Brillantes Schach

Erstellt am: 06.04.2013

Die 14. Runde der Schachbundesliga bot hochklassiges Schach. Es gab taktisches Feuerwerk, feine Endspieltechnik und lauter verblüffende Züge zu bewundern. Eine Zusammenfassung der Ereignisse von der zentralen Endrunde in Schwetzingen.

Die OSG Baden-Baden sicherte sich am Freitag gegen die SG Trier den Meistertitel, doch richtig meisterlich zeigte sich das Team erst gegen den SC Eppingen. Unter den Augen von Wolfgang Grenke bot die mit Weltklassespielern gespickte Mannschaft eine Traumleistung. Die Kraichgauer, die nicht gerade als Kanonenfutter bekannt sind, erlebten beim 1,5:6,5 ein erstaunliches Debakel.

Etienne Bacrot und Jan Gustafsson brillierten im Endspiel und besiegten ihre Gegner auf sehr lehrreiche Weise. Rustam Kasimdzhanov und Liviu-Dieter Nisipeanu waren ihren Kontrahenten strategisch und taktisch überlegen, aber die Partie des Tages fand am Spitzenbrett zwischen Peter Svidler und Pentala Harikrishna statt und dazu trugen beide Spieler bei. Die Partie ging über sechs Stunden und fesselte viele Zuschauer.

Svidler,Peter (2747) - Harikrishna,Pentala (2688)
SBL 2012/13 SC Eppingen-OSG Baden-Baden, 06.04.2013


1.c4 e6 2.Sc3 d5 3.d4 Sf6 4.cxd5 exd5 5.Lg5 c6 6.Dc2 Sa6 7.e3 Sb4 8.Db3 Lf5 9.Tc1 Db6 10.Lxf6 gxf6 11.Dd1 Da5 12.Dd2

12...Sxa2!? Das beinhaltet ein interessantes Damenopfer. 12...Sa6 war eine Alternative. 13.Ta1 Sxc3 14.Txa5 Se4 15.Dc2 Lb4+ 16.Kd1 Lxa5 17.Ld3 Sxf2+ 18.Dxf2 Lxd3

Es ist eine komplexe Stellung mit interessanter Materialverteilung entstanden. Man könnte sagen, dass die Partie erst hier begann. Es fehlt die Zeit, um sie ergiebig zu analysieren. Einfach auf dem Liveportal nachspielen und genießen, wie sich einer der Helden von London nach mehr als sechs Stunden und 77 Zügen durchsetzte.

Der verdiente Lohn war ein gemeinsames Abendessen mit Wolfgang Grenke in einem feinen Etablissement im nahe gelegenen Speyer.

Ob die Trierer ebenfalls fein diniert haben, ist nicht überliefert, aber sie hätten es verdient gehabt. Nach dem 5:3 gegen den SV Hockenheim liegen die Domstädter auf Rang fünf. Am Spitzenbrett zeigte David Howell eine starke Leistung gegen Rainer Buhmann.

Howell,David W L (2634) - Buhmann,Rainer (2584)
SBL 2012/13 SV Hockenheim-SG Trier, 06.04.2013


Stellung nach 23...Tg6:

Wie soll Weiß auf den Angriff reagieren? 24.Dxg6+! 24.f3 Lf8! und Schwarz hat ernstzunehmendes Gegenspiel. 24...Kxg6 25.Sxd6 Die Pointe. Schwarz kann nicht auf d6 nehmen, weil er wegen Te6+ die Dame verlieren würde. 25...Ld5 26.Te7! Dxd6 27.Txg7+ Kh5 28.Te3

28...Lxg2 Das verhindert nur kurzfristig die Niederlage. 29.Txg2 Kh4 30.Le5 Dc6 31.Tgg3 f4 32.Te4 Tf8 33.Lxf4 Kh5 34.f3 Dd7 35.Le3 Tf5 36.Kf2 Dxd3

37.Te6 1-0

Punktgleich mit Trier liegt Bremen nach dem 5:3 gegen Berlin in der Tabelle auf Rang sechs. Die Augen richten sich in der letzten Runde auf Matthias Blübaum, der durch ein Remis eine GM-Norm erzielen und seine starke Saison krönen könnte.

Der SK Turm Emsdetten hatte beim 6,5:1,5 gegen Forchheim keine Probleme. Die Aufmerksamkeit zogen insbesondere Anish Giri und Michael Prusikin mit ihrer Partie am Spitzenbrett auf sich.

Giri,Anish (2730) - Prusikin,Michael (2545)
SBL 2012/13 SC Forchheim-SK Turm Emsdetten, 06.04.2013


Stellung nach 14...Lg4:

15.Lxb7? Das ist viel zu riskant, weil Weiß Probleme bekommt auf den weißen Feldern. Das Fragezeichen für den Zug stammt von Giri selbst. 15...Sf3+ 16.Kf1 Dd7 17.Kg2 Tab8 18.Ld5+ "Eigentlich wollte ich 18.Lxf3 Lxf3+ 19.Kxf3 spielen, doch dann sah ich, dass 19...Dc6+ sofort gewinnt für Schwarz." (Anish Giri) 18...Kh8 19.Lb2 Tbe8 20.Sf4

20...Sxh4+? Schwarz durfte nicht die Dame nehmen. 20...Se5! gewann, wie die folgenden, allerdings nicht trivialen, Varianten zeigen. 21.Sce2 (21.Dc2 c6! 22.f3 Sxd5!-+) 21...Sxd5 22.cxd5 Lf3+ 23.Kg1 Txf4!! 24.exf4 Sg4-+ 21.Txh4 Lxd1 22.Txd1! 22.Sg6+ Kh7 23.Sxf8+ Txf8 24.Txd1 g5! "So wollte ich spielen, doch 22.Txd1 belehrte mich eines besseren." (Michael Prusikin) 22...g5 23.Se4!+- Der junge Holländer ist in seinem Element. Er berechnet solche Stellungen mit wunderbarer Leichtigkeit. 23...gxh4 24.Lxf6+ Kh7 25.Th1

25...Txe4? 25...Df5 bot mehr Widerstand. Sowohl 26.Txh4 als auch 26.Sg5+ führt zu weißem Vorteil und Giri hatte beide Züge gesehen. 26.Lxe4+ Kg8 27.Ld5+ Kh7 28.Sxh5 Kg6 29.Le4+ Kf7 30.Txh4 c6 31.Tf4 Kg8 32.Lf5 1-0

Das Spitzenspiel der 14. Runde und das Spiel um Platz zwei in der Tabelle fand zwischen dem SV Mülheim Nord und der SG Solingen statt, doch richtige Dramatik kam nicht auf. Letztendlich entschied das Duell an Brett acht den Kampf. Der Solinger Michael Hoffmann misshandelte nach eigener Aussage gegen Daniel Hausrath die Eröffnung und sah sich schnell im Hintertreffen und nicht in der Lage die Niederlage zu verhindern. Es blieb die einzige entschiedene Partie und somit gewann Mülheim mit 4,5:3,5 und steht als Vizemeister fest.

Ein enges Duell mit vielen interessanten Partien lieferten sich Katernberg und Wattenscheid mit dem besseren Ende für die Essener. Der knappe Sieg mit 4,5:3,5 kam unter anderem folgendermaßen zustande:

Ris,Robert (2394) - Hirneise,Tobias (2448)
SBL 2012/13 SF Katernberg-SV Wattenscheid, 06.04.2013


Stellung nach 26...Sfxd5:

Weiß kann den angegriffenen Turm wegen Tc3 nicht zurückziehen. Es geht darum so abzuwickeln, dass die weißen Freibauern Weiß genügend Kompensation sichern. 27.Txd5!? 27.Sd2 Sxe3 28.Dxe3 möchte der Computer spielen und sieht Weiß in Vorteil. 27...Sxd5 28.Td3 e4 Die Gabel ist naheliegend, aber auch einfach 28...Sb6 kam in Frage. 29.Dxd5 exd3 30.Dxa8 Txa8 31.b5! Tc3 32.a4

Eine malerische Stellung. Schwarz hat klaren materiellen Vorteil, aber halten sie mal die weißen Freibauern auf. 32...Le7 32...g5! schlägt der Computer vor. Das ist lehrreich. Schwarz verhindert die Aktivierung des schwarzfeldrigen Läufers über f4 und das Schlagen auf g5 verbietet sich natürlich wegen d2. 33.Lf4 Ld8 34.Le3 Ta3 35.Kg2 d5 36.Lc5 Tc3 37.Ld4 Ta3 38.Lc5 Tb3 39.a7 Kurz vor der Zeitkontrolle wird es ungenau, aber das ist bei dieser Stellung kaum vermeidbar. 39...La5 40.Le3

40...d4?? 40...d2! hätte gewonnen: 41.Le2 (41.Lxd2 Lxd2 42.Sxd2 Tb2 43.a5 Txa7 44.a6 Txd2 45.b6 Txa6! 46.Lxa6 Tb2-+; 41.Sxd2 Txe3 42.fxe3 Txa7! 43.Sb3 Lb6-+) 41...Txe3! 42.fxe3 Txa7-+ 41.Sxd4 Tc3 Vielleicht war 41...d2 die Idee, aber das verliert wegen 42.Lxd2! 42.Sc6 Txc6?! 42...d2 bot mehr Widerstand, ist auf lange Sicht aber wohl auch verloren. 43.bxc6+- Die Freibauern kann Schwarz jetzt nicht mehr aufhalten. 43...d2 44.Le2 Kf8 45.c7! Ke7 45...Lxc7 46.Lf3+-

46.Lxd2 Lxd2 47.Lf3 Tf8 48.Lb7 1-0

Im Kellerduell kam der SV Griesheim durch ein 5,5:2,5 gegen den SK Norderstedt zu seinem ersten Saisonsieg und übergab die rote Laterne an den heutigen Gegner. Viel mehr Bedeutung wird diesem Sieg aber nicht zukommen. Mit dem gleichen Ergebnis besiegte der Hamburger SK den Wiesbadener SV. Rasmus Svane machte mal wieder von sich Reden, denn er besiegte seinen Gegner Julian Geske in einem vermeintlich interessanten Theorieduell nach gerade mal 21 Zügen.

Svane,Rasmus (2394) - Geske,Julian (2401)
SBL 2012/13 Wiesbadener SV-Hamburger SK, 06.04.2013


1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sc3 dxc4 4.e3 b5 5.a4 b4 6.Se4 Dd5 7.Sg3 Sf6 8.Le2 e6 9.e4 Sxe4 Meistens wurde an dieser Stelle 9...Da5 gespielt. 10.Lf3 f5

11.De2 Weiß greift sofort den Springer auf e4 an. Das scheint ein neuer Zug zu sein. In einer Vorgängerpartie geschah 11.S1e2 Ld6 12.0-0 Sd7 13.Sf4 Lxf4 14.Lxf4 0-0 15.Te1 Sdf6 16.Le5 Dd7 17.Lxe4 Sxe4 18.Sxe4 fxe4 19.Txe4 mit Kompensation für Weiß in Sjugirov,S (2625)-Popov,I (2609), Tyumen 2012. Allerdings gibt es genug Stellen, an denen Schwarz abweichen kann. 11...Sxg3 12.hxg3 Dxd4?! Prinzipiell gespielt, aber der weiße Entwicklungsvorsprung wächst danach enorm an. 13.Lf4 Kf7? Das verliert objektiv, aber es gibt wahrscheinlich eh keine Rettung. 13...c3 14.Td1 cxb2 15.Txd4 b1D+ 16.Td1± 14.Lh5+!+-

14...Kg8 14...g6 hilft auch nicht. 15.Sf3! Dg7 (15...Dc5 16.Sg5+ Kf6 (16...Kg8 17.Sxe6 De7 18.Sxf8 Kxf8 19.Lh6+ Ke8 20.Lxg6+ hxg6 21.Dxe7+ Kxe7 22.Lg5+ Kf7 23.Txh8+-) 17.Lxg6 Kxg6 18.Dh5+ Kf6 19.Df7#) 16.Le5 Dh6 17.Lxb8! Txb8 18.Lxg6+!+- 15.Sf3 Dc5 16.0-0-0 Le7 17.Sg5 c3 18.Sxe6 cxb2+ 19.Kb1 Dc3 20.Sg5 Df6

21.Td8+! 1-0

Einzelergebnisse der 14. Runde
Fotos von der 14. Runde in Schwetzingen
Fotos vom Simultan mit Anatoli Karpov
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Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.