In der 10. Runde der Schachbundesliga gewann die OSG Baden-Baden gegen die SG Solingen und ist damit auf dem Weg zum 8. Titel in Folge nicht mehr aufzuhalten. Im Abstiegskampf fiel ebenfalls eine Vorentscheidung. Eine Zusammenfassung der Ereignisse an den Spielorten Trier, Bremen, Eppingen und Forchheim.
Spielort Trier: Baden-Baden souverän
Die OSG Baden-Baden bleibt weiterhin das Maß aller Dinge in der Schachbundesliga. Der Kampf gegen den einzigen ernsthaften Konkurrenten um die deutsche Meisterschaft, SG Solingen, verlief an den meisten Brettern zwar ausgeglichen, aber am Sieg der Kurstädter kamen nie Zweifel auf. Artur Jussupow war auf Seiten der Klingenstädter der einzige Spieler, der in seiner Partie gegen Francisco Valljeo Pons zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Vorteil hatte, doch das war insgesamt deutlich zu wenig, um den Tabellenführer in Bedrängnis zu bringen. Für Baden-Baden siegten beim 5:3 Rustam Kasimdzhanov und Alexei Shirov. Der Lette gewann folgendermaßen:
Smeets,Jan (2613) - Shirov,Alexei (2718)
SBL 2012/2013 SG Solingen - OSG Baden-Baden, 24.02.2013
Stellung nach 28.Tb1:
Weiß hat ein optisches Übergewicht. 28...Sd7!? Lockt Weiß mit einem Bauernopfer. 29.Dxd6?! Und Smeets kann der Versuchung nicht widerstehen. Es gab eine bessere Version des Bauerngewinns. 29.Sxd7 Txd7 30.f4! gxf4 31.Lxf4 Kh7 32.Lxd6 und hier muss Shirov noch Kompensation nachweisen. 29...Dxd6 30.Txd6 Sxb6 31.Txd8+ Txd8 32.axb6 Td3 Die Pointe. Schwarz beherrscht mit seinem Turm die offene d-Linie und erhält starkes Gegenspiel. 33.Lg1 Td2 34.b5 axb5 35.cxb5 Sa5 36.Sg3 Sc4 37.Tc1 Sd6 38.Tb1 Tb2 39.Td1 Le5 40.Sf1 Txb5 41.Se3 h5 42.g3 Tb3 43.Td2?
Weiß hat sich offensichtlich verrechnet. 43...Txb6! 44.Sg4 Tb2! Schwarz behält seinen Mehrbauern auf der b-Linie und gewinnt sicher, 0-1 nach 57 Zügen.
Die OSG Baden-Baden ist nach diesem Sieg praktisch durch und wird am Ende der Saison den 8. Titel in Folge feiern. Die SG Solingen wird natürlich versuchen bis zum Ende der Saison den 2. Platz zu halten.
Die SG Trier und der SV Wattenscheid trennten sich 4:4. Dieses Unentschieden fiel für die "Bochumer" etwas schmeichelhaft aus. Während an Brett 8 jedes Ergebnis möglich war, vergaben die Gastgeber zumindest zwei aussichtsreiche Stellungen. Hinzu kam noch dieses Drama kurz vor der 1. Zeitkontrolle:
Appel,Ralf (2525) - Gordon,Stephen J (2556)
SBL 2012/2013 SV Wattenscheid - SG Trier, 24.02.2013
Stellung nach 39...Kh7:
Im Gefühl des sicheren Remis schalten beide Spieler ab. 40.Sd5?? 40.Dh4+ Kg6 41.Lf4 Dxc3 42.Dg5+ Kh7 43.Dh4+= ergibt Dauerschach. 40...Dc1+?? 40...Dd4+ gewinnt den Springer und die Partie. 41.Kh2 Dh6+ 42.Kg1 Dc1+ 43.Kh2 Dh6+ 44.Kg1 Dc1+ 45.Kh2 ½-½
Spielort Bremen: Dramatische Kämpfe
Die Zuschauer in Bremen kamen voll auf ihre Kosten. Beide Duelle waren hart umkämpft und am Ende siegte die jeweils glücklichere Mannschaft. Der SV Mülheim Nord setzte sich gegen den SK Turm Emsdetten mit 4,5:3,5 durch. Vitali Golod konterte Jonny Hector aus und Wouter Spoelman sorgte mit seinem Sieg gegen Pavel Tregubov für den Ausgleich. Die Partie zwischen Michael Feygin und Ruud Janssen sollte den Kampf entscheiden und hier ging es drunter und drüber.
Feygin,Michael (2538) - Janssen,Ruud (2483)
SBL 2012/2013 SV Mülheim Nord - SK Turm Emsdetten, 24.02.2013
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.Lxc6 dxc6 5.0-0 Le7 6.Sxe5 Dd4 7.Sf3 Dxe4 8.Sc3 Dg6 9.Se5 Df5 10.Te1 Sf6 11.d3 Sg4 12.Sf3 Le6 13.h3
Es fing alles mit dem folgenden typischen Figurenopfer an, das wahrscheinlich in dieser Version inkorrekt ist. 13...h5?! 14.Se4 0-0-0 15.Sg3 Dh7 16.hxg4 hxg4 17.Sg5 Lxg5 18.Lxg5 Tde8 19.Kf1 f6 20.Le3 g5 21.b3 Thg8 22.Dd2 Ld5 23.Ke2?
Weiß hatte an mehreren Stellen eine bessere Fortsetzung verpasst und nach dem letzten schwachen Zug könnte sich das Blatt wenden. 23...Lxg2?! Nach 23...f5 nebst ...f4 gewinnt Schwarz die Figur zurück und steht zumindest etwas besser, da der weiße König durch die Gegend irrt. Das war eine völlig risikolose Fortsetzung und es ist erstaunlich, dass Schwarz darauf verzichtete. 24.Kd1 Kb8 25.Tb1 Dg6 26.Da5 Te5 27.Db4 Lf3+ 28.Kd2 a5 29.Dc3 Tge8 30.Ld4 Txe1 31.Txe1 Txe1 32.Kxe1 f5 33.Dxa5 f4 34.Sf5 b6 35.De5 Kb7 36.Kd2 c5 37.Df6 Dh7 38.Le5 Dh2 39.De7 Dxf2+ 40.Kc3 Ka6
Bis hierhin hatte Weiß seinen Vorteil konserviert, doch nun greift er - einen Zug nach der Zeitkontrolle! - völlig fehl. 41.Lxc7?? 41.Dxc7+- Ld1 42.Dc8+ nebst Matt. 41...Ld1 Jetzt hat Schwarz zumindest genügend Gegenspiel zum Remis. 42.Kc4 Lf3 43.Kc3 Ld1 44.Kc4 Dxc2+ 45.Kd5 Dxd3+ 46.Ke6 g3 47.Dxg5 De4+ 48.Le5 g2 49.Sd6 Df3 50.Dd8! Dc6 50...g1D?? 51.Dc8+ Ka5 52.Lc3+! Dxc3 53.Da8+ Kb4 54.Da4# 51.Dg5 Df3 52.Dd8 Dc6 53.Dg5 Lf3 Will Schwarz mehr als Zugwiederholung? 54.Kf6 Dd7 55.Dg8 Ka7 56.a4
56...Lg4?? Gibt die Kontrolle über das Feld a8 auf und wird matt gesetzt. 56...Dg4 57.Sb5+ Ka6 58.Sc7+ Ka7 59.Sb5+ Ka6 60.Dh7 Lb7 61.Sc7+ Ka7 62.Sb5+ Ka6= 57.Sb5+ Kb7 58.Db8+ Kc6 59.Da8+ Db7 60.Sa7+ 1-0
Noch verrückter verlief der Kampf zwischen Katernberg und Bremen. Die Essener lagen mit 3,5:2,5 in Front und es standen zwei Endspiele auf dem Brett. Richard Rapport gewann seine leicht bessere Stellung gegen Ilja Zaragatski, doch Nazar Firman hatte mit Läufer + drei Bauern gegen Turm über weite Strecken des Spiels Vorteil gegen Laurent Fressinet. Kurz vor der 2. Zeitkontrolle verlor er allerdings den Faden. Das Remis war noch in Reichweite, aber das Umschalten gelang nicht, so dass er die Partie sogar noch verlor. Mit diesem Sieg hat Bremen wohl nun endgültig das Abstiegsgespenst verscheucht.
Zu seinem ersten Sieg für Bremen kam Matthias Bluebaum. Der "Prinz" besiegte in einer - vielleicht auch theoretisch - interessanten Partie Matthias Thesing.
Bluebaum,Matthias (2433) - Thesing,Matthias (2399)
SBL 2012/2013 SF Katernberg - Werder Bremen, 24.02.2013
1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.e4 c5 4.d5 Sf6 5.Sc3 b5 6.Lf4 Da5 7.Ld2 e5 8.dxe6 Lxe6 9.e5 Sfd7 10.Df3 Sb6 11.a4 b4 12.Sb5 Sa6
13.Lxc4! Der Zug ist nicht neu. 13...Lxc4 In einer Vorgängerpartie geschah: 13...Le7?! 14.Lxe6 fxe6 15.Dc6+ Kf7 16.Df3+ Ke8 17.Sh3+- Becker,M (2110)-Jacob,G (1990), Hiddenhausen 1996. 14.Dc6+ Ke7 15.Dd6+ Ke8 16.Dc6+ Ke7 17.Sf3 17.Sd6! Ld5 18.Sf5+ Kd8 19.Lg5+ f6 20.exf6 Lxc6 21.fxg7+ Kc7 22.gxh8D±
17...f6? 17...h6! nimmt das Feld g5 unter Kontrolle, ohne die Stellung vor dem König zu öffnen. Da Schwarz 18...Ld5 mit Gewinn der Dame droht, muss Weiß das Dauerschach anstreben. 18.Dd6+ Ke8 19.Dc6+=; 17...Lxb5? 18.Lg5+ f6 19.exf6+ gxf6 20.Lxf6+ Kf7 21.Se5+ Kg8 22.De6# 18.exf6+ gxf6 19.Db7+! Sd7 19...Ke8 20.0-0-0!+- 20.De4+ Le6 21.Dxa8+- Weiß gewinnt entscheidend Material. 21...Lg7 22.De4 Db6 23.0-0 Sab8 24.Tfe1 Sf8 25.Lf4 1-0
Spielort Eppingen: Hockenheim mit Karpov und Sieg
Etwas überraschend kam Anatoly Karpov zu seinem ersten Saisoneinsatz für den SV Hockenheim. Natürlich durfte er mit den weißen Steinen ausgeruht am Sonntag gegen einen verdutzten Evgeny Alekseev ran. In gewohnter Manier lenkte der 12. Schachweltmeister die Partie in ein ruhiges Endspiel mit minimalen Vorteil, der letztendlich aber nur zum Remis reichte. Den Kampf gewann Hockenheim an anderen Brettern. Rainer Buhmann gelang mit Schwarz ein Big Point. Er fügte Igor Khenkin eine empfindliche Niederlage zu, die sich in einem Damengambit schon früh anbahnte. Feines Schach bot auch Zoltan Ribli, der auf klassisch-positionelle Weise gewann.
Ribli,Zoltan (2554) - Tazbir,Marcin (2555)
SBL 2012/2013 Wiesbadener SV - SV Hockenheim, 24.02.2013
Stellung nach 25...Sc4:
Weiß hat sich mit Läuferpaar und Freibauer auf der d-Linie einen Vorteil gesichert und setzt nun den Schlusspunkt. 26.d7! Tc7 27.Lxc4 27.g3! De7 28.Lxc4 Txc4 29.Dxa7+- 27...Dxc4 27...Txc4 28.Dxa7 Ld4 29.g3 Df6 30.Lxd4 Txd4 31.Dxb6 T4xd7 32.Txd7 Txd7 33.a4+- 28.Lg5! f6 29.Tc1 und Schwarz verliert Material. 1-0
Auf Seiten der Wiesbadener konnte nur Julian Geske voll punkten, so das Hockenheim 4,5:3,5 gewann. Damit rückte der Gastgeber der diesjährigen zentralen Endrunde bis auf den 6. Rang vor.
Zwei Plätze davor ist der SC Eppingen nach dem ungefährdeten 5,5:2,5 gegen den SV Griesheim platziert. Bei den Kraichgauern zeigte Csaba Balogh fortgeschrittene taktische Fähigkeiten.
Farago,Ivan (2488) - Balogh,Csaba (2664)
SBL 2012/2013 SV Griesheim - SC Eppingen, 24.02.2013
Stellung nach 23.Se3:
23...Sxe4!-+ 24.fxe4 Txe4 25.Txd3 Se5 26.c5 26.Td5 Sg4-+ 26...Dxc5 27.Td5 Dc3 28.Tdd1 Sg4 29.Sf1 Txe1 30.Dxg4 Dc5+ 31.Sf2 T8e2 32.Td4
32...Txf2 33.Kxf2 f5 und da nach 34.Df4 Te4 folgt, gab Weiß auf. 0-1
Spielort Forchheim: Hamburg rettet sich
Der Hamburger SK gewann gegen die Schachfreunde Berlin mit 5,5:2,5. Der Kampf war äußerst unspektakulär und erstaunlich einseitig. Manche Berliner ließen sich sogar regelrecht abschlachten. Anders kann man das nicht nennen, wenn man sich die Partien mühsam anschaut.
Hamburg hat nun fünf Punkte Vorsprung auf Berlin, da wird nichts mehr passieren. Für die Hauptstädter gibt es natürlich noch eine theoretische Chance, z.B. durch Siege gegen die direkten Konkurrenten Katernberg und Bremen, den Klassenerhalt zu schaffen und dementsprechend äußert sich Rainer Polzin, der seit einer kleinen Ewigkeit nicht mit dem Team mitfuhr, beherzt: "Wir werden bis zu letzten Patrone kämpfen. Im Rest des Vereins läuft es so gut, dass wir durch einen Abstieg einen Doppelaufstieg der 2. und 3. Mannschaft verhindern würden. Das wäre bitter."
Auf die Frage, weche Gründe er für die bisherige Leistung nennen kann, meinte er: "Wir haben einfach einen Antilauf. Es läuft nichts zusammen, auch bei mir. Hinzu kommt, dass die Gegner gegen uns und Forchheim sehr gut antreten. Das darf man nicht unterschätzen".
Mit dem Abstieg werden sich die Teams Norderstedt und Forchheim kaum beschäftigen, denn für sie ist er Gewißheit. Das Kellerduell entschied das Team aus dem Norden mit 5,5:2,5. Beim Achtungserfolg, nach dem die rote Laterne an Griesheim übergeben wurde, gelang Aljoscha Feuerstack ein schöner Sieg.
Mons,Leon (2339) - Feuerstack,Aljoscha (2421)
SBL 2012/2013 SK Norderstedt - SC Forchheim, 24.02.2013
Stellung nach 15.Dc3:
15...Lh3! Tatsächlich der beste Zug. Nach 15...Sb5 16.De5+ De7 17.Dxe7+ Kxe7 18.d6+ Sxd6 19.Lxa8 hat Weiß einfach zu viele Bauern. 16.Lxh3 Dxd5 17.Kd2?! Nach 17.e4 Sxe4 18.dxe4 Dxe4+ 19.Le3 Dxh1+ 20.Kd2 De4 21.Lxd4 0-0 sieht die Maschine leichten Vorteil für Weiß. Klar, zwei Läufer sind besser als ein Turm, aber mit dem König auf d2 sollte Schwarz genügend Gegenspiel besitzen. 17...Td8 18.La3
18...Se4+! Schwarz legt den weißen König frei. 19.dxe4 Dxe4 20.f3 De5 21.Dc4 Sxf3+ 22.Kc2 Sd4+ 23.Kd2 Sf3+ 24.Kc2 Sd4+ 25.Kd2 Sxe2+ 26.Ke1 26.Kc2 Sd4+ 27.Kb1 Tb8+-+ 26...Sc1+ 27.Kf2 Td2+ 28.Kf3
28...Td3+ 29.Dxd3 Sxd3 30.Tab1 f5 0-1
Einzelergebnisse der 10. Runde
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erstellt am 24.02.2013