„Dankbar, dass wieder Schach spielen können“

Erstellt am: 15.09.2020

FC Bayern spielt beim Meisterturnier in Karlsruhe mit / Topteam Hockenheim verzichtet

Text und Foto: Von Hartmut Metz


 

Wer wird deutscher Mannschaftsmeister? Für Niclas Huschenbeth (Foto oben) ist diese Frage zu Corona-Zeiten eher Nebensache. „Wir sind einfach sehr froh und dankbar, dass wir wieder Schach spielen können. Ich freue mich auf das Event!“, bekennt der Spitzenspieler des FC Bayern München. Die Schach-Abteilung des FCB war zwar „nur“ Tabellenachter der abgebrochenen Bundesliga-Saison mit 8:8 Punkten – doch als die Idee aufkam, für die Annalen den nationalen Titelträger 2020 in einem Rundenturnier zu ermitteln, waren die Münchner sofort Feuer und Flamme, in dem mutmaßlichen Weltklasse-Feld mitzuspielen.

Außerdem treten von Mittwoch (14 Uhr) bis Sonntag (11 Uhr) in der Messe Karlsruhe Gastgeber OSG Baden-Baden, SC Viernheim, SF Deizisau, Werder Bremen, SF Berlin und der Aachener SV an. Aus der Topriege fehlt der SV 1930 Hockenheim bei diesem Event vom 16. bis 20. September. Die Renndörfler verzichten aus mehreren Gründen auf einen Start. Zum einen würde eine Teilnahme die Finanzen aufzehren, die angesichts der Pandemie ohnehin angespannt sind. Daher spart der Tabellenzweite, der ebenso wie Spitzenreiter OSG Baden-Baden in der verlängerten Saison eine makellose Bilanz von 14:0 Punkten aufweist, lieber Ressourcen. Zum anderen sind vor allem die Spitzenkräfte der Hockenheimer von der Pandemie besonders betroffen: Der von Ian Nepomniachtchi angeführte Stammkader hat vor allem Russen in seinen Reihen. Dazu gesellt sich der Inder Santosh Gujrathi Vidit – in seinem Heimatland tobt Corona gerade besonders mit fast 100.000 Neuinfizierten täglich. Dass jeder Verein bis zu vier Leute im Kader austauschen darf, hilft dem Team von Dieter Auer daher auch nicht besonders viel - und „nur mit Deutschen“, die wie Rainer Buhmann, Dennis Wagner und David Baramidze auf der Rangliste stehen, würde es nicht zum Titel reichen.

Die Bayern fahren dagegen entspannt nach Karlsruhe, selbst wenn die Gefahr besteht, erst am Sonntag (11 Uhr) gegen Tabellen-Schlusslicht Aachen den ersten Sieg einzufahren. Im Kampf um den Titel gilt wie gewohnt Serienmeister OSG Baden-Baden als Topfavorit. Ob es jedoch diesmal reicht? Der deutsche Großmeister Leon Mons, der das Geschehen als Zuschauer aus der Ferne interessiert verfolgen wird, meint: „Ich vermute mal, dass Baden-Baden wie immer Favorit ist - je nachdem, wie sehr die Mannschaft durch Reisebeschränkungen geschwächt ist.“ Huschenbeth sieht das ähnlich: „Das hängt ganz davon ab, wie die anderen Teams aufstellen.“ Für Ungewissheit sorgt eben vor allem die erwähnte Regel, dass jedes Team wegen Corona bis zu vier Spieler aus dem Kader streichen und durch andere Großmeister ersetzen darf.

Huschenbeth, der vor rund drei Wochen beim Einzelturnier-Comeback in Magdeburg als Dritter im German Masters überzeugte, zeigt sich zumindest zuversichtlich bezüglich seiner Bayern: „Wir treten so stark an wie möglich und wollen natürlich gerne das eine oder andere Topteam ärgern. Dass das möglich ist, haben wir auch schon in der regulären Saison gezeigt.“

Zuschauer sind in der Gartenhalle der Messe Karlsruhe nicht zugelassen. Alle Partien werden jedoch live im Web übertragen.



Über den Autor

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Hartmut Metz ist Redakteur beim Badischen Tagblatt mit Hauptsitz in Baden-Baden. Er schreibt außerdem unter anderem für die taz, die Frankfurter Rundschau und den Münchner Merkur über Schach und Tischtennis. Zudem verfasst der FM von der Rochade Kuppenheim regelmäßig Beiträge für das Schach-Magazin 64, Schach-Aktiv (Österreich) und Chessbase.de. Darüber hinaus stammen mehrere Turnierbücher aus seiner Feder.