Dortmund mit perfektem Wochenende

Erstellt am: 08.12.2014
Hansa Dortmund ist das Team der Stunde. Mit drei Siegen hintereinander katapultierte sich der Aufsteiger auf einen Mittelfeldplatz und stieß mit dem 4,5:3,5 gegen Hamburg einen der Konkurrenten im Abstiegskampf an den Rand des Abgrunds. Im folgenden Beitrag gehen wir auf diesen Sieg und weitere Höhepunkte der sechsten Runde ein.

Nach Baden-Badens Sieg gegen Schwäbisch Hall wird der Titelkampf aller Voraussicht nach wieder sehr einseitig verlaufen - ganz im Gegensatz zum Abstiegskampf. Da die starken Aufsteiger Schwäbisch Hall und Dresden sich im oberen Drittel der Tabelle festsetzten, wird es dieses Jahr mindestens ein bis zwei arrivierte Teams treffen.

Neben Rostock und Müchen hat der Hamburger SK inzwischen die schlechtesten Karten. Das Wochenende verlief mit zwei Niederlagen gegen Katernberg und Dortmund dramatisch schlecht und ein Blick auf das Restprogramm verrät den Ernst der Lage.

Hansa Dortmund ist dagegen das Team der Stunde. Drei Siege hintereinander katapultierten die Mannschaft auf Platz acht in der Tabelle. Beim knappen Sieg gegen Hamburg war allerdings einiges Glück vonnöten. Laut Teamchef Andreas Warsitz war das allerdings nur ausgleichende Gerechtigkeit: "Vor dem Kampf gegen Hamburg hatte sich in zwei Jahren SBL für Hansa jede drehende Partie zu unseren Lasten gedreht, so dass es für uns mal ausgleichende Gerechtigkeit war."

Dortmunds volle Punkte durch David Anton Guijarro und Imre Hera sowie Hamburgs Siege von Robin van Kampen und Martyn Kravtsiv erfolgten nach einem normalen Verlauf, sprich sie waren für den jeweiligen Spieler verdient. Die Dramen spielten sich an den zwei letzten Brettern ab, an denen der HSK nicht nur den Sieg, sondern auch einen Punkt verschenkte.

Korpa,Bence (2424) - Lampert,Jonas (2443)
SBL 14/15, Hamburger SK - Hansa Dortmund


Stellung nach 30.Lc3:

30...Sxe3! Das ist ein Gewinnzug, der allerdings einige Präzision erfordert. In der Folge wird deutlich, dass Lampert die Folgen nicht korrekt berechnet hat. Tragisch aus Sicht des Spielers und der Hamburger ist die Tatsache, dass Schwarz auch einfach den Bauern auf a3 mit besserer Stellung und ohne Verwicklungen hätte schlagen können. 31.fxe3 g5? 31...Lxe3+! 32.Kf1 (32.Kh1 Da2 33.g4 Db1+ 34.De1 Lxe4-+; 32.Sf2 Da2 33.g4 Ld3 34.Lf1 Lxf1 35.Kxf1 Dc4+ 36.Kg2 Dxc3-+) 32...Lg4! 33.Ke1 Lg5-+ 32.Dh5 Lxe4 33.Lxe4+ f5 33...Dxe4 34.Df7+ nebst Matt. 34.Ld3! Dxe3+ 35.Kg2

Es geht nicht weiter für Schwarz. Der Läufer auf d3 ist tabu wegen Df7# und 35...Df2+ 36.Kh3 g4+ scheitert an 37.Dxg4! (der Bauer f5 ist gefesselt). Vielleicht hatte Schwarz dieses Motiv übersehen bei 31...g5. 35...De6 36.Df3 Kg6 37.g4 1-0

Sehr ärgerlich war aus Hamburger Sicht auch das Remis von Thies Heinemann an Brett acht gegen Patrick Zelbel. Heinemann hatte ein gewonnenes Turmendspiel auf dem Brett, das er aber nicht verwertete. Dieses Endspiel wird Karsten Müller in seiner Serie "Weisheiten im Endspiel" näher betrachten.

Der letzte Moment der Partie Heinemann-Zelbel (Foto: Pouya Majdpour)

Der Parallelkampf am Sonntag in Essen war eine klare Angelegenheit. Katernberg gewann mit 7:1 gegen Rostock, liegt aber mit fünf Punkten weiterhin auf einem Abstiegsplatz.

Schwäbisch Hall besiegt Eppingen

Der SK Schwäbisch Hall besiegte den SC Eppingen mit 4,5:3,5 und peilt die Vizemeisterschaft an. Bremen als derzeit härtester Konkurrent hat einen Kampf weniger, muss aber noch gegen Baden-Bafen antreten. Beim Sieg gegen die Kraichgauer war Li Chao einer der Matchwinner:

Bogner,Sebastian (2598) - Li,Chao b (2722)
SBL 1415 SC Eppingen - Schwäbisch Hall


Stellung nach 19.Tg1:

19...f4! 20.gxf4 exf4 21.Ld4 21.Ld2 Th6 bereitet auch keine Freude für Weiß. 21...c5 22.Lg7 Le5! Stark. Letztendlich tauscht der Chinese den schwarzfeldrigen Läufer. Dafür dringt er entscheidend mit seinem Springer in die weiße Stellung ein. 23.Txg6 hxg6 24.Lxe5 Sxe5 25.Le2 Sd3+ 26.Lxd3 Txd3 Der schwache Bauer f3 fällt jetzt. 27.Tg1 Txf3+ 28.Ke1 Te3+ 29.Kf2 Th3 30.Txg6 Txh2+ 31.Kg1 Txb2 32.Txb6 c4 33.Txb7

33...cxb3 Saubere Technik. Der Freibauer entscheidet. 34.Tb5 Tb1+ 0-1

Die OSG Baden-Baden hatte gegen Bayern München erwartungsgemäß keine Schwierigkeiten und gewann 6:2. Der Titelverteidiger führt die Tabelle souverän an und ist auf dem besten Weg zum zehnten Titel in Folge.

Mülheim kann es doch noch

Mülheim wird ein Stein vom Herzen gefallen sein. Gegen Berlin gelang mit dem 6:2 der zweite Saisonsieg und ein mentaler Befreiungsschlag. Der Kampf bot einige interessante Partien, von denen das folgende Finale heraussticht:

Fridman,Daniel (2639) - Kraemer,Martin (2569)
SBL 1415 SV Mülheim Nord - SF Berlin


Stellung nach 42.Lc2:

42...c5!? Ein guter Versuch in schlechter Stellung. 43.dxc5 Lf3+ 44.Kxf3 Txa7 45.c6!

Der aktuelle deutsche Meister hat gut gerechnet und gesehen, dass seine Freibauern nicht aufzuhalten sind. 45...Ke5 46.b5 Kd6 47.b6 Ta8 48.c7 Tf8+ 49.Ke2 Kc6 50.g7 Tc8 51.Lh7 1-0

Daniel Fridman

In einem Spitzenkampf der sechsten Runde gewann die SG Solingen mit 5:3 gegen Dresden. Entscheidend war die Überlegenheit an den hinteren Brettern, an denen der schweizer Nachwuchsspieler Nico Georgiadis mit zwei vollen Punkten am Wochenende ein gelungenes Debüt in der SBL feierte.

Punkteteilungen in Hockenheim

Werder Bremen kam gegen die SG Trier nicht über ein 4:4 hinaus, obwohl sie außer am sechsten Brett jeweils mit einem leichten Elo-Vorteil in den Kampf starteten. Nur Zbynek Hracek holte einen vollen Punkt, aber auf der anderen Seite glich Mircea Parligras aus. Für Trier ist dieser Punkt Gold wert, da sie jetzt im Abstiegskampf sehr gute Chancen haben, sich angesichts des Restprogramms gegenüber ihren Konkurrenten durchzusetzen.

Emsdetten gegen Hockenheim endete ebenfalls 4:4. In diesem Kampf rettete Anatoli Karpov den Gastgebern immerhin einen Punkt, da Alexander Moiseenko gegen Darius Swiercz verlor und die anderen sechs Partien remis endeten. Karpovs Sieg erinnerte an die besten Tage des 12. Schachweltmeisters, so leicht und locker war er herausgespielt:

Karpov,Anatoly (2623) - Mchedlishvili,Mikheil (2622)
SBL 1415 Turm Emsdetten - SV Hockenheim


Stellung nach 18...cxd4:

19.Sxd4! Nimmt nicht schematisch mit dem Bauern wieder, um seine Bauernstruktur intakt zu halten, sondern mit dem Springer, der entscheidend ins Geschehen eingreift. 19...Lg4 Verhindert 20.Lf3, hilft aber letztendlich nicht. Auf das Endspiel nach 19...Dc5 20.Dxc5 bxc5 21.Sxe6 fxe6 22.Lf3± hatte der Georgier gegen Karpov verständlicherweise keine Lust. 20.f3 Ld7 21.c5! bxc5 22.Txc5 Die schwarze Dame hat kein vernünftiges Feld, Weiß steht schon auf Gewinn. 22...De8 23.Sb5 Tc8 24.Sc7 Dd8 25.Lb5 Die Fesselung auf der d-Linie ist entscheidend. 25...a6 26.La4 h5

Schwarz hätte auch aufgeben können. Die weiße Dominanz ist so erdrückend, dass Materialgewinn nicht zu vermeiden ist. 27.Lxf6 Txc7 28.Lxg7 1-0

Anatoly Karpov

Die Schachbundesliga geht jetzt in die Winterpause, bevor es mit der 8. und 9. Runde am 31. Januar/01. Februar 2015 weitergeht. Außerdem komplettiert der Kampf zwschen Emsdetten und Berlin am 30. Januar die 7. Runde.

Einzelergebnisse 6. Runde
Alle Partien nachspielen auf dem Liveportal

Über den Autor

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Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.