Münchner Teams bleiben am Leben

Erstellt am: 10.04.2017

MSA Zugzwang feiert gegen Griesheim ersten Bundesliga-Sieg / „Bombastischer“ Schwede Johannson begeistert beim FC Bayern

Von Hartmut Metz

Das schachliche bajuwarische Festmahl ist angerichtet: Bei der zentralen Bundesliga-Schlussrunde am 29. April in Berlin werden die beiden Münchner Vereine aufeinander prallen und wohl den Klassenerhalt unter sich ausmachen. Den Grundstein legten sie am Wochenende bei den Heimspielen des FC Bayern: Sowohl die Hausherren als auch Münchener Schachakademie (MSA) Zugzwang schlugen den knapp vor ihnen platzierten SV Griesheim (4:20) und pirschten sich an die SG Speyer-Schwegenheim heran. Die Bayern (beide 5:19) trennen nur noch weniger Brettpunkte von dem Tabellenzwölften. MSA Zugzwang liegt zwar weiterhin auf dem 16. und letzten Platz hinter König Tegel (beide 4:20), bleibt aber auch bezüglich des Klassenerhalts am Leben  – mit einem Erfolg im Stadt-Duell würde der Aufsteiger einen weiten Satz nach vorne machen. Die Konkurrenten um den rettenden Platz haben durchweg die schwereren Aufgaben an den drei letzten Spieltagen. „Jetzt ist alles ganz eng“, unterstreicht Bayern-Abteilungsleiter Jörg Wengler. „Wir können es ausnahmsweise einmal durch eigene Kraft schaffen“, ergänzt Bayern-Spieler Andreas Schenk.

„Wahnsinn! Das waren ganz, ganz starke Partien“, zeigte sich Markus Lammers nach dem 5:3 des Schlusslichts MSA Zugzwang über Griesheim tags darauf noch immer euphorisiert. Daran änderte auch die 1:7-Schlappe am Sonntag gegen den neuen Tabellenzweiten SV Hockenheim (19:5) nichts. „Das war klar, dass wir da nichts holen“, fasste sich der MSA-Kapitän kurz und ging wieder lieber auf den ersten Sieg des Aufsteigers in der Bundesliga ein. Die Niederlage von Stefan Bromberger am Spitzenbrett gegen Nicolas Georgiadis machten die Altinternationalen Stefan Kindermann und Gerald Hertneck furios mehr als wett. Beide Großmeister überrannten ihre Kontrahenten Jaroslaw Krassowizkij und Lukasz Jarmula im Angriff kurz und schmerzlos. Erasmus Gerigk krönte im Duell mit Robert Baskin den Zugzwang-Tag durch eine kleine, hübsche Mattkombination. Die Remis von Robert Zysk, Falk Hoffmann, Leon Mons und Christoph Eichler rundeten das Wochenende für den Aufsteiger ab. Die beiden Letzteren vermieden außerdem mit Friedensschlüssen gegen Hockenheim die Höchststrafe.

Den Vergleich mit dem deutschen Vizemeister in spe gestalteten die Bayern deutlich knapper. „Das war ziemlich optimal, auch wenn wir beim 2,5:5,5 nie in Reichweite eines Mannschaftspunkts gelangten“, befand Wengler. Linus Johannsson sorgte laut Mannschaftskamerad Schenk für den „Glanzpunkt“. Der Schwede setzte Hockenheims Nationalspieler Rainer Buhmann matt! Wolfgang Richter, Peter Meister und Ferdinand Unzicker remisierten überdies an den hinteren Brettern. Der Sohn von Münchens Schach-Legende Wolfgang Unzicker baute die Bayern auch im so wichtigen Match mit Griesheim am Sonntag wieder auf. Alexander Belezky war am Wochenende „von der Rolle“ und unterlag nahezu kampflos dem nominell weit unterlegenen Julius Grimm. Den Spieß drehte jedoch Unzicker am Nebenbrett gegen Bogdan Grabarczyk in nur 24 Zügen um. „Das war für die Moral in dem Wettkampf ganz wichtig“, hob Schenk hervor.

Dr. Ferdinand Unzicker | Foto: Hartmut Metz
Dr. Ferdinand Unzicker | Foto: Hartmut Metz

Der Gastgeber hatte clever gepokert und die Griesheimer Eröffnungsvorbereitung mit drei eingewechselten Assen torpediert. „Eigentlich hätten sogar noch Christian Gabriel und Valentin Dragnev dabei sein sollen. Beide fielen aber kurzfristig aus“, verriet Schenk. Er selbst hatte tags zuvor das 4:1 der eigenen Fußball-Abteilung über Dortmund im Stadion live verfolgt. Am Tag danach machte sich Schenk mit einem Remis einen gemütlichen Nachmittag für ein weiteres „schönes Spiel“ als Zuschauer. Für die zusätzlichen vier „Tore“ sorgten andere: Der vom Kommentatoren-Stuhl am Samstag in die Stamm-Acht rotierte Klaus Bischoff nahm an Brett zwei Krassowizkij auseinander. Nach weiteren Unentschieden von Michael Fedorovsky und Philipp Lindgren und einer Niederlage von Spitzenmann Michael Bezold gegen Georgiadis erzwang Johansson die Entscheidung.

Der Schwede schlug den Polen Jarmula. „Mit sechs Punkten aus zehn Partien hat er ein bombastisches Resultat vorzuweisen und schaffte bereits eine Großmeister-Norm“, pries Kapitän Jörg Wengler seine Nummer vier nach dem Doppelschlag am Wochenende überschwänglich und blickte auch nach Berlin, „jetzt sind wir alle heiß auf das große Finale gegen MSA Zugzwang. Platz zwölf muss nun unser Ziel sein.“ Das wäre dann der erste reguläre Klassenerhalt des FC Bayern seit Jahren, bei dem die Schach-Abteilung nicht auf Rückzüge anderer Vereine angewiesen ist.



Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.