Die Saison der Frauenbundesliga endete mit dem Showdown zwischen der OSG Baden-Baden und dem SK Schwäbisch Hall. Hall führte vor der letzten Runde mit einem Punkt Vorsprung vor Baden-Baden, doch die hatten noch ein As im Ärmel.
Von Patrick Bittner
Wie in einer perfekten Dramaturgie wurde die Meisterschaft der Frauen erst am letzten Spieltag in Schwäbisch Hall entschieden. Im schönen Ambiente der Stadtwerke gewannen die Hausherrinnen (bereits in absoluter Bestbesetzung) am Samstag ganz locker mit 5,5:0,5 gegen die Karlsruher Schachfreunde, die in sicheren Gefilden der Tabelle standen und somit auch nicht in Bestbesetzung antraten.
Ähnlich verlief die Begegnung OSG Baden-Baden gegen die Schachfreunde Deizisau, die sich, genau wie Karlsruhe, im gesicherten Mittelfeld befanden und ebenfalls personell geschwächt, aber sorglos, in das Spiel gingen. Nach anfänglichen Problemen wurde die OSG ihrer Favoritenrolle gerecht und siegte mit 4,5:1,5. Bemerkenswert war hier sicher das Remis an Brett 6, wo Ekaterina Kovalevskaya gegen eine „600 ELO leichtere“ Gegnerin keine Siegchancen erspielen konnte.
Dennoch war alles angerichtet für den erwarteten Showdown der beiden dominierenden Teams der Frauenbundesligasaison 2017/2018. Beim Abendessen am Samstag waren unsere „Mädels“ schon sehr fokussiert auf das Duell. Die optimistische Stimmung war fast gegenständlich zu spüren. Natürlich wussten in unseren Reihen alle, dass wir am Sonntag unseren „Trumpf“, Hou Yifan, ausspielen würden, die wir nach vielen Telefonaten und logistischen Hindernissen aus China nach Schwäbisch Hall lotsen konnten. Die Nummer eins des Frauenschachs war bereits am Samstag Vormittag angereist und hatte noch Gelegenheit, die Zeitumstellung durch Schlaf einigermaßen zu kompensieren.
Hou ist natürlich Vollprofi, und so erschien sie vergnügt und frisch am Sonntag morgen im Spiellokal. In diversen Zeitungsartikeln war ihr Einsatz angekündigt worden, aber es schien uns, dass die Haller Spielerinnen doch etwas überrascht waren, Hou wirklich auftauchen zu sehen. Überhaupt hatten wir mit einer so noch nie dagewesenen Aufstellung für Verwirrung gesorgt. Wir traten mit der, nach ELO-Zahlen, bestbesetzten Frauenmannschaft aller Zeiten an - mit vier Ex-Weltmeisterinnen. Wir waren also bestens vorbereitet – dem Anlass entsprechend.
Anna Muzychuk erspielte rasch Stellungsvorteil, den sie souverän verwertete. Auch die anderen Bretter gaben keinen Anlass zur Sorge, im Gegenteil: Alexandra Kosteniuk erarbeitete sich Vorteile und auch Mariya Muzychuk stand verheißungsvoll. In der spannenden Zeitnotphase überschlugen sich dann die Ereignisse. Ekaterina Kovalevskaya stand zwischenzeitlich auf Verlust und dann wieder auf Gewinn, Anna Zatonskih, in höchster Zeitnot, hatte Gleichstand - und Hou plötzlich einen Bauern weniger.
Aber als erstes war auf unsere Topscorerin, Alexandra, Verlass, die ihre Gegnerin scheinbar mit leichter Hand überspielte, und Ekaterina hatte ihre horrende Zeitnot in ein remisliches Endspiel „verräumlicht“. Beim Stande von 3:1 für die OSG setzte Hou, die für ihren Minusbauern immer Kompensation gesehen hatte, ihre Gegnerin mitten auf dem Brett matt, und somit war der Kampf entschieden. Blieb noch Anna, die noch über eine Stunde um den vollen Punkt kämpfte, am Ende aber ins Remis einwilligen musste. Am Ende also 4,5:1,5 für die OSG. Der Sieg war klar verdient. Dieses Jahr hatten wir das bessere Ende für uns, aber dieses starke Schwäbisch-Haller Team wird voraussichtlich auch nächste Saison wieder unser Hauptkonkurrent um den Meistertitel sein.
Foto mit Pokal (oben), v.l.n.r: 1. Vorsitzender Patrick Bittner, Ekaterina Kovalevskaya, Anna Muzychuk, Mariya Muzychuk, Alexandra Kosteniuk, Mannschaftsführer Thilo Gubler, Hou Yifan, Anna Zatonskih, Iamze Tammert, Ketino Kachiani Gersinska.
Gruppenfoto (unten), 1. Reihe: Gubler, Kosteniuk, A. Muzychuk, Hou Yifan, 2. Reihe v.l.n.r.: Kachiani-Gersinska, Tammert, Zatonskih, Obere Reihe: Mariya Muzychuk, Kovalevskaya, Bittner.