Der SV Hockenheim steigt aus der 2. Bundesliga Süd in die SBL auf. Der Ehrenvorsitzende, Dieter Auer, stellt den Verein vor und zeigt auf, welchen Stellenwert das Schach in der Metropolregion Rhein-Neckar genießt.
Schachbundesliga: Herr Auer, bitte stellen Sie ihren Verein vor.
Dieter Auer: Der Schachclub wurde 1930 gegründet. Ich bin dem Verein 1959 beigetreten, hatte verschiedene Funktionen inne, war 1. Vorsitzender von 1985 bis 2003 und wurde danach zum Ehrenvorsitzenden "ernannt". Anatoli Karpow lernte ich 1990 in Speyer kennen. Er ist Ehrenmitglied des Vereins seit 1994. Mit Sicherheit haben seine häufigen Besuche im Schach in Hockenheim und in der Region einige Dinge bewegt und voran gebracht. Ein persönliches schachliches Engagement Karpows setzte allerdings "Bundesligareife" voraus. Die spielerische Entwicklung des Vereins wird sichtbar, wenn man weiß, dass der Verein im 75-jährigen Jubiläumsjahr 2005 noch in der Landesliga spielte. Unser Verein weist knapp 100 Mitglieder aus. Die durch die Formel 1 bekannte Große Kreisstadt Hockenheim hat ca. 21.000 Einwohner.
Schachbundesliga: Welche Bedeutung hat es für den SV Hockenheim, in der Schachbundesliga vertreten zu sein?
Dieter Auer: Unser Vorstandsmitglied Manfred Werk erweitert zurzeit die Jubiläumschronik des Vereins aus dem Jahr 2005. Die letzten sechs Jahre dokumentieren in der Chronik in vielerlei Hinsicht sportliche Erfolge wie auch eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Nachdem die Spielsaison 2010/2011 in der 2. Schachbundesliga Süd mit sieben Siegen und zwei Unentschieden beendet werden konnte, war der Aufstieg in die höchste deutsche Liga programmiert. Einschränkend verwende ich persönlich gerne den Terminus "Abenteuer Schachbundesliga" in Kenntnis des Anforderungsprofils, das auf einen relativ kleinen Verein wartet. Eine Bewertung der derzeitigen Situation möchte ich aus
unterschiedlichen Gründen nicht vornehmen.
Schachbundesliga: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Schachbundesliga?
Dieter Auer: Ein Newcomer betritt natürlich Neuland in jeder Hinsicht und eine Bewertung der Situation ist nicht einfach. Da bisher noch kein Hauptsponsor gefunden werden konnte, liegt die Problematik in der Akquise der erforderlichen Mittel. Bekanntlich gehen ja die Meinungen auseinander, inwieweit der Begriff Sponsoring überhaupt auf die Randsportart Schach anwendbar ist. Vorstandschaft und Verein möchten sich dieser Herausforderung aber stellen. Aber nur Erfolge rechtfertigen bekanntlich die Methode.
Schachbundesliga: Welches sportliche Ziel verfolgen Sie?
Dieter Auer: Auch wenn es nahe liegend erscheint, das sportliche Ziel mit Klassenerhalt zu definieren, möchte ich persönlich davon abrücken. Da die Metropolregion Rhein-Neckar finanzstark ist, sollte sie sich nach meiner Einschätzung einen Erstbundesligisten "leisten" und zumindest ein Team dauerhaft etablieren. Ein solcher Erfolg würde sich nicht alleine auf Hockenheim konzentrieren, sondern Schach in der Region einen Schub verleihen. Ein Aufschwung der sich auch in den Aktivitäten der Karpow- Schachakademie Rhein-Neckar e.V. und der Rhein-Neckar Schachjugend widerspiegelt.
Schachbundesliga: Wird die Mannschaft gegenüber dem Vorjahr personell verändert?
Dieter Auer: Das Team bleibt mit Ausnahme des Spielertrainers IM Roman Vidonyak, der nach Tegernsee verzogen ist, bestehen. Anatoli Karpow wird an Brett 1 spielen, so wie es seine internationalen Verpflichtungen zulassen und Nationalspieler GM Rainer Buhmann an Brett 2. Der Kader umfasst zurzeit 14 Spieler/innen. Inzwischen ist bekannt, dass sich das Team durch die Neuverpflichtungen von GM David Baramidze und IM Elisabeth Pähtz verstärken wird. Wir stehen mit weiteren interessanten Spielern in Verhandlung, aber hier gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nichts Spruchreifes zu vermelden.
Die neuen deutschen Gesichter beim SV Hockenheim, Elisabeth Pähtz und David Baramidze
Schachbundesliga: Wie stemmen Sie finanziell das "Abenteuer" Bundesliga?
Dieter Auer: Es ist kein Geheimnis, dass der bisher erforderliche Etat durch ein Co-Sponsoring-Modell generiert werden konnte, das auf einem breit gefächerten Netzwerk basiert. Einen Mäzen oder Hauptsponsor gab oder gibt es (noch) nicht. Insofern kann das Thema "Etatbewältigung" noch nicht abschließend bewertet werden.
Es gibt aber Kontakte zu Banken, Unternehmen und dem bisherigen Hotelpartner ACHAT Hotels Deutschland, dessen Zentrale in Hockenheim ist. Das ACHAT Premium Hotel Walldorf/Reilingen unterstützt auch das Trainingsseminar Anatoli Karpows mit den deutschen Spitzenspielern GM Arkadij Naiditsch, GM Georg Meier, GM Daniel Fridman, GM Rainer Buhmann, GM David Baramidze und IM Elisabeth Pähtz als Gastteilnehmerin am 20./21. Juni.
Anatoli Karpow (rechts neben ihm Dieter Auer) beim Training mit einem Teil des deutschen Nationalteams
In vielerlei Hinsicht basieren weiterhin Wünsche und Hoffnungen auf dem Ausbau des Racket Centers Nußloch vor den Toren von Heidelberg. Schach wird dort seit Jahren unterstützt und gefördert und hat - wenn man es so beschreiben möchte - ein "Zuhause" gefunden.
Herr Auer, vielen Dank für das Gespräch.