"Die Schachbundesliga ist eine Herausforderung"

Erstellt am: 30.09.2013

Der SC Viernheim stieg aus der 2. Bundesliga Süd in die Schachbundesliga auf. In einem Interview mit dem 1. Vorsitzenden, Stefan Schmidt, stellen wir ihnen den Klub vor.

Schachbundesliga: Herr Schmidt, bitte stellen Sie ihren Verein vor.

Schmidt: Viernheim liegt im südlichen Zipfel von Hessen, flankiert von den badischen Nachbarstädten Mannheim und Weinheim. Aufgrund dieser geographischen Lage spielt der Schachclub Viernheim e.V. seit seiner Gründung im Jahre 1934 in den Ligen des Badischen Schachverbands. Mit unseren ca. 80 Aktiven sind wir der zweitgrößte Verein im Mannheimer Schachbezirk und waren im letzten Jahr mit fünf Erwachsenen– und einer Jugendmannschaft vertreten.

Die erste Mannschaft spielt seit der Saison 1988/99 mit kurzen Unterbrechungen in der 2. Bundesliga Süd. Aus diesem Team haben es drei unserer einheimischen Spieler zum IM-Titel geschafft: Günther Beikert, Andreas Mandel und Jörg Wegerle (heute Solingen). Unsere guten Beziehungen nach Paris und London führten zu langjährigen Freundschaften mit unseren ausländischen Schachfreunden. So spielt z.B. Pierre Carbonnel schon seit 15 Jahren für uns. Der lettische GM Igor Rausis meinte einmal: "Ich habe nie für eine Mannschaft vorher gespielt und war seht stolz, das ich ein Viernheimer war"…

Neben dem Spitzensport ist uns auch die Jugendförderung sehr wichtig, so unterstützen wir z.B. Schach-AGs an sechs Viernheimer Schulen. Unser Clubabend ist mit zahlreichen Angeboten bestückt, die Infos dazu verteilen wir über unsere Homepage. Unser jüngstes Faible ist die Verknüpfung von Fußball und Schach – hier gibt es seit einiger Zeit einen wöchentlichen Extra-Trainingstermin in der Sporthalle.

Schachbundesliga: Welche Bedeutung hat es für ihren Verein, dass er in der Schachbundesliga vertreten ist?

Schmidt:Für uns ist es eine großer Erfolg und gleichzeitig eine Herausforderung, als derzeit einziger Viernheimer Verein in der höchsten Deutschen Spielklasse anzutreten. Und natürlich eine prima Gelegenheit, uns noch mehr als bisher in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Der Aufstieg ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit, auch wenn er nicht vornherein geplant war. In den entscheidenden Kämpfen hatten wir diesmal das notwendige Quäntchen Glück. Aber es ist für uns auch ein Zeichen, dass Mannschaft und Verein florieren. Ich denke, die kommende Saison wird uns einen großen Schub geben.

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Schachbundesliga: Mit welchen Erwartungen starten Sie in die Saison?

Schmidt: Uns erwartet ein spannendes und intensives Jahr. Die Doppelrunden werden für uns eine große Umstellung bedeuten. Trotz guter Auslosung verlangen uns die Auswärtskämpfe in Berlin und Solingen einiges an Aufwand ab. Auch mit der Bereitstellung der technischen Voraussetzungen betreten wir Neuland. Hier ist das Umfeld der Bundesliga seit unserer ersten Teilnahme 1998/99 deutlich professioneller geworden. Gleichzeitig freuen wir uns darauf, neue Kontakte zu knüpfen und Schachfreunde zu erreichen, die normalerweise nicht nach Viernheim kommen.

Ein wenig erschreckt hat uns die Konfrontation mit dem Thema „elektronisches Doping“ auf der Hauptversammlung der Schachbundesliga e.V. Offensichtlich werden auch die Möglichkeiten des Missbrauchs deutlich professioneller….

Schachbundesliga: Welches sportliche Ziel verfolgen Sie?

Schmidt: Uns ist klar, dass wir in den allermeisten Begegnungen klarer Außenseiter sind. Wir wollen uns mit unseren Mitteln so gut wie möglich schlagen. Dabei werden wir hoffentlich unsere Chancen nutzen, sollten wir welche haben. Der Klassenerhalt wäre natürlich das i-Tüpfelchen.


Schachbundesliga: Wird die Mannschaft gegenüber dem Vorjahr personell verändert?

Schmidt: Mit der Entscheidung für das „Abenteuer“ Bundesliga und aus den Erfahrungen mit und nach unserem letzten Aufstieg haben wir uns bewusst entschieden, keine größeren Änderungen an der Mannschaft vorzunehmen, sondern im Wesentlichen mit dem Team zu spielen, das auch den Aufstieg errungen hat.

Schachbundesliga: Welche neuen Spieler haben sie verpflichtet?

Schmidt: Wir haben in dieser Saison wieder GM Peter Wells im Team, er hat im letzten Jahr eine Baby-Pause eingelegt, war aber davor schon einige Jahre für Viernheim aktiv. Außerdem ist mit FM Michael Müller der aktuelle Thüringer Meister hinzugekommen. Er wohnt seit kurzem in Mannheim.

Schachbundesliga:Wie stemmen Sie finanziell das "Abenteuer" Bundesliga?

Schmidt: Wir haben mit der sehr erfolgreichen Managementberatung d-fine einen Sponsor gewonnen, der den eingeschlagenen Weg mit uns zusammen gehen will. Mit ihrem Sitz in Frankfurt hat d-fine trotz ihrer globalen Ausrichtung einen starken Schwerpunkt im Rhein/Main/Neckar-Raum. Besonders das Thema Nachhaltigkeit ist ihnen wichtig, was bei uns im Verein ebenfalls eine große Rolle spielt. Außerdem haben wir viele weitere Spender, die uns den Start in der Bundesliga finanziell ermöglichen.

Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.