Die Partie der Saison 2012/13

Erstellt am: 11.09.2013

Leon Mons spielte die Partie der Saison 2012/13. Mit deutlicher Mehrheit wählten die Leser der Schachbundesliga seinen Sieg gegen Arkadij Naiditsch auf Platz eins. Im folgenden Beitrag analysiert der 18-jährige Forchheimer sein Meisterstück. Außerdem geben wir die Gewinner der Wahl bekannt.

In diesem Beitrag standen zehn Partien zur Auswahl.

Die Leser der Schachbundesliga wählten mit großem Abstand den Sieg von Leon Mons gegen Arkadij Naiditsch auf Platz eins. Das erfolgreiche Abschneiden der Jugendlichen in der letzten Saison dokumentiert auch der zweite Platz von Rasmus Svane. Auf den dritten Platz landeten Peter Svidler und Sipke Ernst.

Das Abstimmungsergebnis:

1. Leon Mons-Arkadij Naiditsch 76 Punkte
2. Rasmus Svane-Rustam Kasimdzhanov 41 Punkte
3.-4. Peter Svidler-Pentala Harikrishan 29 Punkte
3.-4. Sipke Ernst-Mateusz Bartel 29 Punkte
5. Ivan Faragao-Etienne Bacrot 25 Punkte
6.-7. David Baramidze-Mateusz Bartel 18 Punkte
6.-7. Robert Ris-Tobias Hirneise 18 Punkte
8. Igor Khenkin-Rainer Buhmann 8 Punkte
9. Peter-Heine Nielsen-Miklos Galyas 7 Punkte
10. David Howell-Martin Krämer 6 Punkte

Leon Mons freute sich sehr über den Sieg, insbesondere weil ihn die Nachricht an seinem 18. Geburtstag erreichte! Für die Leser dieser Website analysierte der "Lockenkopf" einer der wohl größten Erfolge seiner Karriere.

Mons,Leon (2339) - Naiditsch,Arkadij (2704) [B21]
SBL 2012/13 SC Forchheim - OSG Baden-Baden (8.3), 03.02.2013


1.e4 c5 2.d4! Nachdem ich am Vortag völlig chancenlos verloren hatte, war ich auf einen scharfen Kampf aus, das Morra-Gambit war also genau die richtige Wahl. 2...cxd4 3.c3 d3 Eine Enttäuschung, da ich mich eigentlich nur auf die Annahme des Opfers vorbereitet hatte. Nun befanden wir uns also beide auf relativ unbekanntem Terrain. 4.Lxd3 Sc6 5.Sf3 g6 6.0-0 Lg7 7.c4 d6 8.h3 Sf6 9.Sc3 Sd7 10.Le3

Ebenfalls in Betracht kommt 10.Sd5 um den Doppelbauern auf der c-Linie zu vermeiden. Allerdings wollte ich den Tausch auf c3 provozieren, um die Stellung zu verschärfen. 10...Lxc3!? Eine zweischneidige Entscheidung: Schwarz zerschlägt die weiße Bauernstruktur, und besonders der Bauer c4 wird ein gutes Ziel für die schwarzen Figuren abgeben. Andererseits fehlt nun der wichtigste Verteidiger des Königsflügels und in der Entwicklung bleibt Schwarz ebenfalls zurück, beste Voraussetzungen also für einen erfolgreichen Königsangriff! Nach 10...0-0 11.Tc1 wäre stattdessen eine typische Maroczy-Stellung entstanden. 11.bxc3 Da5 12.Dd2 Sc5 13.Lc2 Le6 Eine nette Variante aus der Analyse will ich nicht unerwähnt lassen: Der völlig natürliche Entwicklungszug 13...0-0 verliert schon forciert: 14.e5! dxe5 (14...Sxe5 15.Sxe5 dxe5 16.Dd5 b6 17.Lh6±) 15.Lxc5 Dxc5 16.Dh6 f6 17.Lxg6! hxg6 18.Dxg6+ Kh8 19.Tae1+- mit entscheidendem Angriff. 14.Sd4

14...Se5?! Das verliert nur wertvolle Zeit. Der Bauer ist natürlich vergiftet: 14...Lxc4?? 15.Sxc6 bxc6 16.Dd4+-; Am besten ist wahrscheinlich 14...0-0. Nach 15.Sxe6 Sxe6 16.f4 Sc5 entsteht eine komplizierte Stellung mit verteilten Chancen, allerdings hat Weiß mit dem Läuferpaar und Angriffschancen am Königsflügel das angenehmere Spiel. Es gibt nun mehrere interessante Möglichkeiten, hier nur eine Beispielvariante: 17.e5 (Am gefährlichsten ist es wahrscheinlich, mit 17.h4!? nebst h4-h5 den schwarzen Königsflügel weiter aufzuweichen.) 17...dxe5 18.f5 Ein logischer Versuch, dem schwarzen König auf den Pelz zu rücken, aber mit einigen einzigen Zügen kann Schwarz den Angriff abschlagen. 18...Tad8 19.Df2 Dxc3 20.Lh6 Dxc4 21.fxg6 hxg6 22.Lxg6 Der weisse Angriff sieht auf den ersten Blick stark aus, doch nun kommt 22...fxg6! 23.Lxf8 Sd3 24.Dg3 Sf4!-+ und auf einmal ist es Schwarz, der gewinnt! 15.Sxe6 Sxe6 16.Dd5 Sc5 Auch das Endspiel ist unangenehm für Schwarz: 16...Dxd5 17.cxd5 Sc5 18.Lxc5! dxc5 19.f4 Sc4 20.Ld3 Sd6 21.e5 Sf5 22.Tfe1 0-0-0 23.Lc4 Weiss hat ein schönes Bauernzentrum und die bessere Leichtfigur. 17.Tab1! Harmlos wäre 17.Lxc5 Dxc5 18.Dxb7 Tc8= gewesen, denn mit nachfolgendem Kf8-g7 wird sich Schwarz konsolidieren können. Nach 17.Tab1 droht nun aber wirklich Lxc5. 17...Sed7?!

Viel besser wäre 17...Tc8! gewesen, ein Zug, den wir wohl beide nicht auf der Rechnung hatten: Nach 18.Lxc5 Txc5 19.Dxb7 Kf8 20.Tb5 Dc7 ist Schwarz sehr nah am Ausgleich. Nach 17. ..Sed7 ist eine scharfe Stellung entstanden: Alle positionellen Trümpfe liegen bei Schwarz, aber im Moment liegt er in der Entwicklung noch etwas zurück. Weiss muss also schnell handeln! 18.e5! Die Pointe von 17.Tab1! und der einzige Weg, den weissen Entwicklungsvorsprung zur Geltung zu bringen. 18...Sb6 Die beste Verteidigung 18...dxe5? verliert einfach: 19.Tb5 Dxc3 20.Lb1+- und Schwarz wird eine Figur verlieren. 18...Sxe5 ist da schon etwas schwieriger zu widerlegen: 19.Tb5! (Nach 19.Lxc5 Dxc5 20.Dxc5 dxc5 21.Txb7 steht Weiss vielleicht auch etwas besser, aber Schwarz hat es nicht verdient, ein Endspiel zu erreichen! 19...Dxa2 (19...Dxc3 20.Tc1! Dxc4 21.Txc5 Dxd5 (21...dxc5 22.Dxe5+-) 22.Txd5+-) 20.Lb1 Dxc4 21.Txc5 dxc5 22.Dxe5 f6 23.Dc7± Und hier steht Schwarz trotz seines Materialvorteils mit dem Rücken zur Wand, das weisse Läuferpaar ist übermächtig! 19.Txb6!? Spektakulär und ohne Zögern gespielt, objektiv jedoch nicht am besten. Aber ich konnte solch einer Verlockung einfach nicht widerstehen. Sehr viel stärker wäre der "Computerzug" 19.Dd1! gewesen: 19...Sxc4 (19...0-0!? 20.exd6 exd6 21.Dxd6 Se6 22.Db4± ist vielleicht noch relativ am besten, aber auch ziemlich trostlos für Schwarz.; 19...dxe5?? 20.Tb5+-) 20.exd6 Sxe3 (20...Sxd6?? 21.Dd4+-) 21.fxe3± mit sehr starkem Angriff, z.B. 21...0-0 (21...Dxc3 22.Dd4! Dxd4 23.exd4 Sd7 24.Txb7 exd6 25.La4 0-0-0 26.Txa7+-; 21...Td8 22.Df3 Txd6 23.Dxf7+ Kd8 24.Tb4±) 22.dxe7 Tfe8 23.Txf7!! Kxf7 24.Dd5+ Kxe7 25.De5+ Kf7 (25...Kf8 26.Df6+ Kg8 27.Txb7! Sxb7 28.Lb3++-) 26.Txb7+! Sxb7 27.Lb3+ Te6 28.Lxe6+ Ke7 29.Ld5+ Kd8 (29...Kd7 30.De6+ Kd8 31.Lxb7+-) 30.Dh8+ Kc7 31.Dxh7+ Kd6 32.Lxb7 Td8 33.Dxg6+ Kc7 34.Lf3± 19...axb6 Erneut der einzige Zug, mit dem Schwarz in der Partie bleibt. 19...Dxb6 verliert spektakulär: 20.exd6 exd6 (20...Dxd6 21.Lxc5 Dxd5 22.cxd5+-) 21.La4+! Kf8 (21...Kd8 22.Lxc5 Dxc5 23.Dxb7+-) 22.Lh6+ Kg8 23.Te1! Dc7 Und nun macht Weiss mit dem sehr ästhetischen (23...Sxa4 24.Te7 Db1+ 25.Kh2 Df5 26.Dd4+- nebst Matt.) 24.Le8!+- den Sack zu. Gegen die einfache Drohung Df3-Df6 ist kein Kraut gewachsen. 20.exd6

20...0-0-0?! Eine sehr schwierige, aber wahrscheinlich die falsche Entscheidung 20...0-0 wäre wohl besser gewesen: 21.dxe7 Tfe8 22.Ld4! Txe7 23.Dg5 Te6 (Stattdessen hält 23...Td7! Schwarz im Rennen, nach 24.Df6 Txd4 25.cxd4 Dc3 hat Weiss einige Koordinationsprobleme, die beste Möglichkeit ist 26.Lf5! Te8 27.Dd6 Se4 28.Lxe4 Txe4 29.Dxb6 Dxc4 30.Dxb7 Dxd4, aber dieses Endspiel sollte Schwarz halten können.) 24.Dh6 f6 Bis zu dieser Stellung hatte ich gerechnet, und hier hätte ich nur noch 25.f4! finden müssen: (Das naheliegende 25.Lxg6 führt überraschenderweise nur zum Remis: 25...hxg6 26.Dxg6+ Kf8 27.Lxf6 Sd7!= und Weiss hat nicht mehr als Dauerschach.) 25...Dxa2 26.Lxg6 hxg6 27.f5! gxf5 (27...Te2 28.Dxg6+ Kf8 29.Dxf6+ Ke8 30.Dg7+- und der f-Bauer wird die Partie entscheiden.) 28.Lxf6 Txf6 29.Dxf6+- Gegen den drohenden Turmschwenk gibt es keine Verteidigung. 21.Dxf7 exd6 Zeit für eine kurze Zwischenbilanz: Aufgrund des Läuferpaars und der schwarzen Königsflügelbauern, die zur Schwäche neigen, sollte Weiss hier deutlich besser stehen, es ist aber immer noch genaues Spiel nötig. 22.Ld1! Auch der bislang wirkungslose Läufer muss zur Party eingeladen werden! Auf g4 wird er die schwarze Verteidigungsressource Td7 verhindern. 22.Ld4 bringt nichts ein wegen 22...Td7 22...Kb8 23.Ld4?! Das vergibt einen grossen Teil des Vorteils. Die Drohung wäre hier viel stärker gewesen als ihre Ausführung: 23.Lg4! und Schwarz hat keine gute Verteidigung gegen Ld4, z.B.: 23...Dxa2 24.Ld4 Thf8 25.Dxh7 Dxc4 26.Dxg6± und die drei verbundenen Freibauern am Königsflügel sollten langfristig die Partie zu Gunsten von Weiss entscheiden. 23...Td7 24.Dd5 24.Df4!? 24...Thd8 25.Lg4 Tc7 26.Te1 26.Lf6?! Te8 27.Dxd6? scheitert an 27...Se4. Nach 26. Td1 droht nun aber wirklich 27. Lf6. 26...Sd3! Schwarz erzwingt den Damentausch und somit eine grosse Entlastung. Der Zug war für mich eine kalte Dusche, weil ich dachte, dass Weiss nach der forcierten Folge 27.Te3 Dxd5 28.cxd5 Sc5 29.Lf6

auf Gewinn steht. Als ich die Stellung nun aber direkt vor mir hatte, entdeckte ich eine überraschende Verteidigungsressource für Schwarz. 29...Tf8? Stattdessen wahrt Schwarz mit 29...Tg8! gute Chancen auf eine erfolgreiche Verteidigung. 30.Le7 h5 31.Lf3! (31.Le2? war mein ursprünglicher Plan, aber nun kann Schwarz mit der fantastischen Idee 31...Se4!! (31...Td7 32.Lb5+-) 32.Txe4 Te8 den Kopf aus der Schlinge ziehen und plötzlich sogar besser stehen.) 31...Td7 32.Le2! Tg7 (32...Te8?? 33.Lxd6++-) 33.Lg5 Weiss behält immer noch etwas Druck, aber vermutlich sollte Schwarz sich halten können. 30.Le7 Txe7 31.Txe7+-

Jetzt steht Weiss hingegen klar auf Gewinn. 31...h5 32.Ld1 b5 33.Le2 Tf5 Auch 33...Sa4 34.Lxb5 Sxc3 35.Te8+ Txe8 36.Lxe8 sollte klar gewonnen sein, z.B.: 36...g5 37.Lxh5 Sxa2 38.Kh2 b5 39.Kg3 b4 40.Kg4 b3 41.Kxg5 b2 42.Lg6 Sc3 43.h4+- 34.Lxb5 Txd5 35.Le8 Tg5 36.Tg7 Sd3 37.Txg6 Te5

38.Lf7 Die einfachste Lösung 38.Txd6?! Te1+ 39.Kh2 Sxf2 würde Schwarz unnötig viel Gegenspiel einräumen, z.B. 40.Lxh5?? (40.Td8+! Kc7 41.Td7+ Kc8 42.Tf7 sollte noch gewinnen, ist aber unnötig kompliziert.) 40...Th1+ 41.Kg3 Se4+-+ 38...Te1+ 39.Kh2 Sxf2 40.Tg8+ Ka7 41.Lxh5 Th1+ 42.Kg3 Se4+ Nach 42...Sxh3 43.Lg4 (43.gxh3?? Tg1+) 43...Sg1 44.Kf2+- ist der schwarze Springer gefangen. 43.Kf4 Sxc3 44.Lf3!

Dominiert den Springer 44...Kb6 44...Sxa2 45.Tg7 Tb1 46.h4 Tb4+ 47.Kg5+- 45.Kg5 Der weisse h-Bauer wird die Entscheidung bringen. 45...d5 46.h4 d4 47.h5 Kc7 47...d3 48.Td8+- 48.h6 d3 49.Kg6 Se2 49...d2 50.h7+- 50.h7 Sf4+ 51.Kf5 Abschließend noch ein herzliches Dankeschön an alle, die für meine Partie gestimmt haben, ich freue mich sehr über diese Ehre! 1-0

Leon Mons wird in der Saison 2013/14 weiter für den SC Forchheim in der 2. Bundesliga spielen. Zwar gab es gleich zwei Angebote aus der SBL, doch der Mathematikstudent meinte dazu: "Die SBL ist zwar reizvoll, doch ich spiele in der 2. Bundesliga Süd jeden Kampf zumindest an Brett zwei. Das bedeutet, dass ich sehr starke Gegner erhalte". Wahrscheinlich dürfte es aber nicht lange dauern, bis wir den Forchheimer wieder in der Bundesliga spielen sehen.

Aus allen Einsendungen wurden drei Gewinner aus dem "Lostopf" gezogen. Alle Sieger erhalten einen Gutschein, den sie beim Kooperationspartner der Schachbundesliga, Schach Niggemann, einlösen können.

1. Preis: 50-Euro-Gutschein, Alexander Lenhard aus Metten
2. Preis: 30-Euro-Gutschein, Alexander Seyb aus Großenseebach
3. Preis: 20-Euro-Gutschein, Anita Metzner aus Nürnberg

Wir bedanken uns bei allen Lesern, die an der Wahl teilgenommen haben.

Über den Autor