Carlstedt für Hamburg

Erstellt am: 23.05.2014

Der Hamburger SK meldet mit Jonathan Carlstedt den ersten Neuzugang für die kommende Spielzeit. Der 23-jährige spielte schon 2010/11 für den HSK, bei dem er nun auch als Geschäftsführer und Turnierorganisator fungieren wird. Der Ehrenvorsitzende der SBL, Christian Zickelbein, stellt Carlstedt im folgenden Beitrag, eigentlich eine Laudatio, ausführlich vor.

Multi Task Force

Dieser Begriff ist nicht sein offizieller Titel und seine Anwendung auf ein Einzelwesen mag auch problematisch sein, aber spiegelt doch in etwa die Erwartungen wider, die wir mit seiner Heimkehr verbinden, und durchaus auch die vielfältigen Anforderungen, die er an sich selbst stellt: Jonathan Carlstedt ist der Geschäftsführer des HSK und der Schachschule Hamburg.

Jonny ist zurück: Als Deutscher Vizemeister U18 war er zur Saison 2008/09 vom SK Marmstorf zu uns gekommen. Er spielte dann drei Jahre lang mit seinem Vater Matthias Bach in der 2. Bundesliga für den HSK und trug 2009 in Chemnitz mit 4½ aus 6 am 2. Brett zum Sieg in der Deutschen Vereinsmeisterschaft U20 bei. 2010/11 hatte er auch mit 1½ aus 2 seinen ersten erfolgreichen Einsatz in der 1. Bundesliga, vor allem aber verdankten wir seiner Initiative nach langer Pause wieder einmal ein HSK GM-Turnier, das er gemeinsam mit Andi Albers veranstaltete - mit großem auch sportlichen Erfolg, denn hinter dem Turniersieger Dorian Rogozenco schafften Niclas Huschenbeth als Zweiter und Jonathan selbst als Dritter ihre letzte GM- bzw. IM-Norm.

Trotz oder gerade wegen dieser Erfolge begab sich Jonny nach diesen drei Jahren noch einmal auf die Wanderschaft. Von größter Bedeutung für Jonnys Abschied vom Klub zur Saison 2011/12 dürfte seine Entscheidung gewesen sein, seine Faszination durch das Schachspiel zur Grundlage seines Berufs zu machen: Seine Erfolge als Spieler, Trainer und auch als Organisator ermutigten ihn zu diesem Schritt auf ein durchaus schwieriges Terrain. Damals war in HSK I (noch) kein Stammbrett zu haben, also ging er zurück zu seinem Verein der Kinder- und Jugendjahre, dem SK Marmstorf, und übernahm als Spielertrainer das 1. Brett in der Landesliga.

2012/13 hatte er eine erfolgreiche Saison mit dem SV Wiesbaden in der 1. Bundesliga, doch der Verein zog sich, obwohl Zehnter, nach einem Jahr bereits wieder aus der 1. Liga zurück. Jonny spielte 2013/14 wiederum als Spielertrainer in der Landesliga, diesmal mit dem SV Diagonale Harburg, mit dessen „Macher“ Martin Becker er auch befreundet ist. In den drei Wanderjahren hat Jonny aber nicht nur die Schachfiguren erfolgreich bewegt, sondern er hat auch über die Bundesliga für die Schach-Zeitung geschrieben und vier erfolgreiche Schachbücher veröffentlicht (Die Englische Eröffnung - Die Tarrasch-Verteidigung - Die große Schachschule: Vom Anfänger zum Turnierspieler - Die große Schachschule: Wie Sie aus Fehlern der Großmeister lernen).

Darüber hinaus aber hat er Unternehmergeist und Arbeitskraft bewiesen, als er die Schachschule Lüneburg gründete und mit der großen Veranstaltung „Zehn gegen Lüneburg“ (u.a. mit Alexej Shirov) ein ganz neues Format erfand, das viele Schachspieler für ein Simultanspiel nach Lüneburg zog. Das organisatorische Meisterstück dürfte ihm und Martin Becker bisher mit dem Lüneburger Schachfestival gelungen sein, dessen erste Auflage 2013 so begeisterte Rezensionen der Teilnehmer erhielt, dass das zweite Turnier vom 9. bis 17.8. 2014 ein Highlight des Schachsommers zu werden verspricht - mit vielen Teilnehmern auch aus dem HSK.

Jonnys erster noch ehrenamtlicher Beitrag zur Steigerung der immer schon erfolgreichen Jugendarbeit des Klubs war der Entwurf eines differenzierten „Leistungssportkonzepts“, das mit hervorragenden Trainern die Talentförderung und -sichtung im HSK und seinen Schulschachgruppen noch verbessern wird. Wir wissen seit langem, dass sich die vielfältigen Aufgaben, die sich in dem wachsenden Klub stellen, nicht mehr von einem ehrenamtlichen Vorstand allein bewältigen lassen, und haben deshalb vor zwei Jahren mit der Gründung der „Schachschule Hamburg“ Andi Albers mit 30 Stunden Arbeitsstunden in der Woche als Schulleiter angestellt. Es ist ein Glücksfall für uns, das Andi und Jonny gern und freundschaftlich zusammenarbeiten, wie sie es auch 2014 wieder beim viel beachteten HSK-Großmeisterturnier getan haben und zum Nutzen des Klubs nun künftig auf mehreren Arbeitsfeldern tun werden. Wir sind froh, dass Jonathan nicht nur als Schachspieler, sondern auch als Manager den Erfolg sucht und die besten Voraussetzungen mitbringt, ihn auch zu erreichen. Es wird ein schwieriger Spagat, aber er hat keine Bange, sondern viel Initiative, eine große Arbeitskraft und Organisationskompetenz, und so sind wir optimistisch, dass er seine Ziele und wir mit ihm unsere Ziele erreichen werden.

Jonathan hat mit 20 Arbeitsstunden in der Woche seine Tätigkeit als Geschäftsführer des HSK und der Schachschule Hamburg aufgenommen: Wer vormittags im HSK Schach-zentrum anruft, muss seine Fragen nun nicht mehr mit einem Anrufbeantworter überlassen, sondern bekommt die kompetenten Antwort direkt. Und in der Saison 2014/15 wird er nicht nur als Stammspieler für unser Bundesliga-Team aufschlagen, sondern auch den Teamchef Reinhard Ahrens in allen Belangen unterstützen - und die Saison am liebsten mit einer GM-Norm abschließen …

Persönlich habe ich die ersten Monate der Zusammenarbeit mit Jonathan Carlstedt sehr genossen: einmal natürlich die Entlastung, die sie für mich alten Mann bedeutet, aber auch die Anregungen, die ich durch seine neuen Ideen erhalte - und vor allem begeistert mich die Freude, um Jonathan Carlstedt und Andi Albers ein Team wachsen zu sehen, das für eine gute Zukunft des Klubs einstehen wird. Nach dem großartigem Auftritt von Luis Engel im A-Open des Königsjäger Frühlings in Berlin-Zehlendorf hieß es auf der Homepage des SV Königsjäger Süd-West e.V.: „Bei solchen und zahlreichen anderen jungen Talenten, die in diesem Turnier stark auftreten, braucht dem altehrwürdigen Hamburger SK sicher nicht um die schachliche Zukunft bange zu sein.“ Wir werden nun bald auch ein Team sozialer und organisatorischer Talente haben, die gemeinsam mit dem Vorstand die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft des Klubs in allen Bereichen und auf allen Ebenen unseres Engagements schaffen werden.


Von Christian Zickelbein (Ehrenvorsitzender Schachbundesliga)

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