013


Stellung nach 18.Tad1:

18...Dc2 Der Zug liegt auf der Hand. Schwarz greift den Springer an und der kann wegen 19...Sxd4! nicht wegziehen. 19.Dxc4 Sd2 20.Dxc7 Sxf1

21.Le4! Ein schöner Zwischenzug. 21...Tb7 Schwarz nutzt die gleiche Technik. 21...Db3 22.Tb1 Sd2 23.Txb3 Txb3 war eine komplizierte Alternative, wonach sich der weiße Vorteil in Grenzen hält. 22.Dc5! 22.Lxb7 Sxe3 23.Le4! Sd5! Das wäre die Krönung der Zwischenzugorgie gewesen. 24.Lxc2 Sxc7= 22...Db2 23.Tb1 Dd2 24.Txf1 Tb2 25.Lxh7+! Kxh7

26.Se4! Mit diesem weiteren Zwischenzug sichert sich Weiß materiellen Vorteil. 26...Dc2 27.Dxf8 Dxe4 28.Dxc8 und Weiß verwertete seine zwei Mehrbauern zum Sieg. 28...a5 29.Dc5 a4 30.Da7 f5 31.Dxa4 Kh6 32.De8 Ta2 33.h4 Txa3 34.h5 1-0

Hamburg übertrifft Erwartung

Der Hamburger SK ging gegen den SC Eppingen als Außenseiter ins Rennen. Zwar besetzte bei den Kraichgauern der Mannschaftsführer, Hans Dekan, höchstpersönlich das achte Brett, doch die Elo-Vorteile an den restlichen Brettern waren teilweise gravierend. Allerdings kam nur Namig Guliyev gegen Merijn van Delft zu einem Sieg, während auf Hamburger Seite Karsten Mueller gegen Arik Braun und Steve Berger gegen Hans Dekan voll punkteten. Der Sieg hätte auch höher ausfallen können, wenn Sipke Ernst am Spitzenbrett gegen Sergei Tiviakov seinen vorzüglichen Angriff konsequent durchgezogen hätte, so blieb es beim 4,5:3,5. Der SV Hockenheim hatte beim 6:2 gegen den SK Norderstedt keine Probleme und verbesserte sich auf den fünften Rang in der Tabelle.

Mülheim springt auf Platz 2

Die SV Mülheim Nord mühte sich im Heimkampf gegen die SF Berlin zu einem 4,5:3,5. Alexander Berelowitsch und Michael Feygin siegten für die Gastgeber, während Lars Thiede für die Hauptstädter punktete. Mülheim rangiert nach der 11. Runde punktgleich mit Solingen auf Rang 2 und das direkte Duell in der 14. Runde wird offensichtlich über die Vizemeisterschaft entscheiden. Die SF Katernberg gewannen sicher gegen den SC Forchheim mit 6,5:1,5 - Leon Mons Bilanz nach dem Sieg gegen Yuriy Kryvoruchko wird langsam unheimlich - und liegt fünf Punkte vor Berlin. Das täuscht allerdings ein wenig, denn einerseits kann Berlin gegen Katernberg durch einen Sieg am Sonntag den Rückstand verkürzen, und andererseits haben die Schachfreunde noch Forchheim vor der Brust, was automatisch zwei weitere Punkte bedeuten sollte. Ein wenig Spannung im Abstiegskampf ist also noch vorhanden.

Bilder aus Hamburg
Einzelergebnisse der 11. Runde
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Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.