Wir haben ein Endspiel. Baden-Baden und Solingen gewannen ihre Kämpfe der 9. Runde und treffen am Sonntag zum Showdown in Trier aufeinander. Eine Zusammenfassung der Ereignisse an den Spielorten Bremen, Trier, Eppingen und Forchheim
Hat er jetzt gewonnen oder nicht?
Während der Großteil der Ligaspieler schon wieder im Hotel war und sich wahrscheinlich auf die Sonntagspartie vorbereitete, kämpfte Luke McShane mit Schwarz in einem Damenendspiel mit einem Mehrbauern gegen Daniel Fridman um den entscheidenden Punkt zum 4,5:3,5 seiner Bremer gegen Mülheim Nord. Die Übertragung auf dem Liveportal war im 92. Zug - mit Matt in 27 Zügen - abgebrochen und auch der DSB-Ergebnisdienst lieferte kein Resultat.
Es musste, ganz klassisch, ein Anruf her bei einem der Beteiligten. "Die Partie endete nach 147 Zügen remis wegen der 50-Züge-Regel", teilte Fridman mit und fügte hinzu: "Ich glaube, dass das Damenendspiel mit dem b-Bauern die ganze Zeit verloren war". Hier irrte er sich. Schauen wir uns die folgende Stellung an.
Fridman,Daniel (2670) - McShane,Luke J (2713)
SBL 2012/2013 Werder Bremen - SV Mülheim Nord, 23.02.2013
Stellung nach 87...Kf2:
An dieser Stelle hält nur 88.Dh2+ oder der nicht menschliche Zug 88.Dh5 remis. Stattdessen wählte Fridman 88.Db1? und nach 88...De6+ 89.Kf8 Dc8+ 90.Ke7 Dc2 91.Dh1 Dc7+ 92.Ke6 Db6+ brach die Übertragung ab. Houdini zeigt Matt in 27 Zügen.
Im Grunde genommen ist das alles irrelevant, denn mit nur noch 30 Sekunden pro Zug "macht man in so einer Stellung eh nur noch Fehler", meinte der Mülheimer.
Wer die Geheimnisse dieses Endspiels ergründen möchte, dem sei die Schredder-Endspieldatenbank empfohlen - einfach die Stellung dort aufbauen und viel Spaß!
Dass es in diesem Match überhaupt so eng wurde, konnte Fridman gar nicht fassen: "Berelowitsch muss nicht verlieren, Golod steht besser, Levin total auf Gewinn und am Ende muss ich dieses Damenendspiel halten, damit wir nicht verlieren", und dann beendet der sympathische Nationalspieler den Satz mit einem seiner Lieblingswörter: "Unglaublich!"
Im zweiten Kampf ging es vielleicht nicht so spannend, aber dafür ähnlich spektakulär zu, wenn man sich die Partien anschaut. Das überrascht bei den kampfstarken Teams von Emsdetten und Katernberg aber nicht. Der 5,5:2,5 Sieg für die Münsterländer scheint etwas zu hoch ausgefallen zu sein. Aus dem Match pickte ihr Autor - eher zufällig oder vielleicht, weil sie lehrreich ist? - folgende Stellung heraus.
Pruijssers,Roeland (2519) - Bischoff,Klaus (2519)
SBL 2012/2013 SK Turm Emsdetten - SF Katernberg, 23.02.2013
Stellung nach 40.Tf2:
Die Verteidigungsaufgabe ist gar nicht so einfach für Schwarz und insbesondere nicht einen Zug vor der Zeitkontrolle. Weiß hat die einzige offene Linie besetzt und droht irgendwann in die gegnersiche Stellung einzudringen. Hinzu kommt der schwache Bauer e6. 40...Tc8? Das Läuferpaar nutzt hier wenig. Er musste den weißfeldrigen Läufer gegen den Springer tauschen. 40...Lxe2! Nach 41.Txe2 Tf8 42.Tf2 Txf2 (42...Tf5!?) 43.Dxf2 Db5 ist das Material stark reduziert und Schwarz kommt rechtzeitig. Entweder er deckt mit ...Dd7 alle Schwächen oder, falls Weiß sich zu 44.Df7 entschließt, generiert er genügend Gegenspiel gegen den weißen König. 44.Df7 (44.Kb2 De8=) 44...De2!= 41.Sf4 Der Bauer gerät e6 unter Beschuß. 41...Ld8? Mit z.B. 41...a4 42.Dh3 Te8 war er noch zu halten, auch wenn Weiß nach 43.h5 weiter am Drücker ist. 42.Dh3 Jetzt geht der Bauer wegen einer kleinen Kombination verloren. 42...Tc6 43.Sxd5! exd5 44.Dd7+ Tc7 45.Dxd8 Dc6 46.Ka1 Es ist immer schön, mit so einem ruhigen Zug die Partie abzuschließen. Weiß droht 47.Tf6 und Schwarz wollte sich den Rest verständlicherweise nicht mehr antun. 1-0
Solingen mit Können und Glück
Lange Zeit sah es in Trier nicht so aus, als ob die Schachfans am Sonntag ein kleines Finale um die deutsche Meisterschaft bekämen, denn der Gastgeber war drauf und dran der SG Solingen zumindest einen Punkt abzunehmen. Beim Stand von 3,5:2,5 für Trier liefen noch zwei Partien, in denen es folgendermaßen aussah:
Gordon,Stephen J (2556) - Smeets,Jan (2613)
SBL 2012/2013 SG Trier-SG Solingen, 23.02.2013
Stellung nach 41...Td4:
und
Ragger,Markus (2655) - Sanikidze,Tornike (2580)
SBL 2012/2013 SG Trier-SG Solingen, 23.02.2013
Stellung nach 48...Ke7:
Aus diesen beiden Stellungen holte Solingen zwei Punkte und gewann letztendlich mit 4,5:3,5 - stark!
Baden-Baden hatte gegen Wattenscheid deutlich leichteres Spiel und gewann mit 5,5:2,5. Zwar verlor recht früh Arkadij Naiditsch gegen Florian Handke, doch das machte der Rest der Mannschaft locker wett. Damit kommt es am Sonntag zum Spiel der beiden klar besten Mannschaften der Saison 2012/13 und zu einem kleinen Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Baden-Baden ist natürlich Favorit, aber in einem einzigen Kampf...
Eppingen mit miserabler Chancenverwertung
Der SC Eppingen trennte sich vom Wiesbadener SV mit 4:4. Dabei vergaben die Kraichgauer insbesondere an den Brettern zwei bis vier hochkarätige Chancen. Anstatt den möglichen drei Punkten stand am Ende nur einer zu Buche. Ganz bitter verlor Csaba Balogh gegen Igor Khenkin.
Balogh,Csaba (2664) - Khenkin,Igor (2655)
SBL 2012/2013 SC Eppingen-Wiesbadener SV, 23.02.2013
Stellung nach 38...h5:
39.h4? Jedes Tempo zählt in einem Bauernendspiel. Es gewann 39.a3! Kd5 40.a4 Ke5 41.b5 Kd5 42.a5 Kc5 43.b6 axb6 44.axb6 Kxb6 45.Kxd4 usw. 39...Kd5 40.a3 Ke5 und Weiß gab auf wegen 41.a4 Kd5 42.b5 Kc5 43.Ke4 Kc4 44.a5 Kxb5-+ 0-1
Der Aufsteiger rangiert damit weiter vor Eppingen in der Tabelle und punktgleich mit Mülheim kämpfen die Hessen um einen Platz auf dem Podest.
Im parallel ausgetragenen Kampf besiegte Hockenheim mühelos den SV Griesheim mit 6:2. Mit zehn Punkten liegen die Rennstädter nun im sicheren Mittelfeld.
Berlin und Hamburg punkten
Die Schachfreunde Berlin kamen zu ihrem zweiten Saisonsieg. Beim 4,5:3,5 gegen Norderstedt mühten sich die Hauptstädter aber erstaunlich ab. Die zwei Punkte waren Pflicht, um die Chance auf den Klassenerhalt zu wahren. Die Kür soll am Sonntag gegen Hamburg, die Hansestädter siegten gegen Gastgeber Forchheim mit 5,5:2,5, folgen. Mit einem Sieg würden sie bis auf einen Punkt auf diesen Konkurrenten heranrücken.
Die Forchheimer haben trotz der Niederlage einen Grund zum Freuen. Leon Mons holte sich nach seinem Sieg gegen Arkadij Naiditsch erneut einen Großmeisterskalp. Dieses Mal war Robert Kempinski sein Opfer. Mit vier Punkten aus sieben Partien befindet sich der Nachwuchsspieler sogar auf GM-Normkurs.
Einzelergebnisse der 9. Runde
Alle Partien auf dem Liveportal nachspielen.