Nur ein Münchner Team kann überleben

Erstellt am: 25.04.2017

Spannender Abstiegskampf zwischen FC Bayern und MSA Zugzwang
Zentrale Bundesliga-Runde in Berlin mit Legende Karpow

Von Hartmut Metz

„Wir sind alle heiß auf das große Finale gegen MSA Zugzwang. Platz zwölf muss nun unser Ziel sein“, verkündet Jörg Wengler vor dem Bundesliga-Derby. „Gegen den FC Bayern geht es jetzt um alles“, bestätigt Markus Lammers vom Lokalrivalen Münchener Schachakademie (MSA). Im Berliner Maritim Hotel steht am Samstag (14 Uhr) nicht nur das erste Münchner Duell im deutschen Oberhaus seit mehr als zwei Jahrzehnten an. Beide Teams kämpfen zudem ums nackte Überleben – und eigentlich kann es nur einer der beiden schaffen.

Der Sieger dürfte den Tabellenzwölften SG Speyer-Schwegenheim (5:19) überflügeln, weil dieser gegen drei Topteams nichts erben sollte. Die Bayern (5:19) könnten so bereits mit einem Unentschieden gegen MSA Zugzwang den rettenden zwölften Platz erreichen – sofern der SV Griesheim und König Tegel (alle 4:20) an den drei letzten Spieltagen nicht irgendwo eine Überraschung schaffen. Das würde den ersten regulären Klassenerhalt der Münchner Bayern seit Jahren bedeuten, bei dem die Schach-Abteilung nicht auf Rückzüge anderer Vereine angewiesen ist. „Wir können es ausnahmsweise einmal durch eigene Kraft schaffen“, bestätigt Bayern-Spieler Andreas Schenk. Kapitän und Abteilungsleiter Wengler weiß aber auch: „Alles ist ganz eng.“

Obwohl der FCB sicher auf Klaus Bischoff verzichten muss, weil für den eloquenten Großmeister die Live-Kommentierung im Maritim wichtiger und lukrativer ist, betont MSA-Kapitän Lammers: „Wir geben nun alles und sind vorsichtig optimistisch – aber Bayern ist klar favorisiert.“ Der Kader des Aufsteigers ist weniger breit aufgestellt. Vieles hängt an den Altmeistern Stefan Kindermann und Gerald Hertneck – die erlebten noch die letzten Münchner Bundesliga-Derbys in den 80er und 90er Jahren. Wie Bischoff trug Kindermann zu den neun Titeln der Bayern bei. Hertneck ging für den Münchener Schachclub von 1836 ans Brett. Der drittälteste deutsche Schachclub und achtfache nationale Meister forderte den „FC Ruhmreich“ sogar um den Titelkampf – aber zu mehr als zwei dritten Plätzen reichte es dem heutigen Oberligisten in der Bundesliga nicht.

Gerald Hertneck | Foto: Hartmut Metz
Gerald Hertneck | Foto: Hartmut Metz

Der Unterlegene im aktuellen Stadtduell hat zumindest noch weitere Chancen auf Zählbares: Am Sonntag (14 Uhr) misst sich MSA Zugzwang mit der SG Trier und die Bayern mit DJK Aufwärts Aachen. Beide Kontrahenten stehen mit 11:13 Zählern sorgenfrei auf den Plätzen neun und zehn – und laufen womöglich deshalb nicht in Bestbesetzung auf. Am Montag, 1. Mai (10 Uhr), tauschen die Münchner ihre Gegner. Selbst wenn danach der sofortige Wiederabstieg von MSA Zugzwang folgen würde, betont Lammers angesichts der phasenweise guten Vorstellungen des Schlusslichts: „Wir haben die Saison nicht enttäuschend beendet und bereits besser abgeschnitten als erwartet.“

Die zentrale Schlussrunde in der Hauptstadt verspricht zahlreiche schachliche „Highlights“, findet Lammers: Neben zahlreichen aktuellen Topspielern wird Legende Anatoli Karpow mit von der Partie sein. Der russische Ex-Weltmeister spielt für den SV Hockenheim (19:5), der sich hinter der OSG Baden-Baden (24:0) die Vizemeisterschaft sichern will. Außerdem erhöht die Damen-Bundesliga die Zahl der an den drei Tagen zu sehenden Bretter bei dem Schach-Fest auf 100!

Anatoly Karpov | Foto: Hartmut Metz
Anatoly Karpov | Foto: Hartmut Metz

Für die Bayern-Schachspielerinnen geht es dabei ebenfalls um den Klassenerhalt. Dieser ist jedoch weit unwahrscheinlicher als bei den männlichen Vereinskameraden. Das Schlusslicht braucht mehr als einen Sieg am 1. Mai über den Vorletzten SG Augsburg. Rang zehn vor TuRA Harksheide (alle 2:14) wäre zu wenig. Der Tabellenneunte SK Lehrte (4:12) weist deutlich mehr Brettpunkte auf – und die Bayern-Damen dürften gegen Spitzenreiter SK Schwäbisch Hall (15:1) und SF Deizisau (10:6) eher hoch verlieren. Daher dürfte der Abstieg bereits am Sonntag besiegelt sein.



Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.