Überraschung in München

Erstellt am: 10.03.2018

MSA Zugzwang München sorgte für die Überraschung der 11. Runde. Der Abstiegskandidat siegte gegen die Schachfreunde Berlin mit 5:3 und überholte den Stadtrivalen Bayern in der Tabelle. In den restlichen Begegnungen in München, Hofheim, Westheim und Hamburg setzten sich die Favoriten durch.

Soll noch einer sagen, dass die Deutschen nichts für Holländer übrig hätten. Die SG Solingen vertraute im Kampf gegen den SV Hofheim vier Holländern an den ersten vier Brettern. Benjamin Bok bedankte sich prompt mit der schnellen Führung. Es folgten Siege von Jan Smeets, Borki Predojevic (mit Damenopfer) und Mads Andersen. Der Kampf war schnell entschieden und endete 6:2. Ein Lichtblick für die Gastgeber war der Sieg von Patrick Burkart in einer verwickelten Partie an Brett acht gegen Alexander Naumann. Damit bleibt die SG Solingen Tabellenführer der Schachbundesliga, steht am Sonntag aber vor einer schwierigen Aufgabe gegen den SV Hockenheim, der mit einer bärenstarken Truppe nach Hofheim anreiste.

Die Rennstädter wollen es im Endspurt der Saison nochmal wissen und alles dafür tun, um vielleicht doch noch einen Platz auf dem Podest zu ergattern. Im Kampf gegen den DJK Aachen machte sich die nominelle Überlegenheit bemerkbar. Nach zwei Remis brachten Ivan Saric und Alexander Moissenko den Favorit in Führung. Ungefähr zeitgleich setzte Aachens Spitzenbrett, Jorden van Foreest, ein Ausrufezeichen. Der junge Holländer besiegte in einem taktisch geprägten Schlagabtausch den georgischen Supergroßmeister Baadur Jobava.

Richtig Spannung kam aber nicht auf. Dafür sorgten Dennis Wagner und David Howell, die das Resultat auf 5,5:2,5 für Hockenheim hochschraubten. Dem englischen Großmeister gelang nebenbei eine kleine Wachablösung. Nach 21 Jahren (!) ist Michael Adams nicht mehr die Nr. 1 in England. Mit seinem Sieg überholte Howell die englische Legende um zwei Pünktchen in der Live-Rating-Liste.

David Howell | Archivbild: Guido Giotta
David Howell | Archivbild: Guido Giotta

Baden-Baden mit Monstertruppe unterwegs

Die SG Speyer-Schwegenheim richtet ihre Doppelrunde in Westheim (Pfalz) aus. Ob die Menschen, knapp 2000 Einwohner, wissen, was in ihrem ruhigen Örtchen passiert an diesem Wochenende? Der deutsche Meister reiste mit acht Spielern mit einer Elo-Zahl von über 2700 Punkten an. Mit Maxime Vachier-Lagrave und dem Ex-Weltmeister Viswanathan Anand ist das eine historische Mannschaft. Was tut man nicht alles, um nach der Niederlage gegen Solingen und Bremen vor der Brust am Sonntag doch noch den Tabellenführer abzufangen.

Ein indischer Weltmeister in der Pfälzer Provinz | Archivbild: Georgios Souleidis
Ein indischer Weltmeister in der Pfälzer Provinz | Archivbild: Georgios Souleidis

Da der SV Mülheim Nord außer mit David Navara fast mit einer B-Truppe antritt, war das 7,5:0,5 fast schon eine Überraschung. Die ganze Begebenheit erinnert an Garry Kasparov anno 1997. Nachdem er gegen den damaligen U20-Weltmeister Tal Shaked mit einer starken Neuerung in einer Grünfeld-Indischen Partie gewann, echauffierte er sich hinterher: "Mit Kanonen gegen Spatzen." Für Mülheim holte nur der supersolide Daniel Hausrath einen halben Punkt. Das dürfte nicht nur Hausrath sondern auch David Howell gefreut haben, denn sein Gegner war kein Geringerer als Michael Adams.

Den zweiten Kampf im Bürgerhaus Westheim gewann der SV Werder Bremen gegen die Gastgeber mit 6:2. Bremen ließ einige Großmeister zu Hause und ist sogar mit dem, allerdings guten, Jugendbrett angereist. Der Spitzenkampf am Sonntag gegen Baden-Baden dürfte sehr einseitig verlaufen.

Hamburg verpasst Punktgewinn

Der spannendste Kampf des Tages fand in Hamburg statt. Hier startete Schwäbisch Hall leicht favorisiert gegen den Hamburger SK und setzte sich etwas glücklich mit 4,5:3,5 durch. Nach drei Remis brachten Jean-Pierre Le Roux und Viktor Laznicka - auch dank einem Schnitzer von Rasmus Svane - Schwäbisch Hall klar in Führung. In den restlichen Partien deutete sich aber an, dass den Gastgebern eine Wende gelingen könnte.

In der Tat verkürzte Dirk Sebastian durch einen Sieg gegen Alexander Raykhman. Sipke Ernst besaß danach die Chance das Hamburger Glück zu vollenden, doch er konnte ein besseres Turmendspiel gegen Evgeny Postny nicht siegreich gestalten. Damit bleibt Hamburg weiterhin auf einem Abstiegsplatz, aber vielleicht gelingt am Sonntag eine Überraschung gegen Deizisau.

Viktor Laznicka | Foto: Georgios Souleidis
Viktor Laznicka | Foto: Georgios Souleidis

Der Aufsteiger aus der 2. Bundesliga Süd siegte problemlos gegen den SK Norderstedt mit 6,5:1,5. Matthias Blübaum gelang nach acht Remis der erste Sieg für Deizisau in der Bundesliga. Lawrence Trent setzte mit Albins Gegengambit eine veraltete Spielweise auf Brett und wurde trotz Damentausch komplett auseinandergenommen vom deutschen Nationalspieler. Für Norderstedt holten Andrey Ostrovskiy, Ashot Parvanyan und VIktor Polischuk halbe Punkte.

Matthias Blübaum | Foto: Georgios Souleidis
Matthias Blübaum | Foto: Georgios Souleidis

Leon Mons mit überragender Saison

Die MSA Zugzwang München sorgt weiterhin für viel Wirbel im Tabellenkeller. Dem Abstiegskandidaten gelang mit 5:3 ein überraschender Sieg gegen die Schachfreunde Berlin, obwohl die Hauptstädter an jedem Brett mit Elo-Vorteil antraten. Jacek Tomczak brachte Berlin in Führung, doch danach kam gar nichts mehr. Christoph Eichler glich nach einem fürchterlichen Fehler von Arnd Lauber aus, bevor der Mann der Stunde die Münchner in Führung brachte.

Es ist die Rede von Leon Mons, der am Spitzenbrett eine bombastische Saison spielt. Kacper Piorun kam nicht gut in die Partie rein, verlor im Mittelspiel einen wichtigen Bauern, wonach Mons keine Probleme hatte seinen Vorteil zu verwerten. Den Schlusspunkt setzte Stefan Kindermann, der gegen Alexander Mista gleichzeitig seinen ersten Saisonsieg feierte.

Leon Mons | Archivbild: Hartmut Metz
Leon Mons | Archivbild: Hartmut Metz

Im parallel ausgetragenen Kampf hielt der FC Bayern München gegen den USV TU Dresden sehr gut mit. Sechs Partien endeten remis, doch Zoltan Almasi erwies sich am Spitzenbrett noch zu stark für den jungen Valentin Dragnev. Neben dem ungarischen Spitzengroßmeister siegte Jakov Loxine für Dresden.

Am Sonntag geht es weiter mit der 12. Runde. Hier steht der Kampf zwischen der SG Solingen und dem SV Hockenheim im Mittelpunkt. Hockenheim startet leicht favorisiert. Gemäß der Tabellensituation findet zwischen Bremen und Baden-Baden ein weiterer Spitzenkampf statt, doch mit den Aufstellungen vor Ort dürfte es eine einseitige Angelegenheit werden.

Alle Partien nachspielen auf dem Liveportal
Die Einzelergebnisser der 11. Runde
Kreuztabelle nach der 11. Runde



Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.