Aachen schlägt den deutschen Meister

Erstellt am: 08.04.2017

Die Überraschung der 11. Runde lieferte der DJK Aachen. Der Aufsteiger aus der 2. Bundesliga West besiegte zu Hause die SG Solingen mit 5:3. Am gleichen Spielort trennten sich Trier und Mülheim 4:4. Mit dem gleichen Ergebnis endeten nach spannendem Verlauf die Kämpfe zwischen Bremen und Dresden sowie Hamburg und Schwäbisch Hall. Klare Siege feierten hingegen Baden-Baden, SF Berlin und Hockenheim. MSA Zugzwang glückte gegen den SV Griesheim mit 5:3 der erste Sieg in der SBL.

Wie im Vorbericht angekündigt, besaßen die Kämpfe in Aachen Potential für eine Überraschung. Diese erfüllten sich in der 11. Runde. Der Gastgeber siegte gegen die SG Solingen mit 5:3 und das Ergebnis geht vollauf in Ordnung. Am Spitzenbrett setzte Solingen Anish Giri ein, doch der holländische Weltklassespieler erwischte einen rabenschwarzen Tag. Julio Granda Zuniga opferte im Mittelspiel eine Qualität und stellte Giri vor praktischen Problemen. Es zeigte sich in der Folge, dass sogar ein solcher Ausnahmekönner unter Druck große Schwierigkeiten hat die präzisen Züge zu finden. Nach und nach fiel Granda über den weißen König her und gewann verdient.

Julio Granda Zuniga | Foto: Guido Giotta
Julio Granda Zuniga | Foto: Guido Giotta

Zu weiteren Siegen kamen Christian Braun, mit guter Endspieltechnik, gegen Predrag Nikolic und Lucas van Foreest gegen Markus Schäfer. Der 1. Vorsitzender der Schachbundesliga e.V. spielt selten für Solingen in der SBL und musste ausgerechnet gegen einen jungen, holländischen Shootingstar antreten. Das Ende dieser Partie verlief folgendermaßen:

Schaefer,Markus (2401) - Van Foreest,Lucas (2350)
SBL 1617, DJK Aachen - SG Solingen, 08.04.2017

Stellung nach 23.Kg1:

Der Springer auf f2 ist eingesperrt, doch Schwarz hatte gut gerechnet und zeigt jetzt seine Idee. 23...Lh2+! 23...Lg3? 24.Le5! ist besser für Weiß. 24.Kxf2? 24.Kf1 Sh1! 25.Le5 Sg3+ 26.Lxg3 (26.Kf2? Dc2+ 27.Kf3 Df5+-+) 26...Lxg3 ist besser für Schwarz. 24...Lg3+ 25.Kf1 Lxe1 26.Kxe1 Weiß hat zwei Figuren für den Turm, doch der Springer steht abseits und der König sehr anfällig. 26...Te8+-+ 27.Kf1 Df4+! 28.Df3

28...Dd2! Weiß muss Material opfern, um das Matt zu verhindern. Die Partie ist gelaufen. 29.Le5 f6! 30.Sc3 fxe5 31.Dd5+ Dxd5 32.Sxd5 Td8 33.Se7+ Kf7 34.Sc6 Td2 35.a4 Ke6 36.b4 a6 37.a5 Tb2 38.Sb8 Txb4 39.Sxa6 Tb1+ 40.Ke2 Kd6 41.Kd3 Tb5 0-1

Der parallel ausgetragene Kampf zwischen Trier und Mülheim verlief sehr spannend und endete 4:4. Trier führte nach einem Sieg von Andrei Nestor Cioara 3:2, doch es zeichnete sich ab, dass Mülheim zumindest einen Punkt retten wird. Patrick Zelbel und Thomas Beerdsen hatten gewonnene Endspiele auf dem Brett und punkteten voll. Zum Glück für die Domstädter gewann MIrcea Parligras ebenfalls ein klar besseres Endspiel gegen Konstantin Landa und glich das Match aus.

Patrick Zelbel gewann gegen Alexander Goloshchapov | Foto: Guido Giotta
Patrick Zelbel gewann gegen Alexander Goloshchapov | Foto: Guido Giotta

Zugzwang München mit erstem Sieg in der SBL

Der FC Bayern München ist Gastgeber einer Doppelrunde an diesem Wochenende. Die Bajuwaren traten gegen die hochfavorisierten Hockenheimer an. Linus Johansson siegte gegen den in dieser Saison unglücklich agierenden Rainer Buhmann und glich zwischenzeitlich das Match aus, nachdem Alexander Moiseenko Hockenheim in Führung gebracht hatte. Danach setzte sich aber die nominell stärkere Mannschaft souverän durch. Ivan Saric, Arik Braun und David Howell besorgten den Endstand von 5,5:2,5 für die Rennstädter, die sich dank Solingens Niederlage auf Platz drei der Tabelle verbesserten.

Die MSA Zugzwang Müchen gewann ihren ersten Kampf in der Schachbundesliga. Gegen den SV Griesheim glückte ein 5:3 und damit auch der Sprung vom Tabellenende auf Platz 13. Für München gewannen ihre Partie Gerald Hertneck, Stefan Kindermann und Erasmus Gerigk. Die zwei letztgenannten zum ersten Mal in dieser Saison. Das verdient ein Diagramm:

Gerigk,Erasmus (2381) - Baskin,Robert (2402)
SBL 1617, MSA Zugzwang München - SV Griesheim, 08.04.2017


Stellung nach 46.Th2:

46...Txd6 47.exd6 Txd6?? 47...e5 48.Tf5 Txd6+ 49.Kg5 Te6 war die letzte Chance, auch wenn Weiß mit präzisen Zügen gewinnen sollte. 48.Th8+! Ein schönes und seltenes Schlussbild. Dank des starken weißen Königs wird Schwarz matt gesetzt nach 48...Kxh8 49.Tf8# 1-0

Erasmus Gerigk | Foto: Hartmut Metz
Erasmus Gerigk | Foto: Hartmut Metz

Spannung im Weserstadion

Besonders hart umkämpft waren die Kämpfe der 11. Runde in den Platinlogen des Weserstadions. Der USV TU Dresden ging gegen die Gastgeber durch einen erstaunlich glatten Sieg von Hans Moehn gegen David Smerdon in Führung. Mit Roven Vogel gewann für die Sachsen ein weiterer junger Spieler, doch Bremen rettete das 4:4 durch Siege von Zahar Efimenko und Zbynek Hracek.

Auf des Messers Schneide verlief auch das Match zwischen Hamburg und Schwäbisch Hall. Nominell startete der HSK sogar als leichter Favorit, doch am Ende sollten die Hansestädter mit dem 4:4 zufrieden sein, denn an manchen Brettern vergaben die Baden-Württemberger Chancen zum Sieg. Dmitrij Kollars gelang sein erster Sieg in dieser Saison, gegen Frank Zeller, während sich auf Haller Seite Anthony Wirig glatt gegen Sipke Ernst durchsetzte.

Baden-Baden fast schon Meister

Die OSG Baden-Baden steht praktisch als Meister fest. Nach dem 6,5:1,5 gegen König Tegel führt das Starensemble mit vier Punkten Vorsprung vor Schwäbisch Hall die Tabelle an. Im Kampf gegen den nun Tabellenletzten ging es nur um die Höhe des Sieges. Peter Heine Nielsen kam bei seinem ersten Einsatz in dieser Saison als einziger Spieler Baden-Badens ins Schwitzen. Bei heterogenen Rochaden griff Torsten Sarbok gefällig an, verpasste aber gute Chancen seinen Vorteil zu verdichten. Der dänische Sekundant von Magnus Carlsen setzte stattdessen den schwarzen König matt.

Die Schachfreunde Berlin setzten sich endgültig vom Tabellenkeller ab. Dank des Sieges mit 5,5:2,5 gegen Speyer-Schwegenheim können sich die Hauptstädter voll und ganz auf die zentrale Endrunde in Berlin konzentrieren. Speyer-Schwegenheim liegt dagegen nur einen Punkt vor MSA Zugzwang München und Griesheim auf dem letzten Nichtabstiegsplatz und muss dementsprechend weiterhin um den Klassenerhalt bangen.

Am Sonntag geht es weiter mit der 12. Runde der Schachbundesliga. Kann Aachen gegen Mülheim für eine weitere Überraschung sorgen? Kann es Bayern seinem Reisepartner gleichmachen und ebenfalls gegen Griesheim gewinnen? Dieser Kampf verspricht Spannung genauso wie die Kämpfe in Bremen.

Einzelergebnisse der 11. Runde
Kreuztabelle nach der 11. Runde
Alle Partien nachspielen auf dem Liveportal



Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.