Auftritt des Weltranglistendritten Schachrijar Mamedjarow (Foto) bei MSA Zugzwang wäre „ein erster echter Saisonhöhepunkt“ / Augsburg ehrt 90-jährigen Benkö
Von Hartmut Metz
Weltmeister Magnus Carlsen (Norwegen) und Fabiano Caruana (USA) sind ab jetzt unabkömmlich. Sie spielen die WM in London aus. Der nächstbeste Schach-Großmeister auf dem Globus könnte jedoch am Samstag in München am Brett sitzen: der Aseri Mamedjarow, dessen Vornamen Programm ist, heißt er doch Schachrijar. Ein Einsatz des Weltranglistendritten „wäre natürlich ein erster echter Saisonhöhepunkt“, betont Markus Lammers.
Der Kapitän der Münchener Schachakademie (MSA) Zugzwang sieht den Bundesliga-Auftakt eher aus Sicht eines Fans denn als siegeshungriger Spieler. Realismus und Objektivität gehören schließlich zu den obersten Tugenden eines Schachmeisters. Entsprechend taxiert Lammers die ersten Heimspiele in der BayernLB Sportarena (Osterwaldstraße 7): „Gegen Hockenheim haben wir uns die vergangenen Jahre besonders schwer getan. Und auch Viernheim dürfte an einem normalen Tag nur schwer zu schlagen sein“, konstatiert er. Am Samstag (14 Uhr) will der Vorjahresdritte den ersten Schritt unternehmen, um die OSG Baden-Baden zu entthronen. Hockenheims Manager Dieter Auer warf dem Serienmeister den Fehdehandschuh hin und rüstete seinen Kader weiter auf.
Kaum leichter wird das zweite Duell mit einem badischen Oktett am Sonntag (10 Uhr): Auch wenn der SC Viernheim Aufsteiger ist, könnten Mamedjarow&Co. zur dritten Kraft werden. „Die Erwartungshaltung ist entsprechend niedrig“, räumt Lammers ein und lässt zumindest ein Fünkchen Hoffnung für den einheimischen Anhang glimmen, „wir haben erst in der vergangenen Saison gezeigt, dass wir sogar Topteams Mannschaftspunkte abnehmen können.“ Allerdings besitzen die Münchner trotz des Zugangs von Alexander Raykhman (bisher Schwäbisch Hall) das nominell schwächste Team und kämpfen vom ersten Zug an gegen den Abstieg. „Nachdem sich die letzten Mannschaften in Schlagdistanz in der vergangenen Saison verabschiedet haben, ist die Lage ja mittlerweile übersichtlich geworden“, spielt Lammers nicht nur im Bundesliga-Keller auf den abgestiegenen Lokalrivalen Bayern München an.
Für den FCB rückte BCA Augsburg auf. Im zweiten Anlauf nahm der Zweitligist diesmal doch sein Aufstiegsrecht wahr und ist nun statt der Bayern der Reisepartner von MSA. Gemeinsam kann es aber auch nach unten gehen … Dass Augsburg auch auf Anderes als den Klassenerhalt Wert legt, zeigt Johannes Pitl bei seiner Kader-Meldung: Tritt bei Hockenheim der an Brett eins gemeldete 67-jährige russische Ex-Weltmeister Anatoli Karpow noch gelegentlich bei Heimspielen an, darf ein Gastspiel einer weiteren Legende ausgeschlossen werden. Der 90-jährige Pal Benkö ist bei Augsburg an vorderster Front gemeldet. Der Ungar war nicht nur Weggefährte von Karpows Vorgänger Bobby Fischer – er ebnete dem legendären amerikanischen Weltmeister auch erst den Weg zum Titel! 1970 verzichtetes Benkö auf seinen Platz im Interzonenturnier, so dass Fischer mitspielen durfte und zwei Jahre später im „Match des Jahrhunderts“ den Sowjet Boris Spasski entthronte.
„Benkö wird nicht in der Bundesliga spielen“, betont Pitl. Weil er besondere Beziehungen nach Augsburg habe, wolle ihn BCA mit der Meldung „ehren. Als ich mit dem Präsidenten der Bundesliga über die Augsburger Aufstellung sprach, hatte ich den Eindruck, Markus Schäfer sehe es durchaus auch als Auszeichnung der Bundesliga, diese Legende zumindest nominell als ihr Mitglied ansehen zu dürfen. Pal Benkö war der Stargast des ersten internationalen Augsburger Meisterturniers 1986/87 und heuer findet die 31.Auflage statt. Er hat fünf Meisterturniere in Augsburg und fünf Spieljahre für den Schachklub 1908 Göggingen in der zweiten Bundesliga gespielt. Zwischen uns besteht fast so etwas wie ein Vater-Sohn Verhältnis“, führt Pitl aus und ergänzt, „deshalb hatte ich Mitte Juli die Idee, Pal Benkö mit dem Angebot des Spitzenbretts für seine Verdienste um den Schachsport, seine Beziehung zu Augsburg und unsere Freundschaft ein ausgefallenes „Geburtstagsgeschenk“ anzubieten. Er hat dieses ehrenhafte Angebot angenommen. Vorher hatte ich natürlich auch das Einverständnis des Teamkapitäns Gregory Pitl eingeholt.“
Handelt es sich bei Benkö um eine schöne Episode ohne Zug im Oberhaus, ist der anderweitige „Zugausfall“ weniger erbaulich: Drei Tage vor dem Saisonstart verkündete die DJK Aachen ihren Rückzug. Als Grund werden „private gesundheitliche Probleme in der Mannschaftsleitung“ angegeben – das zeigt, wie schmal der Grat für viele Vereine ist und dass das Wohl und Wehe im Schach oft von Einzelnen abhängt. MSA Zugzwang und BCA Augsburg kann es in diesem Fall recht sein, müssen sie nun nur noch drei Teams hinter sich lassen, um die Klasse zu halten.