10. Runde: Spannung im Abstiegskampf

Erstellt am: 23.02.2014

Das Rennen um die Meisterschaft ist vorentschieden, doch am Ende der Tabelle kämpfen nach der 10. Runde immer noch fünf Mannschaften um den Klassenerhalt. Eine Zusammenfassung der Ereignisse in Solingen, Hamburg, Berlin und Viernheim.

Eine Reisepartnerschaft mit der OSG Baden-Baden scheint die halbe Miete für eine erfolgreiche Saison zu sein. Diese Regel bewahrheitet sich auch in dieser Spielzeit für den SV Hockenheim. Die Rennstädter - natürlich ist das eine starke Mannschaft - liegen nach zehn Runden auf den zweiten Platz, weil sie auch ein wenig davon profitieren, dass die Gegner in der Regel - in der Vorahnung, dass sie gegen Baden-Baden keine Chance haben - auf ihre beste Aufstellung verzichten.

Gegen die SG Solingen reichte eine minimalistische Einstellung, um sicher mit 5:3 zu gewinnen. Die ersten sechs Bretter neutralisierten sich, teilweise kaum über die erforderliche Mindestzugzahl von 20 Zügen hinausgehend, und an den letzten beiden Brettern nutzten die Gäste ihre klare nominelle Überlegenheit gegen die Solinger Jugenbretter.

Die SG Trier gönnte an diesem Wochenende ebenfalls einigen Spielern Bundesligaluft. Damit war gegen Baden-Baden zwar kein Blumentopf zu gewinnen, aber immerhin lohnte sich der Einsatz für das Jugendbrett Lev Yankelevich, der nach seinem Sieg am Samstag noch ein Remis (mit Schwarz!) gegen GM Schlosser folgen ließ - ein schöner Erfolg.

Aus dem 6:2 für Baden-Baden picken wir die folgende Stellung heraus, die ein interessantes Ende fand:

Bacrot,Etienne (2730) - Gonda,Laszlo (2535)
SBL 2013/14 OSG Baden-Baden - SG Trier (10), 23.02.2014


Stellung nach 30...f4:

Muss Weiß den Läufer wegziehen, sollte er den Springer schlagen, oder hat er einen noch besseren Zug? 31.Tb3! Dieser überraschende Zug zwang Schwarz zur Aufgabe. Die Stellung nach 31...fxg3 32.Txg3 Te5 33.hxg6 f6 34.f4± wollte er sich nicht mehr antun - gegen einen Mann wie Bacrot eine verständliche Handlung. 1-0

Bremen und Katernberg siegen knapp

Das Match zwischen Emsdetten und Bremen war im Grunde genommen ein Spitzenkampf, denn beide Teams traten fast nur mit Großmeistern an. Dementsprechend knapp war der Verlauf. Sieben der acht Bretter neutralisierten sich, bevor die Entscheidung an Brett fünf fiel:

Nyback,Tomi (2599) - Spoelman,Wouter (2578)
SBL 2013/14 SK Turm Emsdetten - Werder Bremen (10), 23.02.2014


Stellung nach 20...Tb7:

21.Sxb6! Nutzt aus, dass der König auf e8 so schlecht platziert ist. Die weißen Läufer stehen natürlich auch prächtig. 21...Kd8 21...axb6? 22.Ta8+ Sb8 23.Lxb8+- 22.Ta6? Lässt nochmal Luft rein. 22.Ld6+- 22...Sf8? 22...Sh5! 23.Lxd7 Sxf4 24.Lxc6 Tc7 25.Sa4 Lxd4 und Schwarz kann noch kämpfen. 23.Sc8+- Weiß gewinnt weiteres Material. 23...Sh5 24.Ld6 f5 25.Sxa7 Se6 26.Sxc6+ Kd7 27.Se5+ Ke8 28.Ta8+ 1-0

Der Hamburger SK und die SF Katernberg lieferten sich ein spannendes Duell mit dem besseren Ende für die Essener Truppe. Zwar haderte das Hamburger Spitzenbrett, Robin van Kampen, ob seiner vergebenen Chancen, doch ähnlich erging es auf der anderen Seite Christian Scholz an Brett acht. Den einzigen Sieg für die Gastgeber errang der Nachwuchsstar, Rasmus Svane, doch Parimarjan Negi (Technisch feine Leistung gegen Robert Kempinski) und Ilja Zaragatski (taktisch angehauchter Sieg gegen Bundestrainer Dorian Rogozenco) sorgten für Freude bei Katernberg, die mit dem Abstiegskampf jetzt endgültig nichts mehr zu tun haben.

Berlin zittert

Das würden gern auch die Schachfreunde Berlin von sich behaupten, doch nach dem mageren 4:4 gegen München kann von Rettung keine Rede sein. Trotz nomineller Überlegenheit (an allen Brettern!) reichte es nicht zum zweiten Saisonsieg. Mit vier Punkten liegt man noch auf einem Nichtabstiegsplatz, doch es folgen gleich drei Mannschaften mit einem Zähler Rückstand.

Tolles Ambiente im Willy-Brandt-Haus in Berlin (Foto: Theo Heinze)

Der Kampf zwischen Eppingen und König Tegel war erwartungsgemäß eine einseitige Angelegenheit. Die Kraichgauer siegten 6,5:1,5 und dürften sich mehr als über die Höhe des Sieges über die Leistung ihres Jugendbrettes gefreut haben. Christopher Noe bestrafte nämlich die riskante Spielweise von IM Breier und ließ seinem Remis vom Samstag einen Sieg folgen.

Christopher Noe (links) bei seinem Remis am Samstag gegen Mikail Agopov (Foto: Theo Heinze)

Mülheim mit Dusel

Der SV Mülheim Nord gewann gegen den SV Griesheim mit 4,5:3,5, der Sieg war aber äußerst schmeichelhaft. Am Spitzenbrett vergab Kacper Piorun (Griesheim) ein gewinnträchtiges Endspiel gegen Konstantin Landa, die restlichen Bretter neutralisierten sich (mehr oder weniger) und an Brett fünf geschah dies:

Murdzia,Piotr (2449) - Feygin,Michael (2512)
SBL 2013/14 SV Mülheim Nord - SV Griesheim (10), 23.02.2014


Stellung nach 47.Kf3:

Weiß stand lange Zeit auf Gewinn, litt aber an einer schlechten Königsstellung, so dass hier für Schwarz schon ein Remis drin ist. 47...Sh2+? 47...Sxe5+ 48.Txe5 Tb3+ 49.Kf4 Dg2 50.Te8+ Kh7 51.Ke5 Dxg3+ 52.Ke6 und hier ist jedes Ergebnis noch denkbar, auch wenn die Stellung objektiv remis ist. 48.Kf4 Jetzt steht Weiß wieder auf Gewinn, schließlich hat er einen ganzen Turm mehr, aber es ist immer noch nicht einfach mit diesem König. 48...Dg2 49.Ta3 49.Te7 Df3+ 50.Ke5 Dxg3+ 51.Ke6+- 49...Dh3 Schwarz verschießt seine letzte Patrone und droht mächtig 50...Dg4+.

50.Dg1?? 50.Te6 sieht normal aus (insbesondere, wenn man kaum Zeit hat) und führt nach 50...Dxh4+ 51.Ke5 Tb5+ 52.Kd6 Dd8+ 53.Kc6 Dxd4 54.Kxb5 zu materiellem Gleichgewicht. Weiß besaß aber einen sehr schönen Gewinnweg: 50.Te8+! Ein schönes Räumungsopfer 50...Txe8 51.Dxg7+! Ein schönes Hinlenkungsopfer 51...Kxg7 52.Sh5+ Kf7 53.Txh3 und Weiß hat ein gewonnenes Endspiel. Diese Zugfolge kann man in der Aufregung und zu fortgeschrittener Spielzeit natürlich übersehen. 50...Dg4+ 51.Ke3 Df3+ 52.Kd4 Dxa3-+ Schwarz hat sein Material zurückgewonnen und der weiße König steht einfach zu offen. 53.Te8+ Txe8 54.Dxh2 Td8+ 0-1

Auch wenn das eine bittere Niederlage für Griesheim war, die Chancen auf den Klassenerhalt sind bei einem Punkt Rückstand auf Berlin weiter gegeben.

Im zweiten Kampf in Viernheim hatte der SV Wattenscheid keine Mühe gegen den Gastgeber. Nach dem 7,5:0,5 gegen Griesheim folgte mit 7:1 der zweite Kantersieg in Folge.

Einzelergebnisse der 10. Runde
Fotos aus Hamburg
Fotos aus Berlin
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Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.